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Syrer in DeutschlandBrauchen Christen mehr Schutz?

Deutschland will 5.000 Syrer aufnehmen. Dass von ihnen ein großer Teil christlichen Glaubens sein soll, stößt jedoch auf Kritik.

In Sicherheit: Syrische Asylbewerber in Bad Belzig, bei Berlin. Bild: Thomas Peter / reuters

BERLIN taz | Das UN-Flüchtlingskommissariat nennt es ein „starkes Zeichen der Solidarität“, auch SPD und Grüne spendeten Lob. So viel Zuspruch bekommt Innenminister Hans-Peter Friedrich nur selten.

Am Mittwoch hatte die Bundesregierung angekündigt, sie wolle 5.000 Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen – in erster Linie Familien, elternlose Kinder und Schutzbedürftige, die in Deutschland bereits Verwandte haben, sagte der Bundesinnenminister in Berlin.

Die ersten sollen Anfang Juni nach Deutschland kommen. „Wir gehen davon aus, dass ein besonderer Verfolgungsdruck auf Christen aus Syrien lastet und deshalb eine hohe Zahl von Christen unter diesen Begriff der Schutzbedürftigkeit fallen wird“, ergänzte Friedrich.

Diese Bemerkung stößt nun auf Kritik, Grünen-Parteichefin Claudia Roth nennt sie gar „unverantwortlich“. Das Kriterium der „besonderen Schutzbedürftigkeit“ unterscheide gerade nicht nach der Religion, sagte sie der taz.

„Es wäre ein fatales Signal an Muslime in der Region, aber auch in Deutschland, wenn die Bundesregierung den Eindruck erweckt, das Schicksal der christlichen Flüchtlinge sei ihnen wichtiger.“

Auch der stellvertretende SPD-Fraktionschef Gernot Erler mahnte: „Die Aufnahmebereitschaft darf sich nicht nach dem Gebetbuch richten.“ Friedrichs Kurswechsel sei „überfällig“, sagte Erler der taz, bilde aber „nur einen Tropfen auf den heißen Stein“.

Unbürokratischer Familiennachzug

„Wir hätten uns einen mutigeren Schritt gewünscht“, sagt auch Claudia Roth. „Die Bundesregierung muss nun auch die Visaerteilung für Syrer nach Deutschland erleichtern und den Familiennachzug für die hier lebenden Syrer unbürokratisch vereinfachen. Außerdem brauchen die bereits hier geduldeten Flüchtlinge aus Syrien endlich ein unbefristetes Bleiberecht und einen sicheren Aufenthaltstitel.“

Ähnlich sehen das Flüchtlingsorganisationen. Die Präsidentin der Diakonie Katastrophenhilfe, Cornelia Füllkrug-Weitzel, fordert darum jetzt eine „großzügige Ausgestaltung“ des Kontingents.

„Das Kontingent ist zu klein“, fürchtet auch der Geschäftsführer von Pro Asyl, Günter Burkhardt. 40.000 Syrer leben derzeit in Deutschland. Syrische Flüchtlinge, die hier Familienangehörige haben, sollten auch außerhalb des Kontingents aufgenommen werden, sonst sei es schnell ausgeschöpft.

Dazu müsste man die Visabestimmungen lockern, denn: „Das deutsche Visarecht ist auf Abwehr gebürstet“, so Burkhardt. Er fürchtet: „Viele Flüchtlinge müssen weiter illegale Wege nach Europa suchen und auf die Boote aufs Mittelmeer gehen.“

Mehr als eine Million Syrer sind, nach UN-Angaben, seit Beginn des Bürgerkriegs in Syrien auf der Flucht. Die meisten sind in die Nachbarländer geflohen, vor allem nach Jordanien, dem Libanon und der Türkei.

Die Zahl der Flüchtlinge aus Syrien, die im vergangenen Jahr Asyl in Europa beantragten, hat sich gegenüber 2011 fast verdreifacht. Mehr als die Hälfte von ihnen stellten Aufnahmeanträge in Schweden und Deutschland.

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24 Kommentare

 / 
  • T
    Tovi

    ich finde diese überschrift im kontext der realen umstände sehr zynisch.

     

    alle brauchen schutz - aber ja, die syrischen christen mehr.

  • WB
    Wolfgang Banse

    Mensche die verfolgt werden,hier Christen aus Syrien ,Iran bedürfen des Schutzes.

  • M
    Mat

    Ich wundere mich schon, dass die Taz manchmal die Kommentare nicht zulässt. Der Artikel ist schon längst aus der Hauptseite verschwunden. Das heißt, wenn die Taz die Kommentare freigibt ist der Artikel nicht mehr aktuell. Ist das Absicht oder hat man einfach zu wenig Mitarbeiter?

  • S
    Störtebekker

    Wenn wir keine Christen aufnehmen, wer dann?

    Wofür steht das C in der CDU, oder ist es kein C sondern schon der Halbmond?

  • M
    manfred (61)

    Was ist eigentlich mit den bedrohten Atheisten?

  • V
    Vorsicht

    Vorsicht, Christen könnten die Islamisierung Deutschlands verhindern.

     

    Wir brauchen mehr Moscheen und mehr Eische.

     

    Deutschland wird Hightechland Nr. 1, wenn wir nur genug Eische im Land haben.

  • J
    jevu

    Nein Christen brauchen nicht MEHR Schutz. Alle Zivilisten brauchen Schutz. Der Unterschied ist, dass sunnitische und wahrscheinlich auch kurdische Fluechtlinge nach einem Sturz Assads nach Syrien zurueckkehren koennen, waehrend Christen, Drusen und Alawiten dann keine Heimat mehr haben werden.

    Demokratisierung in islamischen Laendern bedeutet leider oft mehr Freiheit zur Unterdrueckung von Minderheiten. Das gilt fuer Irak, von wo viele Christen nach Syrien geflohen sind (und nicht mehr zurueckkoennen), das gilt fuer Aegypten, wo Terroristen und Hetzer gegen Christen Amnestie bekommen und das galt vor hundert Jahren fuer die Tuerkei, die sich zu Beginn ihrer Modernisierung erstmal der christlichen Minderheiten entledigt hat. Deutschland hat aus Buendniserwaegungen ohne Ruecksicht auf Gebetsbuecher die Waffen fuer den Genozid an den Armeniern geliefert. Wollen wir das jetzt in Syrien wiederholen?

  • G
    Georg

    "Ich halte sonst viel von Frau Roth, aber das ist iditiosch."

     

    Lassen Sie bitte den ersten Halbsatz weg sonst fällt der zweite auf Sie zurück.

  • FF
    Fred Frost

    Könnten bitte alle die über Claudia Roth oder die Grünen oder die Taz meckern, bitte nochmals den Artikel lesen: Es ging lediglich darum, dass die Äußerungen des Innenminister Friedrich einen Eindruck erwecken, man wolle bevorzugt Christen Asyl gewähren. Das geht jedoch nicht mit dem Asylrecht konform. Aufgenommen werden müssen auch andere politisch oder religiös Verfolgte. Ein "Aufnahmekontingent" für Christen zu reservieren, widerspricht dem Grundgesetz.

  • D
    D.J.

    @Thomas Sch., @Carsten,

     

    meine Meinung zu dem Problem siehe unten. Ihre Haltung ist aber m.E. unsachlich. Die taz-Redakteure haben hier nicht kommentiert, sondern Meinungen wiedergegeben. Hern Bax' Meinung ist sehr oft nicht meine. Aber hier ist der Vorwurf fehl am Platze. Im Übrigen geh es C. Roth nicht um Nichtaufnahme von Christen, sondern um angeblich unterschiedliche Maßstäbe. Fazit: Kritik an ihr zwar legitim, aber im Rahmen dessen, was sie tatsächlich gesagt hat. Hoffe, meine Versuche, hier zwischen den "Fronten" sachlich zu bleiben, werden verstanden.

  • K
    Kritischer

    Christen sind -ausser Alewiten- die am meisten verfolgte Gruppe in Syrien. Die sollten sinnvollerweise aufgenommen werden. Alewiten finden in der Türkei Mitgläubige und Gemeinden. Suniten und Schiiten werden in Syrien nicht verfolgt, rsp können sie im Land umziehen. Zudem gibt es umah-Länder, wo sie ihren Glauben besser ausleben können.

    Letztlich weiss ich nicht, warum man ausgerechnet D. als Fluchtland wählen sollte. Ein kaputtes, überfülltes land, in dem Islamfeinde das Wort führen und Nazis gewählt werden.

  • G
    gerstenmayer

    Brauchen Christen mehr Schutz ?

    es ist doch weltweit bekannt dass christen in ländern die von einer religion dominiert werden sehr schlechte karten haben - ob diese worte pc sind ist mir wurscht-

    ich liebe die wahrheit

  • S
    Sven

    Entschuldigung, aber was ist das für eine Riesenscheiße, die Frau Roth da (wieder mal!) verzapft? Natürlich (!!!) ist religiöse Verfolgung von der Religion abhängig!!! Wen jemand verfolgt wird WEIL er Christ ist, dann ist das CHRISTENVERFOLGUNG, und die spielt sich nunmal gerade in Syrien ab, auch wenn Herr Bax von der taz da auch mal einen "falschen Zungenschlag" wittert!

  • E
    eva

    Roths Kritik ist absurd.

    Es ist ein Fakt, dass Christen in Syrien (wie in vielen Ländern des nahen Ostens) wegen ihrer Religion bedroht und verfolgt werden.

     

    Soll Deutschland sich darum verpflichten, mindestens so viele Chriten wie Muslime aufzunehmen, auch wenn diese nicht wegen ihrer Religion verfolgt werden, nur damit die sich nicht benachteiligt fühlen?

     

    Dürfen wir dann zb keine wegen ihres Geschlechts bedrohten Frauen mehr aufnehmen, ohne ebenso viele unbedrohte Mnner aufzunehmen? Keine bedrohten Schwulen mehr ohne ebensoviele unbedrohte Heteros?

     

    Das wäre so absurd, wie wenn ich für jeden Nichtschwimmer mindestens einen Schwimmer aus einem See ziehen muss. Die nicht geretteten Nichtschwimmer müssen dann eben einsehen, dass ich sie den Schwimmern gegenüber sonst ungerechtfertigt bevorzugt hätte.

     

    Ich halte sonst viel von Frau Roth, aber das ist iditiosch.

  • H
    Herbert

    Veehrte Frau Claudia Roth,

    ich möchte gern ihre Informationsdefizit aufhellen:

    Die Christen sind die weltweit am stärksten verfolgte reliöse Gruppe, besonders in islamischen Ländern.

    Nehmen wir mal den Irak (durchaus vergleichbar mit Syrien)- dort gab es in den 80ern etwa 15 % Christen trotz (oder gerade wegen?) des bösen Diktators Saddam. Nach dem US-Irakkrieg mussten viele christen fleihen, mehr asl 1,5 Millionen. Heute beträgt der Anteil Christenb im Irak weniger als 1%. Christen sind also in Syrien bei einem möglichen Sieg der Vollbartrebellen besonders gefährdet und ihr Leben ist enorm bedroht (man schaue mal auf youtube, was diese "Aktivisten" mit ihren Feinden machen). Deshalb macht die bevorzugte Azfanehm bei uns hier Sinn. Muslimische Flüchtlinge können eher in islamischen Ländern, etwa in der Türkei, unterkommen.

     

    Frau Roth, ich hoffe, ich konnte ihnen bei der Erkenntsnisgewinnung helfen. Ich habe das gern getan.

  • H
    Habib

    Richtig. Man sollte neben Christen auch Schiiten, Aleviten und andere Minderheiten vor den radikalislamischen Terroristen schützen.

  • M
    Mat

    Ich würde mir auch wünschen, dass die Taz Reporter mit den verfolgten Christen reden würden.

  • M
    Mat

    Das der Druck auf Christen viel höher ist, wird bewusst ignoriert. Höherer Druck sollte gleich mehr Hilfe sein. Ich befürchte Deutschland wird einige Unterdrückte nicht aufnehmen, aufgrund der SPD und Grünen.

    Natürlich dürfen auch Nicht-Christen aufgenommen werden. In erste Linie wünsche ich mir, dass die Abwehrhaltung gegenüber die Christen unter Druck aufhört. Würde mir Wünschen dass Frau Roth von ihrem warmen Sofa aufsteht und mit den verfolgte Christen reden würde.

  • TR
    typisch roth

    Die Muslime ermorden die Christen überall dort, wo Muslime die Mehrheit stellen, aber Frau Roth findet es unerhört, wenn man dann Christen Asyl gewährt. Typisch.

  • B
    Beobachter

    Die Christen HABEN (hatten) Schutz unter dem säkularen Assad.

     

    Wenn es bald nicht mehr so ist, dann ist es auch ein (kleiner) Mitverdienst von pseudolinken, grün angestrichenen Kriegstreiberblättern wie dem euren, das unverhohlen einen gewalttätigen Sturz Assad (Saddams, Gaddafis....) mitherbeischreibt durch "Rebellen", die in ihrer Masse alles sind, aber keine Demokraten!

  • D
    D.J.

    Roth tut, was sie am besten kann: Unsinn reden. Selbstverständlich wurden bisher auch schon bestimmte religiöse Gruppen, bei denen festgestellt wird, dass sie einem besonderen Verfolgungsdruck unterliegen, eher aufgenommen. Freilich kann können das zukünftig auch verstärkt Alawiten, Schiiten, möglicherweise auch Drusen sein.

    Was den Aufenthaltstitel betrifft, so ist der Sinn von Asyl bzw. der Aufnahme von Kontingentflüchtlingen zunächst, für eine begrenzte Zeit Schutz zu bieten. Erst wenn die Fluchtgründe dauerhaft vorliegen, wird der Aufenthaltstitel verfestigt.

  • G
    genauso.aber.anders

    Unter Führung ausländischer Dschihadisten radikalisieren sich die syrischen Rebellen zunehmend. Dies bedeutet für die Christen in Syrien nicht nur Gefahr durch das Assad-Regime,sondern auch gezielte Verfolgung und somit in vielen Fällen den Tod durch die Rebellen. In den Flüchtlingslagern, meist in islamischen Ländern, in denen Christen auch als Menschen 2.Klasse angesehen und unterdrückt werden, regiert die Angst. Ja, ich denke, Cristen brauchen mehr Schutz. Als verfolgte Minderheit.

  • TS
    Thomas Sch.

    Wenn die armen syrischen Christen bloß arme rümänische Zigeuner (darf man sagen, Sinti und Roma sind nur zwei Etnien der sog. Cigan. Sagen sie auch selber) wären, dann wäre ihnen die Solidarität der TAZler sicher. Aber da sie bloß arme Christen sind, fängt hier von den üblichen Verdächtigen eine rasiermesserscharfe Unterscheidung und Begründung an, warum man sie nicht unterstützen sollte. Bis hin zum lettzten Trottel, der dann wieder mit Hexenverbrennung anfängt. Zum Kotzen.

  • C
    Carsten

    Ach so ist das, Ihr Heuchler: Christen sollen bloß wegbleiben, Moslems immer hereinspaziert. Damit entlarvt Ihr Euren asymetrischen Humanismus selbst, der Moslems nur als Vehikel Eures kulturellen Selbsthasses benutzt. Ihr freut Euch doch klammheimlich, wenn Christen verfolgt werden.