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Tag der Deutschen EinheitDeutschlandfest für Autonome

In Stuttgart nimmt die Polizei eine Gewerkschafterin in Gewahrsam. Sie wollte gegen die Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit demonstrieren.

Die mögen's lieber klassisch zum Tag der Deutschen Einheit 2013 in Stuttgart Bild: dpa

BERLIN taz | Drinnen wurde tapfer „Einheitsbrei“ gekocht, mit Hokaido-Kürbis für die „Volxküche“. Draußen lauerte derweil die Polizei. Zum zentralen Festakt anlässlich des Tags der Deutschen Einheit ging die Polizei am Donnerstagmorgen in Stuttgart mit einer Hausdurchsuchung sowie später mit Personenfeststellungen am linksalternativen Zentrum „Lilo Herrmann“ gegen Demonstranten vor, die am Nachmittag gegen die offiziellen Feierlichkeiten demonstrieren wollten.

Die Stuttgarter Polizei bestätigte der taz, das am Morgen eine Aktivistin in Unterbindungsgewahrsam genommen worden sei. Sie werde voraussichtlich nach Beendigung der angekündigten Gegenproteste am Abend wieder freigelassen. Es sei bei der Person davon auszugehen, „dass sie störende Handlungen plant“, sagte ein Sprecher. Grundlage für die Gewahrsamnahme sei ein Beschluss des Stuttgarter Amtsgerichts. „Wir haben seit Monaten Hinweise darauf, dass linke Gruppen die Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit stören wollen.“

Beim Unterbindungsgewahrsam handelt es sich um eine umstrittene Maßnahme, weil sie Personen trifft, die sich keiner Straftat schuldig gemacht haben müssen. Grundlage für den Freiheitsentzug ist die Annahme, dass er die Person von einer Straftat abhalten wird.

Laut eines kämpferisch verfassten Beitrags in einem linken Szeneportal soll es sich bei der Frau um eine Jugendsekretärin der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi in Suttgart handeln. Bei der Hausdurchsuchung seien auch technische Geräte und Speichermedien sichergestellt worden. Ein Polizeisprecher wollte das weder bestätigen noch dementieren.

Später umstellten Polizeibeamte dann auch das alternative Zentrum „Lilo Herrmann“, führten Personenkontrollen durch und hielten sogenannte Gefährderansprachen. Aus Protest gegen die Maßnahmen versammelten sich spontan auch Gegner des Bauprojektes „Stuttgart 21“ vor dem Alternativzentrum.

Für den heutigen Tag werden in Stuttgart nach Veranstalterangaben bis zu 400.000 Menschen erwartet, die am Festakt des Landes Baden-Württemberg und des Bundes teilnehmen wollen. Neben Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sind auch Kanlzerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Joachim Gauck sowie zahlreiche Landes- und Bundesminister in Stuttgart.

Linksautonome Gruppen aus Süddeutschland haben für den Nachmittag zu zwei zeitgleichen Demonstrationen aufgerufen. Zu einer Demonstration mobilisiert ein „antinationales Bündnis“, zur anderen ein „antikapitalistisches Bündnis“. Am Dienstag hatten Unbekannte ein Gebäude der CDU in Stuttgart mit Farbbeuteln beworfen. Im Internet bekannten sich anonyme Verfasser dazu.

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22 Kommentare

 / 
  • M
    mfs

    wolfgang sch.? liegt der wanzenfinder bereit?

  • D
    D.J.

    @Historiker,

     

    ist Ihnen bekannt, dass die NDPD (Nationaldemokratische Partei Deutschlands - sic) 1948 als Blockpartei-Ableger der SED gergündet worden ist mit dem klar ausgedrückten Ziel, ehem. NSDAP-Mitgliedern und Wehrmachtsoffizieren eine pol. Heimat an der Seite der SED zu bieten? Übrigens hat die damalige Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes dagegen protestiert, was mit zu den Gründen für dessen Auflösung Anfang der 50er gehörte.

  • W
    Widerborst

    @Ruhender

     

    ".… ‬dass die Entnazifizierung in der DDR konsequent vonstatten ging,‭ …"

     

    Wie - bitte - kommen Sie denn auf das schmale Brett?

    ( ähnlich Biermanns Wölfchen in seinen Songs)

     

    nur mal so:

    Erinnerungsort

    Topf & Söhne – Die Ofenbauer von Auschwitz

     

    Tatsache ist, daß die in der DDR verbliebenen

    " Topfler" dorten so gut positioniert waren, daß sie kackfrech den "Wessi-Topflern" - Persilscheine ausstellen konnten; mit beidseitigem Erfolg.

