Syrien-Konferenz in Montreux: Die Opposition will kommen
Die letzte Hürde für die mehrfach verschobenen Gespräche ist genommen. Unter Druck hat sich die Opposition in Istanbul für die Teilnahme entschieden.
ISTANBUL taz | In westlichen Hauptstädten herrscht Erleichterung. Die syrische Opposition nimmt an den Gesprächen mit dem Regime in Damaskus teil, die am kommenden Mittwoch im schweizerischen Montreux beginnen. Mit klarer Mehrheit sprachen sich die versammelten Mitglieder des größten Oppositionsbündnisses, der Nationalen Koalition (NK) mit Sitz in Istanbul, am Samstagabend für die Teilnahme aus.
Wenige Stunden später schien Syriens Machthaber Baschar al-Assad den Erwartungen an die Friedenskonferenz, die ohnehin nicht sonderlich hoch sind, einen Dämpfer zu versetzen. Assad denke nicht daran, die Macht abzugeben, berichtete die russische Nachrichtenagentur Interfax.
„Wenn wir aufgeben wollten, hätten wir das gleich zu Beginn getan“, sagte Assad laut Interfax gegenüber russischen Abgeordneten am Sonntag in Damaskus. Das Präsidialbüro dementierte den Bericht später. Er sei „ungenau“, teilte das Büro laut der staatlichen Nachrichtenagentur Sana mit, ohne Einzelheiten zu nennen.
Neue Angriffe statt Feuerpause
Die Bildung einer Übergangsregierung mit allen Vollmachten ist das erklärte Ziel des Treffens in Montreux, das später in Genf fortgesetzt werden soll. Unter enormen westlichem Druck billigte die NK-Generalversammlung am Samstagabend doch noch die Gespräche. Die Opposition habe sich nach all den Verbrechen, die das Regime begangen habe, entschieden nach Genf zu fahren, um „Syrien von diesem Kriminellen“ und seiner „Tyrannei“ zu befreien, sagte NK-Präsident Ahmed Jarba nach der Abstimmung. „Wir werden nicht über die Prinzipien der Revolution verhandeln.“
Der Bürgerkrieg in Syrien, der vor fast drei Jahren mit friedlichen Demonstrationen gegen das Regime begann, hat inzwischen schätzungsweise 130.000 Tote gefordert. Ein Drittel der Bevölkerung ist auf der Flucht. Obwohl Assad vor wenigen Tagen eine Feuerpause für Aleppo in Aussicht gestellt hatte, bombardierte das Regime am Samstag die nordsyrische Wirtschaftsmetropole. Aktivisten zufolge kamen dabei 34 Personen ums Leben. Auch die Kämpfe zwischen Rebellen und al-Qaida sowie Kämpfe zwischen Rebellen und Regimetruppen hielten unvermindert an.
Auch einige Rebellengruppen wollen an der Konferenz teilnehmen
Den Ausschlag für die positive Entscheidung der NK dürfte die Unterstützung von einigen Rebellengruppen gegeben haben. Während sich die Oppositionellen an einem geheimen Ort im Westen von Istanbul trafen, hielten Vertreter der türkischen und katarischen Regierung parallel dazu ein Treffen mit Kommandanten in Ankara ab.
Laut Luay Safi, dem NK-Sprecher, stimmten drei Rebellengruppen, unter ihnen die „Front der Syrischen Revolutionäre“ und die „Mujaheddin-Armee“ den Verhandlungen zu. Bisher hat dies nur ein Kommandant der ersten Gruppe bestätigt, bei der es sich um einen Zusammenschluss von Einheiten der „Freien Syrischen Armee“ handelt.
Unklar war bis Sonntagnachmittag auch die Haltung der „Islamische Front“ (IF). Die IF, der sieben islamistische Kampfverbände angehören, ist eines der größten Rebellenbündnisse. Seit drei Wochen liefern sich IF-Kämpfer schwere Gefechte mit den al-Qaida-Extremisten. Verhandlungen mit dem Regime hat die IF bisher jedoch entschieden abgelehnt.
Kerry lobt die Entscheidung und kündigt weitere Unterstützung an
Sollte die IF ebenfalls grünes Licht geben, wäre dies ein wichtiger Schub für die Opposition. Zwar fiel das Abstimmungsergebnis mit 58 Ja- zu 14 Nein-Stimmen klar aus. Aber rund ein Drittel der 120 Mitglieder boykottierten die Abstimmung. Nach Angaben eines Sprechers will die NK 15 Vertreter nach Montreux schicken, unter ihnen auch zwei Kurden und zwei Vertreter der Rebellen.
US-Außenminister John Kerry, der den Oppositionellen vor wenigen Tagen im Falle eines Neins damit gedroht hatte, ihnen jegliche Unterstützung zu entziehen, lobte die Zusage als „mutig“. Die syrische Opposition habe Weg für eine bessere Zukunft aller Syrer gewählt, sagte Kerry. Zugleich kündigte er weitere Unterstützung für die Opposition an.
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