Sylvia Neid und Frauenfußball-EM 2017: Früher verspannt, heute locker
Die deutsche Elf ist bei der EM in den Niederlanden längst ausgeschieden. Nur die ehemalige Bundestrainerin Silvia Neid ist noch da – und hat beste Laune.

Sie ist immer noch in den Niederlanden. Sie musste bei einer Europameisterschaft noch nie vorzeitig die Heimreise antreten. Sie war immer im Finale. Achtmal bei allen acht Kontinentaltiteln, welche die Deutschen gewannen – ob als Spielerin oder Trainerin. Erstmals sind die Deutschen zwar nicht im Endspiel, aber Silvia Neid ist immer noch da.
Im Auftrag des DFB. Ein wenig Genugtuung dürfte sie darüber schon empfinden, schließlich haben viele das Ende ihrer Trainerkarriere beim deutschen Nationalteam letzten August als große Befreiung empfunden. Aber so einfach wird man eine Silvia Neid nicht los. Wie ein Menetekel für den deutschen Frauenfußball wird sie da im Stadion De Grolsch Veste in Enschede sitzen und sich denken: „Seht her, wenn ihr schön und erfolgreich zugleich spielen wollt, komme eben nur ich ins Finale.“
Mit den vielen Triumphen war Neids Arbeitsweise in den letzten Jahren zunehmend starrer und einfallsloser geworden, und dabei gab sie sich immer streng und spröde. Als sie dieser Tage in einem der EM-Stadien von ihrem Sitznachbarn, dem ehemaligen Fußballprofi und Lebemann Ansgar Brinkmann, angequatscht wurde, sagte sie eisig: „Ich bin zum Arbeiten hier.“ Danach soll sie dann doch noch ein wenig aufgetaut sein. Und auch andere Zeugen berichten von einer entspannter auftretenden Neid.
Der Rollentausch, den sie vorgenommen hat, erweist sich als komfortabel. Neid nämlich, der zuletzt von ihren Kritikern vorgeworfen wurde, die Trends der letzten Jahre verpasst zu haben, wurde vom DFB mit dem neu geschaffenen Amt der Trendforscherin betraut. Eine originelle Idee, um eine verdiente Mitarbeiterin auf der Lohnliste zu behalten.
Fußball-EM der Frauen
Als Leiterin einer Scoutingabteilung soll sie schauen, wo die Reise im Frauenfußball hingeht. Wurde sie noch vor einem Jahr für die Stagnation ihres Teams gegeißelt, beklagt sie jetzt selbst die Stagnation bei den großen Fußballnationen und im Frauenfußball im allgemeinen. Und Neid kommt immer weiter und ist schon wieder im Finale.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links