Tagesüberblick Bürgerkrieg in Syrien: UN-Beobachter bleiben noch 30 Tage
Die Vereinigten Nationen haben ihre Beobachter-Mission für 30 weitere Tage verlängert. Danach werde es nur weitergehen, wenn das Regime seine schweren Waffen zurückzieht.
17:30: Beobachtermission für 30 Tage verlängert
Der UN-Sicherheitsrat hat sich am Freitag in New York einstimmig auf eine einmalige Verlängerung der Beobachtermission in Syrien geeinigt. Die 15 Mitglieder des Gremiums stimmten für einen von Großbritannien eingereichten Resolutionsentwurf. Damit bleiben die Beobachter für eine Dauer von 30 Tagen in Syrien. Das Mandat der Truppe dürfe danach aber nur verlängert werden, wenn keine schweren Waffen mehr zum Einsatz kämen, hieß es. Laut UN setzt das Regime Kampfpanzer, Artillerie und Kampfhubschrauber in Wohngebieten ein. Wenn der Rückzug in diesem Zeitraum nicht stattfinde, werde die Mission abgezogen, hieß es. (dpa)
16.30 Uhr: Russland weiter stur
Bei den Beratungen im UN-Sicherheitsrat über das am Freitagabend auslaufende Mandat der Beobachtermission in Syrien zeichnet sich keine Einigung ab. Russlands UN-Botschafter Witali Tschurkin kündigte ein Veto gegen einen britischen Vorschlag für eine Verlängerung des Mandats um 30 Tage an. „Wir werden dagegen stimmen“, sagte Tschurkin in New York. Es wäre das zweite Veto Russlands im UN-Sicherheitsrat binnen 24 Stunden, nachdem Moskau und China am Donnerstag eine Syrien-Resolution blockiert hatten. (afp)
16.20 Uhr: Ban Ki Moon enttäuscht
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat sich „schwer enttäuscht" über das Scheitern einer Resolution des UN-Sicherheitsrates zu Syrien gezeigt. Bei einem Besuch in Slowenien betonte er am Freitag, dass die Situation in dem arabischen Bürgerkriegsland den internationalen Frieden gefährde. Die Vetomächte Russland und China hatten am Donnerstag zum dritten Mal eine Syrien-Resolution blockiert. (dpa)
16 Uhr: Aufruf zu Töten
Kommandeure der Freien Syrischen Armee (FSA) haben die bewaffneten Oppositionskräfte aufgefordert, ausländische Kämpfer auf Seiten des Regimes zu töten. Legitime Ziele seien Mitglieder der libanesischen Schiiten-Bewegung Hisbollah, der iranischen Revolutionsgarden sowie irakische Milizionäre und Palästinensergruppen im Dienst von Präsident Baschar al-Assad.
Die Soldaten der syrischen Armee hätten noch bis Ende Juli die Chance, sich der Revolution anzuschließen. Jeder Soldat, der danach gefasst werde, müsse damit rechnen, für die Verbrechen des Regimes zur Verantwortung gezogen zu werden. (dpa)
15.20 Uhr: Kämpfe nach dem Freitagsgebet
Regimegegner berichten von einem Angriff der Rebellen auf die Polizeidirektion in der zentralen Chalid-Ibn-al-Walid-Straße. Nicht weit von dem Gebäude entfernt sollen Angehörige der Sicherheitskräfte am Mittag auf Männer geschossen haben, die nach dem Gebet aus einer Moschee gekommen waren und Parolen gegen Präsident Baschar al-Assad riefen.
