Syrische Flüchtlinge in Jordanien: Integration unerwünscht
Hunderttausende Syrer leben im Land, viele von ihnen in Flüchtlingscamps. Die Regierung ist überfordert und will, dass sie weiterziehen.
Dennoch reicht das Geld kaum aus, um seiner Schwester und Mutter das Überleben zu sichern. Ahmed muss für den Lebensunterhalt der Familie sorgen, weil der Vater gestorben ist. So wie Ahmed arbeiten viele Kinder im Land, um ihre Familien zu unterstützen.
Laut der jordanischen Regierung leben 1,4 Millionen Flüchtlinge in Jordanien. Die Vereinten Nationen widersprechen dieser Zahl und haben offiziell nur 636.000 Menschen registriert. Diese Differenz kommt zustande, da sich viele Menschen in der Metropole Amman niedergelassen haben, illegal im Land leben oder keine Hilfe in Anspruch nehmen.
Bis heute hat die jordanische Regierung versucht, die Menschen zurück in die Camps zu drängen und eine Integration in die Gesellschaft zu verhindern. Die Menschen bekommen zwar ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht, aber keine Arbeitserlaubnis. Dennoch finden einige der syrischen Männer Jobs auf dem Bau oder arbeiten für einen jordanischen Dinar pro Stunde in Cafés und Restaurants. Falls sie von den Behörden bei der Arbeit erwischt werden, wird ihnen mit der Abschiebung nach Syrien gedroht. Doch anstatt sie abzuschieben, bringt man sie nach Zaatari, dem zweitgrößten Flüchtlingslager der Welt, das von einer Betonmauer umgeben ist.
Täglich versuchen viele der 80.000 Bewohner Zaataris das Camp illegal zu verlassen, um in den großen Städten des Landes Irbid und Amman schwarzzuarbeiten. So auch der 24-jährige Mouaf: „In einem Restaurant in Amman habe ich einen Job gefunden. Nach vier Wochen und zehn Stunden Arbeit am Tag, hat der Besitzer mir keinen Lohn gezahlt. Dann bin ich mit leeren Händen nach Zaatari zurückgekehrt“, sagt er. Von seinem letzten Geld kaufte er seiner Familie für 2.000 Dollar einen zweiten Wohncontainer.
Das Camp ist mittlerweile vier Jahre alt
Die Ersparnisse der meisten Gestrandeten sind nun aufgebraucht, viele der Bewohner Zaataris haben begonnen, ihre erhaltenden Hilfsgüter zu verkaufen. Auch der 24-jährige Mohammed hat den einzigen Gasheizer der Familie verkauft, um etwas Geld für Notfälle zu haben. Mohammed lebt seit zwei Jahren in Zaatari, er ist einer der wenigen der sagt, das er sich vorstellen kann, in Jordanien zu bleiben.
Mohammed will lieber in seinem vertrauten Umfeld leben, dessen Kultur er kennt, anstatt sich auf die gefährliche Reise nach Europa zu begeben. Doch die jordanische Regierung hat nicht die Kraft, den jungen Syrern eine Zukunftsperspektive zu ermöglichen, und so sagt auch Mohammed: „Wenn sich die Lebensumstände nicht verbessern, werde auch ich nach Deutschland gehen.“
Laut der jordanischen Regierung besuchen bis heute nur 130.000 Syrer eine Schule, etwa 30.000 Kinder stehen auf den Wartelisten. Knapp 90.000 Kinder werden hier nie eine Chance auf Bildung bekommen. Die Monarchie hat weder das Geld noch die Kapazitäten, um diese Problem allein zu lösen. König Abdullah sagte kürzlich in einem Interview, dass sein Land mit der Last, die Flüchtlinge zu integrieren, nicht umgehen kann. Von dem 12 Milliarden Dollar umfassenden Staatshaushalt würden 25 Prozent in die Flüchtlingshilfe fließen. Der Monarch betont, dass alle Lebensbereiche der Jordanier unter den Flüchtlingen leiden. Die Entwicklung sei stehen geblieben.
So auch in Zaatari: Das Camp ist mittlerweile vier Jahre alt und dennoch gibt es nur wenige geteerte Straßen. Zwischen den Containern spielen die Kinder im Schlamm. Mo’tasem M. arbeitet für eine der Hilfsorganisationen in Zaatari. Er glaubt nicht, dass die Regierung den Syrern wirklich eine Perspektive ermöglichen will: „Vor über 60 Jahren sind die Palästinenser nach Jordanien gekommen und haben zu Beginn in Zelten gelebt. Aus den Zelten sind Häuser geworden und noch immer gehen die Kinder in den Vororten Ammans in Schulen des UNHCR.
Niemand will, dass sich der temporäre Zustand Zaataris verändert, dafür leidet das Land zu sehr unter den Flüchtlingsströmen der vergangen Jahrzehnte. Die Regierung will, dass die Menschen nach Europa gehen.“
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