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Symbolpolitik bei ProfigehälternWenn Prämien jetzt Equal Pay heißen

Der Kanzler fordert gerechtere Erfolgsboni im Frauenfußball. Dass in der Liga miserable Löhne gezahlt werden, gerät so erst gar nicht in den Blick.

Der Kanzler beim DFB: Olaf Scholz (li.) und Bernd Neuendorf Foto: dpa/Boecker

A ndererseits ist da Donata Hopfen. Die warnt nämlich davor, „den Profifußball – wie teilweise bei Corona – für Symbolpolitik zu missbrauchen“. Damit will die Chefin der Deutschen Fußball-Liga (DFL) allerdings bloß Vorschläge abwehren, dass künftig Männerprofispiele nur noch am frühen Nachmittag stattfinden dürfen, wo sie weniger Strom verbrauchen, nicht mehr zur Prime­time.

Das „Einerseits“, mit dem diese Kolumne hätte starten sollen, nennt sich Olaf Scholz. Und es beziehungsweise er hat kein bisschen mit dem zu tun, was Donata Hopfen meinte: die Energiekrise und die Covidpandemie.

Es ist die Ökonomie, Ihr Deppen. Der Bundeskanzler hat den Deutschen Fußball-Bund (DFB) besucht und das Thema, um das es während der Europameisterschaft schon ging, noch einmal angesprochen: nämlich das, was er für Equal Pay hält. „Frauen und Männer sollten gleich bezahlt werden. Das gilt auch für den Sport, besonders für Nationalmannschaften“, hatte Scholz während der EM auf Twitter mitgeteilt. Am Dienstag beim DFB drückte er diesen Gedanken so aus: „Ich finde, das ist etwas Politisches, deshalb macht es schon Sinn, dass man über gleiche Prämien diskutiert.“

Kein Mann, keine Frau ist im Haupt- oder Nebenberuf Mitglied einer Nationalmannschaft. Wenn Scholz also beim DFB und den für die Auswahlteams Zuständigen wegen gleicher Bezahlung vorspricht, tut er das nicht bei den Arbeitgebern der Profis. Es geht ihm um Prämien für even­tuel­le Erfolge. In Firmen spricht man von Boni, die unmittelbar erfolgsbezogen sind. Es gibt nicht wenige Firmen, zu denen auch Fußballklubs gehören, die die Idee, ein niedriges Grundgehalt zu zahlen und höhere Ausschüttungen erst nach unternehmerischem Gewinn folgen zu lassen, sehr sympathisch finden: Wenn ihr etwas leistet, das uns einen mehrfachen Millionengewinn einbringt, sind wir bereit, euch hunderttausend Euro abzugeben. Ist aber die Konkurrenz erfolgreicher, ist das euer Pech!

Mehr Geld für die wenigen Nationalspielerinnen

Ökonomisch betrachtet findet die Initiative des Olaf Scholz für gerechtere Prä­mien­verteilung bei den DFB-Auswahlmannschaften in diesem Bereich statt. 60.000 Euro hätte eine Fußballeuropameisterin bekommen, 400.000 ein Europameister. Hier seien, hat nun der DFB signalisiert, Veränderungen denkbar, weil es sich um das „Premiumprodukt Nationalmannschaft“ handele, bei dem bei Männern und Frauen gleichermaßen die Nachfrage stimme. In der Bundesliga jedoch, erklärte DFB-Chef Bernd Neuendorf, sei das anders: „Es muss auch zur Kenntnis genommen werden, dass trotz gleicher Tätigkeit die Märkte immer noch sehr unterschiedlich sind.“

In der Liga erhalten männliche Fußballprofis im Schnitt das 38-Fache von dem, was Frauen kriegen.

Mit anderen Worten: Da, wo Profis wirklich ihr Geld verdienen und wo über 300 Spielerinnen aktiv sind, darf es weiter so zugehen wie bisher, also noch wesentlich ungerechter als im Nationalmannschaftsfußball, wo maximal 30 Frauen in den Genuss der verbesserten Prämie kämen. Das Jahresdurchschnittsgehalt in der 1. Bundesliga der Frauen beträgt, wie die „Tagesthemen“ am Dienstag mitteilten, 36.295 Euro, das der Männer circa 1,4 Millionen Euro. Männliche Fußballprofis verdienen im Schnitt das 38-Fache von dem, was Frauen erhalten. In den Worten des sozialdemokratischen Bundeskanzlers klingt das so: Seine Forderung nach Anpassung der DFB-Prämien sei politisch, „anders als die Gehaltsverhandlungen, die erfolgreiche Spieler und Spielerinnen anderswo führen“.