Auch im Damaszener Al-Birse-Viertel sollen Demonstranten mit der Losung auf die Straße gegangen sein, der Sieg über Assad werde während des Ramadans in Damaskus errungen werden. An diesem Freitag hat für die Muslime weltweit der Fastenmonat Ramadan begonnen. (dpa)
14.45 Uhr: Moskau liefert vorerst keine Hubschrauber mehr
Moskau verschiebt die Lieferung von drei in Russland reparierten Kampfhubschraubern an das Bürgerkriegsland. Zunächst müsse sich die Situation in Syrien wieder normalisieren, zitierte die Agentur Interfax am Freitag russische Militärkreise. „Unter den aktuellen Umständen kann die syrische Führung die sichere Abnahme der Hubschrauber nicht gewährleisten." Auch die Technik für ein Luftabwehrsystem werde bis auf weiteres zurückgehalten. Schuld seien die jüngsten Terroranschläge sowie die Angriffe der bewaffneten Kräfte der Opposition. (dpa)
14.20 Uhr: Regierungstruppen gehen in die Gegenoffensive
Im Kampf um die Syriens Hauptstadt Damaskus sind die Regierungstruppen in die Offensive gegangen. Nach heftigen Gefechten gelang es der Armee die Kontrolle über das Viertel Midan zu übernehmen, berichtete ein AFP-Reporter am Freitag, während auch aus den Vierteln Dschobar und Kabun Kämpfe gemeldet wurden.
Ein AFP-Reporter sah in Midan zerschossene Gebäude, geplünderte Läden und Munitionsreste auf der Straße. Das Staatsfernsehen zeigte Bilder gefesselter Kämpfer und beschlagnahmter Waffen. Die der Opposition nahestehende Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London erklärte, die Armee sei mit sieben Panzern in das Viertel vorgedrungen. Auch das im Osten gelegene Viertel Kabun sei mit 15 Panzern angegriffen worden. (afp)
13.30 Uhr: Gerüchte aus Paris
Der syrische Präsident Baschar al-Assad ist sich nach Einschätzung des russischen Botschafters in Paris der Ausweglosigkeit seiner Lage bewusst. „Er hat akzeptiert, sich zurückzuziehen", sagte Alexander Orlow am Freitag dem Radiosender RFI. Voraussetzung sei allerdings, dass der Übergang geordnet verlaufe. Als Beleg für seine Einschätzung verwies Orlow auf die Genfer Syrien-Konferenz Ende des vergangenen Monats. Assad habe dort über seine Vertreter die Einwilligung zu einem politischen Übergangsprozess gegeben, sagte der Diplomat.
Das Regime in Damaskus wies die Interpretation Orlows umgehend zurück. Ein Rücktritt sei kein Thema, hieß es. Auch die Botschaft ruderte kurze Zeit später zurück. Orlows Aussagen seien aus dem Zusammenhang gerissen worden, sagte ein Sprecher nach Angaben der Agentur Interfax. Russland beharrt auf einer innersyrischen Lösung. (dpa)
12 Uhr: Russland weist Kritik zurück
Nach dem neuerlichen Veto Russlands und Chinas gegen eine Syrien-Resolution des UN-Sicherheitsrats hat die russische Regierung die Kritik an ihrer Haltung scharf zurückgewiesen. Es sei „völlig inakzeptabel", dass westliche Länder versuchten, Russland für die eskalierende Gewalt in Syrien verantwortlich zu machen, sagte Außenamtssprecher Alexander Lukaschewitsch am Freitag. Russland habe sich stets für eine politische Lösung eingesetzt. Der Westen solle seine „geschmacklosen Andeutungen" daher unterlassen und stattdessen versuchen, die syrische Opposition für Verhandlungen zu gewinnen. (afp)
11.30 Uhr: Sicherheitschef ist tot
Der nationale syrische Sicherheitschef Hischam Ichtiar ist den Verletzungen erlegen, die er bei einem Anschlag der Rebellen auf den Sitz der syrischen Sicherheitskräfte in Damaskus vom Mittwoch erlitten hatte. Dies berichtete das staatliche syrische Fernsehen am Freitag. (dapd)
11.20 Uhr: Irak verschiebt Truppen
Al-Dschasira berichtet, die irakische Armee verlagere Truppen an die Grenze, nachdem Rebellen Grenzposten unter ihre Kontrolle gebracht hatten.
