Syrien-Gespräche in Genf: Zweite Konferenz geplant
Die USA und Russland können sich nicht auf einen Plan zur Abrüstung der syrischen Chemiewaffen einigen. Assad lässt die Giftgasbestände im ganzen Land verteilen.
WASHINGTON/GENF dpa/ap | Nach dem Beitritt der syrischen Regierung zur UN-Chemiewaffenkonvention wollen die USA und Russland eine zweite internationale Syrien-Konferenz in Genf auf die Beine stellen. US-Außenminister John Kerry und sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow kündigten am Freitag noch für diesen Monat ein Treffen in New York an, bei dem ein Datum für die Syrien-Konferenz festgelegt werden soll.
Die erste Syrien-Konferenz fand im Juni 2012 in Genf statt und hatte zum Ziel, den seit zweieinhalb Jahren währenden Bürgerkrieg in Syrien zu beenden. Die Chancen für eine zweite Friedenskonferenz seien abhängig von dem Ergebnis der Gespräche zwischen Russland und den USA über eine Sicherung des syrischen Chemiewaffenarsenals, sagte Kerry beim Treffen mit Lawrow und dem Syrien-Sondergesandten von Vereinten Nationen und Arabischer Liga, Lakhdar Brahimi.
Bei den Genfer Gespräche zwischen den USA und Russland über die Chemiewaffenabrüstung Syriens war zuvor keine Einigung erzielt worden. Derweil kritisierte die US-Regierung hat die Äußerungen Wladimir Putins in der New York Times. Während in Genf verhandelt wird, lässt Präsident Baschar al-Assad offenbar das Giftgas im Land verteilen.
Eine geheime Militäreinheit soll einem Medienbericht zufolge Teile des syrischen Giftgasarsenals verteilt haben. Die Bestände seien an mindestens 50 verschiedene Orte gebracht worden, berichtete das Wall Street Journal am Donnerstag (Ortszeit) in seiner Onlineausgabe unter Berufung auf Regierungsvertreter aus den USA und dem Nahen Osten.
Auch Munition sei von der Elitetruppe verlagert worden, mit dem Ziel den Vereinigten Staaten einen Militärschlag zu erschweren. Die Aktion wecke aber auch Zweifel an der Umsetzung des Plans Russlands, nach dem Assad seine Chemiewaffen unter internationale Kontrolle stellen soll.
Die USA haben den Gastbeitrag des russischen Präsidenten Wladimir Putin in der New York Times kritisiert, in dem er den Chemiewaffenangriff vom 21. August den syrischen Rebellen zugeschrieben hatte. Russland stehe mit dieser Meinung „isoliert und allein“ da, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney, am Donnerstag.
Auch Putins Kritik an der Aussage von US-Präsident Barack Obama, wonach die USA in der Welt eine außergewöhnliche Rolle einnähmen, wies Carney zurück. Die Reaktion des Landes auf das Blutvergießen in Syrien habe deutlich gemacht, warum die USA außergewöhnlich seien. Carney bezeichnete es gleichzeitig als „große Ironie“, dass Putin seinen Text in eine Zeitung stelle, ein Symbol der Meinungsfreiheit, die in Russland abnehme.
Uneinigkeit über UN-Resolution
Die USA und Russland haben in der ersten Runde der Genfer Gespräche ihrer Außenminister über die Chemiewaffenabrüstung in Syrien noch keine Einigung erzielt. Bei mehreren Teilaspekten seien Differenzen nicht ausgeräumt worden, hieß es am Freitag in diplomatischen Kreisen. US-Außenminister John Kerry und sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow seien weiter bemüht, sich über einen Zeitplan für die Vernichtung der syrischen Giftgasarsenale und eine entsprechende Resolution des UN-Sicherheitsrates zu verständigen.
Die Verhandlungen, die eigentlich am Freitag abgeschlossen werden sollten, könnten am Wochenende fortgesetzt werden, hieß es. Kerry hatte Donnerstagabend zum Auftakt der Gespräche erklärt, Syrien müsse seine Chemiewaffen rasch übergeben. Die übliche Frist von einem Monat zur Offenlegung der Arsenale nach einem Beitritt zur internationalen Chemiewaffenkonvention könne Damaskus nicht gewährt werden.
Zudem wollen die USA, dass Syrien in einer UN-Resolution Zwangsmaßnahmen angedroht werden, falls es die Vernichtung der Waffen behindert oder nicht sämtliche Bestände offenlegt. Das lehnt Moskau ab. Auch bei einem Gespräch mit dem Syrien-Sondergesandten der UN und der Arabischen Liga, Lakhdar Brahimi, habe Kerry deutlich gemacht, dass die USA auf der Androhung von Zwangsmaßnahmen gegen das Assad-Regime bestehen, hieß es in Kreisen der US-Delegation.
Syrien hatte kurz zuvor in einem Schreiben seines Präsidenten Baschar al-Assad an die Vereinten Nationen in New York erklärt, sich der Konvention anzuschließen, die jedwede Verwendung, Produktion, Lagerung oder Weitergabe chemischer Kampfstoffe verbietet. Aus der US-Delegation verlautete weiter, Kerry und Lawrow hätten in einer kleinen Runde mit jeweils einem ihrer Vizeaußenminister bei einem Dinner in ihrem Genfer Verhandlungshotel eine Annäherung gesucht. Parallel dazu gingen Gespräche von Abrüstungsexperten beider Länder über Einzelheiten der angestrebten Vernichtung der syrischen Chemiewaffenbestände weiter.
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