Fassen wir das diesbezügliche Programm des Olaf Scholz doch zusammen: Da, wo es wirklich um Arbeitslohn geht, sollte es schlimm bleiben wie bislang. Da, wo es um symbolische Aufbesserung geht, sollte bald etwas geschehen. Und wer da leer ausgeht, soll sich halt im Fußball und bei Gehaltsverhandlungen ein bisschen mehr anstrengen. Das Ganze nennen wir dann Equal Pay.

Kein Wunder also, dass Donata Hopfen, die die Profiklubs vertritt, vor einer Symbolpolitik nur in den Bereichen Covidbekämpfung und Energiesicherung warnt. Und der Kanzler? Freut sich, dass alle bereit sind, über seine überflüssige Forderung nach ein bisschen mehr Prämien zu diskutieren „und sich zu überlegen, wie das in Zukunft sein soll“.

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Martin Krauss
Jahrgang 1964, freier Mitarbeiter des taz-Sports seit 1989
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9 Kommentare

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  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Der "Ruhm" alleine sollte ausreichen. Keine Mega-Prämien!



    Stoppt den Profi-Sport und v.a. diese kriminellen Verbände.

  • Schöner Rant von Bill Burr zum Thema:



    m.youtube.com/watch?v=QY9Gz_IMn_k&t=0s

  • Ich verlange, dass zu den Spielen der Frauen-Bundesliga genauso viele Zuschauer*innen kommen wie zu denen der Männer-Bundesliga, jawohl! Und wenn nicht freiwillig, dann per Anordnung aus dem Büro Scholz!!!

  • Die Gehälter der Spielerinnen werden sich wohl auch danach richten, wievielt Geld mit dem Produkt Frauen - Bundesliga umgesetzt wird.



    Es gibt in Deutschland tausende Sportler*innen, die mehrt und härter trainieren als Fußballer und deutlich weniger verdienen.



    Das regt auch niemanden auf. Mangan es drehen und wenden wie man will, nur wenn das Produkt mehr umxysezt, werden die Gehälter steigen.

  • Ist der Anteil der Herrengehälter am Umsatz denn höher, als der der Frauengehälter? Ohne das zu wissen, kann man leider nichts zur Fairness der Gehälter sagen, der Artikel gibt darüber leider keinen Aufschluss.

    • @HerrReise:

      Die Frauenbundesliga hatte letztes Jahr einen Umsatz von 15 Mio € bei laufenden Kosten von 30 Mio €. Die Männer setzten ungefähr 4,5 Mrd. € im gleichen Zeitraum um.

      Dieser Kommentar wurde gekürzt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette. Die Moderation

      • @Šarru-kīnu:

        Das ist mir wohl bewusst, deshalb habe ich diese Frage gestellt.



        Wenn ein Modell schon querfinanziert wird (wie in vielen meisten Teamsportligen für Damen), ist ein Ruf nach gleicher Bezahlung fast schon peinlich.



        Wenn das Unternehmen in dem ich arbeite viel weniger verdient als ein anderes, wird es für mich auch schwer ein höheres Gehalt unter dem Argument durchzusetzen, dass jemand bei der anderen Firma im gleichen Job mehr verdient.

        • @HerrReise:

          Jedem ist klar welche wirtschaftlichen Gründe für die Unterschiede in der Bezahlung sorgen. In der Debatte dringen sie aber mit einer ökonomischen Perspektive nicht durch wenn die andere Seite ausschließlich moralisch argumentiert. Der oben gepostete YouTube Link bringt es auf den Punkt.

  • Andersrum.



    Warum sollte sich der Kanzler der Republik in die Gehaltsstruktur bei privaten Vereinen und Unternehmen, ausser über Mindestlohn und Steuer, einmischen? Das ist Sache der Vertrags- und Ertragspartner.