     

    un ahls wigger.

  • A
    Atmender

    Demonstrationen? Ich muß doch sehr bitten! Liebe Linksautonome, Sie wissen doch ganz genau, daß Herr Gauck keine Demonstrationen mehr mag, seit sie sich auch mal gegen seine Freunde richten. Demonstrationen gegen deutsche Regierungen und Protestbewegungen auf deutschem Boden sind seit dem 9.11.1989 überflüssig und unerwünscht. Hat man Ihnen das noch nicht gesagt? In der wiedervereinigten BRD ist alles gut, es gibt keinen Anlaß zu Sorge oder Kritik. Bleiben Sie zu Hause, verhalten Sie sich unauffällig, dann bekommen Sie auch keinen Ärger.

  • R
    Ruhender

    Willkommen in der DDR 2.0

  • F
    flujito

    Wie jetzt, da wird jemand auf Verdacht in "Unterbindungsgewahrsam" genommen, obwohl keinerlei Straftat vorliegt? Rein von einer Prognose heraus, die Person KÖNNTE ein solche begehen? Wie viele Banker, prügelnde Polizisten und korrupte/menschenverachtende Politiker müssten dann in "Unterbindungsgewahrsam" stecken? Das erinnert mich an den Film minority report, willkommen in der Zukunft. Und wozu das ganze? Damit Gestalten wie oben auf dem Foto nicht vom Anblick von Demonstrante (war da nicht was mit Demonstrationsrecht?) nicht gestört werden? Nicht zu glauben

    • H
      Hans
      @flujito:

      Wer in einem Land mit "Unterbindungesgewahrsam" lebt, in dem rechts- und verfassungswidrige Gesetze erlassen und befolgt werden (z.B. Überwachung und so), der muss nicht auf totalitäre Länder anderswo schauen und sich eschauffieren. Wir sind bereits in einer Postdemokratie und es geht munter weiter so.

  • HD
    Hurra Deutschland!

    Hurra Deutschland!

    Erfolgreich haben wir eine fette, satte und selbstgerechte Zweidrittel-Mehrheitsgesellschaft aufgebaut. Da lassen wir uns auch nicht von den paar Millionen Loosern ans Bein pinkeln, die ständig über Ein-Euro Jobs jammern oder gar die Mülltonnen durchwühlt hinterlassen!

    Kollateralschäden gibt es immer...

    Also Ihr Lieben - Und nochmal:

    Hurra Deutschland!

    • H
      Hans
      @Hurra Deutschland!:

      Hurra!

      Und wer braucht heute noch Gewerkschaften, wo es uns doch so gut geht.

  • G
    Gast

    Ergänzend sollte erwähnt werden, dass am Dienstagabend eine Ausstellung zum "Alltag in der DDR", die im zentralen Jugendhaus im Rahmen des 03.10. gezeigt werden sollte, von einer größeren Gruppe gestürmt und der größte Teil der Bilder trotz aktiven Widerstandes anwesender Besucher und einer Mitarbeiterin mitgenommen worden war.

    Die radikale Gruppe "Gegen jeden Antikommunismus", hat sich zu dem Überfall bekannt - das hat die Polizei nun wiederum zum Anlass genommen ... undsoweiter. Wer Eskalation will, bekommt sie eben.

    • R
      Ruhender
      @Gast:

      Zum Inhalt der Ausstellung: Kein Wort davon, dass von der DDR niemals ein Krieg ausging,‭ ‬sondern stets betont wurde,‭ ‬dass der Aufbau der NVA einzig der Verteidigung der Bevölkerung dient,‭ ‬während die Bundeswehr für die‭ „‬deutschen Interessen‭“ ‬weltweit an Kriegseinsätzen,‭ ‬inkl.‭ ‬der Ermordung von Zivilisten beteiligt ist,‭ ‬wird ebenfalls nicht erwähnt.‭ ‬Oder auch dass das Militärgerät der NVA erst nach‭ ‬1990‭ ‬eingesetzt wurde‭ – ‬bei Massakern in kurdischen Dörfern,‭ ‬nachdem es von der BRD ans türkische Militär verkauft wurde.‭ ‬Kein Wort davon,‭ ‬dass es in der DDR keine Armut in der Intensität wie in den meisten kapitalistischen Staaten gab,‭ ‬keine Arbeitslosigkeit,‭ ‬keinen Mangel an Ausbildungs-‭ ‬und Kindertagesstättenplätzen.‭ ‬Man findet auch nichts darüber,‭ ‬dass heute in der BRD ein paar Reiche mehr besitzen als zwei Drittel der gesamten Bevölkerung,‭ ‬weltweit Millionen verhungern,‭ ‬während andere gar nicht wissen wohin mit ihrem Vermögen‭ – ‬während die Einkommensunterschiede in der DDR dagegen minimal waren.‭ ‬Auch das Versprechen,‭ ‬das‭ ‬1990‭ ‬von Helmut Kohl an die Menschen in der DDR gemacht wurde,‭ ‬dass es nach der Wiedervereinigung‭ „‬niemandem schlechter,‭ ‬aber vielen besser gehen‭“ ‬werde,‭ ‬während bereits wenige Jahre später ein großer Teil der Betriebe in der DDR vernichtet und Millionen Menschen in die Arbeits-‭ ‬und Perspektivlosigkeit gebracht wurden,‭ ‬wird nicht thematisiert.‭ ‬Von der Berliner Mauer ist oft die Rede,‭ ‬aber kein Wort davon,‭ ‬dass an den abgeschotteten europäischen Außengrenzen jedes Jahr mehr Menschen ums Leben kommen,‭ ‬als an der Berliner Mauer in all den Jahrzehnten ihres Bestehens zusammen genommen.‭

      • A
        Ausstellung
        @Ruhender:

        Die DDR durfte nur wegen eines direkten Verweigerungsbefehls der UDSSSR 1968 nicht in die Tschochoslovekei einmarschieren, da man die Wirkung deutscher Panzer nicht haben wollte. Dann führte die DDR einen heimlichen Krieg gegen Israel, wenn auch mit abgeschraubten Hoheitszeichen. Desweiteren rüstete man den ganzen Afghanistankrieg die dort einmarschierte rote Armee mit aus. Dort wurden zwei Millionen Afghanen getötet.

    • R
      Ruhender
      @Gast:

      Zum Inhalt der Ausstellung: Es ist nichts darüber zu finden,‭ ‬dass die Entnazifizierung in der DDR konsequent vonstatten ging,‭ ‬während in der BRD fast sämtliche Verantwortliche für Krieg,‭ ‬den Holocaust und die Konzentrationslager in hohen Ämtern in Staat und Wirtschaft blieben und selbst die Geheimdienste von alten Nazis aufgebaut wurden.‭ ‬Kein Wort über die politische Verfolgung in der BRD,‭ ‬mit Toten auf Anti-Kriegsdemonstrationen schon in den‭ ‬50er Jahren,‭ ‬dem Verbot der KPD,‭ ‬Notstandsgesetzen,‭ ‬Berufsverboten,‭ ‬Isolationshaft.‭ ‬Man findet keinen Vergleich der Methoden der Stasi,‭ ‬mit den viel weitreichenderen und umfassenderen Überwachungsmaßnahmen von Verfassungsschutz,‭ ‬NSA und weiteren heute aktiven Geheimdiensten.‭ ‬Auch ist nichts darüber zu lesen,‭ ‬dass die repressiven Organe der DDR nicht zuletzt deswegen aufgebaut werden mussten,‭ ‬weil es Sabotageaktionen wie die Vergiftung von Lebensmitteln und Bombenanschläge gab‭ – ‬die nicht zuletzt von den kapitalistischen Staaten aus unterstützt wurden.‭ ‬Man findet kein Wort darüber,‭ ‬dass einzig die DDR der deutschen Verantwortung für die Kriegsschuld und die weitgehende Zerstörung der Sowjetunion mit‭ ‬25‭ ‬Millionen Toten,‭ ‬nachkam und große Teile der Industrieanlagen als Entschädigung lieferte,‭ ‬wirtschaftliche Schwierigkeiten also auch daher rührten‭ – ‬und die DDR dennoch unter den zehn am weitesten entwickelten Industrienationen rangierte.‭ ‬

      • GR
        @geistig Ruhender
        @Ruhender:

        Die Entnazifierung ging im Westen wesentlich konsequenter voran als in der DDR. Die NVA bediente sich allerhöchster Nazi-Kommandanten, während in der Bundeswehr bei viel niedrigeren Chargen Schluß war. Desweiter warb die SED gezielt um alte NSDAP-Mitglieder. Einfach das National weg vom Nationalsozialismus und fertig war die Gartenlaube. Dann nur noch die Legende von gänzlich in den Westen geflohenen Nazis in die Welt gesetzt und das wars. Eine aktive Entnazifizierung wie im Westen gab es gar nicht. In den 50ern walzte man die eigene Bevölkerung mit Panzern nieder als die Arbeistvorgaben zu hoch und die Versorgung zu schlecht wurde. Da machte ein KPD-Verbot inmWesten absolut Sinn. Wer allen Ernstes behauptet der Verfassungsschutz hätte mehr Befugnisse als die Stasi mit dem braucht man nicht weiterreden, dem ist nicht mehr zu helfen. Es klingt nach "es gab keinen Holocaust", "die Wehrmacht wehrte sich gegen den Bolschewismus", "der Führer konnte in die Antarktis entkommen und wird wiederkehren".

         

        P.S.

        Liebe taz, solche eindeutig die Verbrechen der DDR verharmlosenden und mit 10 Minuten Recherche zu widerlegenden Propagandaaussagen sollten aus Achtung vor den Toten, Gefolterten und Gequälten der DDR-Diktatur nicht so einfach stehengelassen werden.

    • D
      DasNiveau
      @Gast:

      Solche Gruppen wären in der DDR auch "besonders beliebt". Kann man schon voll verstehen das die Antifa eine Diktatur verteidigt.

      Spaßvögel...

  • W
    Wolfgang

    Berlin 1989 - 2013: Die (einstigen) ostdeutschen Bürgerbewegten im "Freiheitskampf" fürs Quandtsche und Gaucksche "Coca-Cola" - heute? (!)

  • D
    D.J.

    Hmm, unter dem Link zu Indymedia findet sich ein weiterer Link zu "Aktionen" (gemeint ist Zerstörungen) gegen eine "Antikommunistische Ausstellung". Wer wissen will, wie solche Gestalten ticken, sollte sich das durchlesen. Ich selbst bedauere es. Abgrundiefe Dummheit deprimiert mich nämlich noch weit mehr Boshaftigkeit. Sorgen wir dafür, dass weder Faschisten noch Linksextremisten in diesem Land jemals wieder irgendeinen Einfluss gewinnen. Dazu gehört auch, dass die Gewerkschaften sich distanzieren von Leuten, die den Stalinismus verharmlosen und dieses ehemalige Land verherrlichen, in dem man Adenauer, der im KZ fast zugrundegegangen war, als Faschisten beschimpfte, während man kein Problem mit ehem. NSDAPlern hatte, wenn sie nur ihren Hang zur Repression fortan in die "richtige" Richtung lenkten.

    • H
      Historiker
      @D.J.:

      "während man kein Problem mit ehem. NSDAPlern hatte, wenn sie nur ihren Hang zur Repression fortan in die "richtige" Richtung lenkten."

       

      Welche NSDAPler meinen Sie? Karl-Heinz Bartsch? Der wurde 1963 entmachtet und aus der SED ausgeschlossen, da er seine Mitgliedschaft in der Waffen-SS zur Zeit des Nationalsozialismus verschwiegen hatte. Ernst Großmann? Wurde 1959 wegen seiner von ihm verschwiegenen NSDAP- und SS-Vergangenheit aus dem Zentralkomitee ausgeschlossen. In der BRD waren ehemalige NS-Richter die Leute zum Tode verurteilten Ministerpräsidenten (Filbinger) und werden glühende NS-Anhänger und Antisemiten bis heute verehrt, gerade in Stuttgart auch mit der Benennung der zentralen Mehrzweckhalle (Schleyer).

  • G
    Gast

    Das Gewerkschafter und Gewerkschafterinnen die Freiheit entzogen wird kenne ich doch irgendwoher! Das liegt aber bestimmt schon lange zurück...

    • D
      DasNiveau
      @Gast:

      Damals haben sich Gewerkschafter allerdings mit den Rechten der Arbeiterschaft und nicht dem Hass auf den Staat beschäftigt.

    • H
      Hibiskus
      @Gast:

      Mir kam die Jahreszahl 1933 in Erinnerung. Na ja, die Teutschen haben Merkel-FÜHRERIN ins Amt gehievt. Nun sollten die Merkel-FanatikerInnen damit leben könne - bloß sollen die Anti-MerkelistInnen auswandern müssen, nur, weil solche Fanatikeriinnen Merkel huldvoll auf den Thron gehievt haben?

  • G
    g_kreissler

    Meine Freiheit: JA! Deine Freiheit: NEIN!

    Damit man nicht vergisst, was Freiheit ist.