Svenja Bergt über Kundenfreundlichkeit im Onlinehandel: Es geht auch ohne Telefon
Eine Telefonnummer ist eine Telefonnummer ist eine Telefonnummer? Schön wär’s. Zu Zeiten des Wählscheibentelefons mag eine Nummer noch als Chiffre dafür gegolten haben, dass am anderen Ende der Leitung ein Mensch abnehmen würde, mit dem man sprechen und Probleme lösen könnte. Doch in Zeiten von outgesourcten Callcentern, stundenlangen Warteschleifen und Sprachrobotern, deren Repertoire sich auf „Ich habe Sie leider nicht verstanden“ zu beschränken scheint, ist das längst nicht mehr der Fall. So ist es nur folgerichtig, dass der Europäische Gerichtshof am Mittwoch entschieden hat: Onlinehändler (in diesem konkreten Fall: Amazon) sind nicht verpflichtet, eine Telefonnummer für den Kundenkontakt anzugeben.
Ein paar Callcenterbetreiber werden jetzt enttäuscht sein. Doch der Gedanke, dass eine Telefonnummer schon für guten Kundenservice sorgen würde, greift viel zu kurz. Wer die Erfahrung einmal selbst machen möchte, kann etwa versuchen, beim eigenen Internetprovider anzurufen, zum Beispiel um eine Störung zu melden. Bitte nicht vergessen, vorher Wetten abzuschließen: Ist zuerst die Störung behoben oder das Ende der Warteschleife erreicht?
Dass Amazon im Vergleich zu Internet- oder Mobilfunkprovidern ziemlich vorbildlich abschneidet, ist nur eine ironische Fußnote in diesem Fall. Und natürlich ist es auch keine Garantie, dass die Alternativen zum Telefon gut funktionieren. Dass etwa der Chatbot schnell weiterhelfen kann, gegebenenfalls an eine:n menschliche:n Mitarbeiter:in übergibt oder der telefonische Rückrufservice umgehend zurückruft und nicht erst in zwei Tagen.
Das wichtigste ist daher: Kund:innen müssen ein Unternehmen nicht nur schnell erreichen können, sondern auch umgehend eine Antwort bekommen, und zwar eine, die nicht aus Textbausteinen besteht und völlig an der Frage vorbeigeht. Dass es durchaus Unternehmen gibt, die das schaffen, zeigt: Verbraucherfreundlichkeit ist weniger eine Frage der Technologie als eine Frage der Einstellung.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen