Taifun der Entrüstung: Stürmische Zeiten für „Bongbong“ Marcos Jr.
Nach Protesten in den Philippinen gegen Korruption im Hochwasserschutz unterstreicht der stärkste Taifun des Jahres die Gefahr für den Präsidenten.

Für den Norden der Philippinen hatte Präsident Ferdinand „Bongbong“ Marcos Jr. die Schließung von Schulen und Regierungsgebäuden angeordnet. Flug- und Fährverbindungen wurden unterbrochen.
Die Philippinen werden im Jahr von rund 20 Taifunen heimgesucht und haben im Umgang damit Routine. Doch sorgen vereinzelte Supertaifune immer wieder für große Schäden wie zahlreiche Todesopfer. So starben etwa beim Supertaifun „Hayan“ (lokaler Name: „Yolanda“) im November 2013 mehr als 7.300 Personen.
In den Philippinen braucht man niemanden von der Notwendigkeit des Schutzes vor tropischen Fluten und den überlebenswichtigen massiven öffentlichen Investitionen in diesen Bereich zu überzeugen. Zudem wird der Inselstaat immer stärker von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen.
Geisterprojekte beim Hochwasserschutz
Doch erschüttert derzeit ein massiver Korruptionsskandal im Bereich des Hochwasserschutzes die Politik des Landes. Erst am Sonntag hatten deshalb in der Hauptstadt Manila 130.000 Menschen – so die Angaben der Organisatoren, laut Behörden waren es halb so viele – gegen Korruption und für die Bestrafung der Verantwortlichen demonstriert.
Präsident Marcos Jr. hatte bei seiner Rede zur Lage der Nation im Juli eingeräumt, dass viele von seiner Regierung als fertiggestellt genannte Hochwasserschutzprojekte gar nicht existierten oder nicht funktionierten, weil Mittel dafür veruntreut wurden.
Eine von ihm eingesetzte Untersuchungskommission fand dann viele Hinweise dafür. Ein Bauunternehmer sagte aus, dass 28 Politiker und Beamte von ihm Schmiergeld verlangt oder auf Scheinprojekten bestanden hätten, um sich die Taschen zu füllen. Bei vielen Projekten seien 10 bis 25 Prozent in Korruption abgeflossen.
Das Finanzministerium bezifferte die Verluste auf umgerechnet 2 Milliarden Dollar allein für den Zeitraum 2023–25, die Umweltorganisation Greenpeace schätzt 17,6 Milliarden.
Inzwischen mussten sowohl der Vorsitzende des Senats wie zuletzt auch der Präsident des Unterhauses, Martin Romualdez, zurücktreten. Beide beteuern ihre Unschuld.
Wichtiger Politiker des Marcos-Clan entmachtet
Romualdez ist Maros’ Cousin und war nicht nur dessen wichtigster Strippenzieher im Kongress, sondern galt auch als dessen chancenreichster Nachfolgekandidat aus dem eigenen Clan, wenn Marcos bei der Wahl 2028 nicht mehr antreten darf.
Für Marcos geht es schon jetzt ums politische Überleben. Deshalb inszeniert er sich als größter Aufklärer und zeigte gar Sympathien für die Demonstranten: „Natürlich sind sie wütend“, sagte er. „Ich bin auch wütend, wir sollten alle wütend sein.“ Wäre er nicht Präsident, würde er wohl auch demonstrieren.
Die meisten Demonstranten dürften ihm das nicht abnehmen. Es war denn auch kein Zufall, dass die Demonstration am 21. September stattfand und das außer in einem Park auch noch an dem Schrein, der an den Sturz von Marcos’ Vater 1986 durch eine Volksaufstand erinnerte.
Sara Duterte ante portas?
Am 21. September 1972 hatte Ferdinand Marcos Sr. das Kriegsrecht verhängt und in den Folgejahren das Land diktatorisch regiert und ausgeplündert. Sein Sohn hat sich nie davon distanziert, sondern vielmehr diese Zeit stets glorifiziert.
Sollte der Junior demnächst stürzen, käme die mit ihm inzwischen verfeindete Vizepräsidentin Sara Duterte an die Macht. Schon jetzt gilt die Tochter des wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Den Haag in U-Haft sitzenden Ex- Präsidenten Rodriogo Duterte als Favoritin für die nächste Wahl. Ein Amtsenthebungsverfahren gegen sie wegen mutmaßlicher Zweckentfremdung öffentlicher Mittel war im Juli gescheitert.
Gemeinsam für freie Presse
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert