TV-Duell zur US-Präsidentschaftswahl: Clinton mit Ausdauer
Im ersten direkten TV-Schlagabtausch ist Hillary Clinton stark. Donald Trumps Tiefschläge kontert sie. Auch ihre Gesundheit war wieder Thema.
Die Ausgangslage
Die Demokratin Hillary Clinton gegen den Republikaner Donald Trump, das bedeutete auch: Zwei der unpopulärsten US-Präsidentschaftsbewerber aller Zeiten im Schlagabtausch. Im direkten Vergleich schwindet Clintons Vorsprung in den Umfragen, vor Beginn der Debatte liegt sie rund zwei Prozent vor Trump – Anfang August waren es noch sieben Prozent. Moderiert wird die Debatte vom 57-jährigen NBC-Mann Lester Holt.
Die Debatte en detail
An der Hofstra University in New York kommt Clinton in einem alarmroten Hosenanzug auf die Bühne, Trump im Anzug mit blauer Krawatte. Der Farbenlehre zum Trotz beginnt der Milliardär angriffslustiger – bis zur 26. Minute unterbricht er Clinton ganze 25 Mal, zählt vox.com.
Thematisch geht es zuerst um Wohlstand. Dies ist gleichzeitig die einzige Phase, in der Trump inhaltlich liefern kann. Über seinen Plan der Steuerkürzungen für Unternehmen kommt er schnell auf die Handelsabkommen NAFTA und TPP, die er neu verhandeln wolle, um zu verhindern, dass besonders Mexiko den USA die „Jobs klaut“. Clinton fragt, ob er sie für alle Probleme der Welt verantwortlich machen wolle. Trump kontert mit einem knappen: „Wieso nicht?“
Dann hat es sich aber auch schon mit dem kurzen Höhenflug Trumps. Clinton spricht im Gegensatz zu ihm mehrmalig direkt die Bevölkerung an. Das gezwungene Lächeln aus den ersten Minuten stellt sie ab, ihr Lachen wirkt von nun an authentisch. Das gelingt ihr auch, weil ihr Kontrahent inhaltlich immer dünner wird. Die Besteuerung der Reichen (Trump hat seine Steuererklärung noch immer nicht offengelegt), die Birther-Debatte um die Geburtsurkunde Obamas, Cyber-Security, Sicherheit allgemein und Nuklearwaffen – Clinton argumentiert präzise, Trump belässt es bei Anschuldigungen und vagen Formulierungen.
Das Thema des Abends
PolitikerInnen im Ring
„Race relations“ und rassistische Gewalt. Hier wird Trumps völlige Planlosigkeit am deutlichsten. Sein simpler Lösungsansatz: Recht und Ordnung, zudem solle die Polizei „Stop-and-Frisk“-Kontrollen durchführen – die Taktik also, bei der Menschen ohne direkten Verdacht von der Polizei kontrolliert werden dürfen. Clinton kritisiert diesen Ansatz, der ein Ventil für systemischen Rassismus sei. Stattdessen sollten Mindeststrafen abgeschafft und die Privatisierung von Gefängnissen gestoppt werden. Menschen einzusperren, das dürfe kein Geschäftsmodell sein. Auch als Moderator Lester Holt sie fragt, ob PolizistInnen implizit rassistisch seien, überdreht Clinton nicht: „Ich glaube es ist ein Problem für jeden von uns“.
Direkt neben Trumps Familie sitzt am Abend übrigens Rudy Giuliani, Ex-Bürgermeister von New York und jetzt Trump-Berater, der für die harte Law-and-Order-Politik während seiner Amtszeit bekannt ist.
Der Trump des Abends
Es geht um Hillarys Gesundheit. Trump stichelt, als Anspielung auf ihre kürzliche Lungenentzündung: „Ich war überall unterwegs. Secretary Clinton entschied sich, zu Hause zu bleiben“. Als Moderator Lester Holt später Trumps Aussage anspricht, Clinton habe nicht die nötige Ausdauer, kontert die Demokratin pointiert. „Wenn Mr. Trump als Außenminister in 112 Länder gereist ist, Handelsabkommen und andere Einigungen ausgehandelt hat, kann er mit mir über Ausdauer reden“.
Das Fazit
Einen Sieger oder eine Siegerin auszumachen, ist in diesem irrationalen Wahljahr selbst an einem Abend spekulativ, an dem es scheint, als habe Clinton fast alles richtig gemacht. Um es mit den Kandidaten zu sagen: „Ich habe ein besseres Temperament als Hillary. Ich habe ein Gewinner-Temperament. Sie weiß nicht, wie man gewinnt. Gerade erst bei der AFL-CIO (ein US-kanadischer Gewerkschaftsdachverband, Anm. d. Red.) war sie außer Kontrolle! Da haben wir eine Person mit einem problematischen Temperament!“ Clinton: „Whoo. Okay.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe