„Tagesschau“ sucht junge Zuschauer: Triff mich ganz seriös auf TikTok
Der „Tagesschau“ reicht Instagram nicht mehr aus, sie will junge Leute nun auch über TikTok erreichen. Doch die Plattform steht in der Kritik.
![Die Tagesschausprecherin Linda Zervakis steht vor dem Logo der sendung Die Tagesschausprecherin Linda Zervakis steht vor dem Logo der sendung](https://taz.de/picture/3804331/14/Tagesschua-TikTok.jpeg)
Guten Abend, meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zur „Tagesschau“ – auf TikTok. Ab Mittwoch soll die Nachrichtensendung der ARD auf der chinesischen Kurzvideoplattform vertreten sein. Bereits im April erklärte die „Tagesschau“ über Facebook, man arbeite an einem neuen Angebot, um mehr junge Zuschauer*innen zu erreichen.
Dass sich die ARD bemüht, auch junge Menschen zu erreichen, ist wichtig. Dass sie sich dabei auch mit TikTok auseinandersetzt, unvermeidlich. Die App ist in mehr als 150 Ländern verfügbar und hat über 500 Millionen Nutzer*innen, die meisten davon sind eben jung. Laut Schätzungen soll jeder zweite Teenager in Deutschland die App heruntergeladen haben.
TikTok könnte somit das erste weltweit genutzte soziale Netzwerk werden, berichtet die „Tagesschau“ im Februar. Für eine eingestaubte Nachrichtensendung, die nicht vergessen werden möchte, ist TikTok deshalb vielversprechend.
Es gibt nur ein Problem: TikTok steht seit Längerem in der Kritik, Inhalte zu zensieren. Wie der britische Guardian im September berichtete, zensiere die App mancherorts unerwünschte Beiträge zu Themen wie Homosexualität, Alkohol und Nacktheit. Der Guardian beruft sich auf interne Richtlinien für lokale Moderator*innen der App, die der Zeitung vorliegen.
Zensierte Proteste
Bereits die Abbildung eines gleichgeschlechtlichen Paares, das Händchen hält, reiche demnach aus, um von der Plattform gelöscht zu werden. TikTok erklärte gegenüber dem Guardian, besagte Regeln seien nicht mehr aktuell.
Auch in Bezug auf die Proteste in Hongkong war die Plattform in Kritik geraten. Wie die Washington Post im September berichtete, vermuten Wissenschaftler*innen, dass die Plattform Aufnahmen der Proteste zensiert. Während auf Twitter oder Facebook viele Eindrücke der Bewegung zu finden seien, finde man auf TikTok bei einer Suche nach dem Begriff Hongkong vor allem verspielte Selfies und Aufnahmen von Essen.
Klar: Wer die Richtlinien von Onlineplattformen kritisiert, begibt sich schnell in unangenehme Gesellschaft. Man könnte deshalb auch fragen, was die „Tagesschau“ von der Zensur weiblicher Nippel auf Instagram und Facebook hält oder wie sie zum Overblocking unbedenklicher Profile auf Twitter steht. Also, liebe „Tagesschau“?
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