Tarife im Öffentlichen Dienst: Wenigstens ein Coronabonus
Nach drei Verhandlungsrunden und etlichen Warnstreiks gibt es einen Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst der Länder. Für Jubel sorgt er nicht.
„Trotz außergewöhnlich schwieriger Rahmenbedingungen haben die Tarifvertragsparteien Verantwortung bewiesen und ein für alle Seiten tragbares Ergebnis erzielt“, kommentierte der Verhandlungsführer der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL), der niedersächsische Finanzminister Reinhold Hilbers, den Tarifabschluss. „Das ist ein in weiten Teilen respektables Ergebnis“, sagte Ver.di-Chef Frank Werneke.
Dass sich Werneke trotz des eher mickrigen Gesamtergebnisses nicht unzufrieden mit dem Abschluss zeigt, liegt an den erreichten Zulagenerhöhungen im Gesundheitsbereich. So wird es hier ab Januar Erhöhungen der Pflegezulage von 125 auf 140 Euro, der Infektionszulage von 90 auf 150 Euro, der Intensivzulage von 90 auf 150 Euro, der Schichtzulage von 40 auf 60 Euro sowie der Wechselschichtzulage von 105 auf 150 Euro geben.
Das bringe für eine ganze Reihe von Beschäftigten spürbare Einkommensverbesserungen und sei „ein weiterer Zwischenschritt auf unserem Weg zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen“, sagte Werneke. So sieht das auch Volker Geyer, der Tarifexperte des Deutschen Beamtenbundes (DBB). „Einzig im Krankenhausbereich hat die TdL sich auf einige notwendige und überfällige Verbesserungen eingelassen“, sagte er.
Coronalage spielt Arbeitgebern in die Hände
Ver.di und DBB waren mit der Forderung nach einer Entgelterhöhung von 5 Prozent – rückwirkend ab dem 1. Oktober dieses Jahres – in die Verhandlungen gestartet. Mindestens jedoch sollte es 150 Euro monatlich mehr geben. Die Löhne für Beschäftigte im Gesundheitswesen sollten um 300 Euro angehoben werden.
Den eingefahrenen Ritualen der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst entsprechend legten die Arbeitgeber in den ersten beiden Verhandlungsrunden Anfang Oktober und Anfang November noch kein eigenes Angebot vor. Erst am Sonntag präsentierten sie ihre Vorstellungen, die erwartungsgemäß deutlich unter den Erwartungen der Gewerkschaften blieben.
Der nun erzielte Kompromiss trägt deutlich die Handschrift der sich zuspitzenden Coronalage, die Arbeitskampfmaßnahmen zunehmend problematisch erscheinen lässt. Da eine Ausweitung der bisherigen Warnstreiks insbesondere an den Unikliniken in der aktuellen Situation nur schwer möglich gewesen wäre, standen die Gewerkschaften mächtig unter Druck, jetzt zu einer Verhandlungslösung zu kommen. Für übermäßige Zufriedenheit sorgt der Abschluss denn auch selbst bei ihnen nicht.
„Unsere Kolleginnen und Kollegen hätten mehr verdient gehabt und für einen konkurrenzfähigen öffentlichen Dienst braucht es auch mehr“, sagte der DBB-Vorsitzende Ulrich Silberbach. In Sonntagsreden würde das auch von jedem Ministerpräsidenten und jeder Ministerpräsidentin bestätigt. „Am Verhandlungstisch in Potsdam ist den Arbeitgebenden diese Erkenntnis aber abhandengekommen.“
Unmittelbar betroffen von dem Abschluss sind die 1,1 Millionen Tarifbeschäftigten der Länder mit Ausnahme von Hessen, das 2004 aus der TdL ausgetreten ist und seitdem in Eigenregie verhandelt. Hinzu kommen noch 48.000 Auszubildende und knapp 1,4 Millionen Beamt:innen sowie rund eine Million Versorgungsempfänger:innen, also Pensionäre, auf die das Tarifergebnis üblicherweise übertragen wird.
Der Vollständigkeit halber: Die Entgelte von Auszubildenden, Praktikant:innen und Studierenden werden ab Dezember 2022 um 50 Euro bzw. um 70 Euro im Gesundheitswesen angehoben. Darüber hinaus erhalten auch sie im Januar eine Sonderzahlung, und zwar von 650 Euro.
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