10 Uhr: China gibt Westen die Schuld
China hat dem Westen die Schuld am Scheitern der jüngsten Syrien-Resolution im UN-Sicherheitsrat gegeben. Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua warf westlichen Diplomaten am Freitag vor, während der Gespräche über die Entschließung arrogant und unbeweglich aufgetreten zu sein. Das habe letztendlich den Fehlschlag zur Folge gehabt. Der Entwurf sei nicht ausgewogen gewesen, weil er keinen Druck auf die „immer gewalttätigere Opposition" enthalten habe. (rtr)
9.30 Uhr: De Maizière schließt militärische Intervention aus
Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hat einen militärischen Einsatz in Syrien erneut ausgeschlossen. „Wir reden hier über einen sehr komplizierten Konflikt, faktisch über einen Häuserkampf", sagte de Maizière am Freitag im ARD-Morgenmagazin. „Das Eingreifen von außen in einen solchen Häuserkampf ist ungefähr das Aufwändigste, was es gibt. Es ist auch sehr verlustreich." Ein Einsatz der Luftwaffe allein ohne Unterstützung von Bodentruppen nütze „gar nichts", sagte der CDU-Politiker. (afp)
9 Uhr: UN-Sicherheitsrat verhandelt weiter
Nach der neuerlichen Ablehnung einer Resolution zu Syrien durch Russland und China im UN-Sicherheitsrat gehen die diplomatischen Bemühungen bei den Vereinten Nationen weiter. Dem Gremium lagen am Freitag zwei Anträge auf eine Verlängerung der UN-Beobachtermission in dem Land um bis zu 90 Tage vor. Angesichts der Gewalt in Syrien sprach sich das US-Repräsentantenhaus mit großer Mehrheit für den Stopp von Waffengeschäften der USA mit Russland aus.
Das UN-Mandat für die 300 unbewaffneten Beobachter läuft am Freitag aus. Damit müsste der Chef der Mission, der norwegische General Robert Mood, Syrien im Tagesverlauf verlassen. Die UNO entsandte ihren obersten Militärberater Babacar Gaye nach Damaskus. (afp)
Kommentar Le Monde aus Paris:
„Die Mission des früheren UN-Generalsekretärs Kofi Annan und die Entsendung von Blauhelmen sind in erster Linie Ausdruck der westlichen Ohnmacht. Eine bedrückende Feststellung, da sie die Existenz der UN tangiert: Kriege zu verhindern und Bürger zu schützen. Doch es hat keinen Sinn, sich Illusionen hinzugeben. Die internationale Politik wird wieder zur Geltung kommen, wenn in der Zeit nach dem Abgang von Assad im Nahen Osten die Karten neu gemischt werden. Diese Stunde ist noch nicht gekommen. Es herrscht immer noch Krieg.“
Kommentar Kommersant aus Moskau:
"Eine Gefahr ist die endgültige Umwandlung des syrischen Konflikts in einen religiösen Krieg der Sunniten, welche die Basis der Opposition bilden, gegen die Alawiten und anderen religiösen Minderheiten. Dieses Szenario könnte zu einem Zerfall des Landes führen – zu seiner "Libanonisierung" oder gar seiner 'Somalisierung'. Falls der Bürgerkrieg mit einem Sieg der Opposition endet und nicht mit einer politischen Lösung, könnten die Alawiten den Widerstand in ihren Hochburgen fortsetzen. Eine davon ist die Küstenstadt Latakia und Umgebung, wohin sich Präsident Baschar al-Assad aus dem gefährlichen Damaskus abgesetzt hat."
8 Uhr: So viele Tote wie nie an einem Tag
Binnen eines einzigen Tages sollen in Syrien 280 Menschen ums Leben gekommen sein. Die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter meldete am Freitag, der blutige Konflikt zwischen den Regierungstruppen und den Revolutionären habe am Donnerstag landesweit mehr als 280 Opfer gefordert. Unter den Toten seien 179 Zivilisten und mindestens 98 Soldaten. Das sei die höchste Anzahl an Opfern an einem einzelnen Tag seit Beginn des Aufstandes gegen die Regierung von Präsident Baschar al-Assad vor 16 Monaten. (dpa)
Kämpfe gehen weiter
Nach Angaben von Aktivisten gingen die Kämpfe in Damaskus auch am Freitag weiter. In der Stadt seien am Morgen mehrere Explosionen zu hören gewesen, hieß es. Bisher seien elf Menschen gestorben, darunter drei bewaffnete Regimegegner. (dpa)
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