Sven-Michael Veit über die Rekommunalisierung des Fernwärmenetzes: Richtig gut gemacht, ihr da oben
Das Ergebnis ist besser als erwartet. Dass Hamburg das Fernwärmenetz sofort und vollständig vom Energiemulti Vattenfall zurückkauft, zählt ohne Zweifel zu den besten Entscheidungen, die dieser rot-grüne Senat bislang getroffen hat. Gerade in diesen Hochzeiten dümmlichster Politik(er)verdrossenheit sollte und muss gelobt werden, wenn es etwas zu preisen gibt: Gut gemacht, ihr da oben. Und das gleich in dreierlei Hinsicht.
Erstens setzt Rot-Grün damit den Volksentscheid von 2013 vollständig um. Das ist eine gute Nachricht für die direkte Demokratie. Das Instrument des Volksentscheids wird erneut und ohne Abstriche ernst genommen, auch wenn Volkes Wille auf den ersten Blick nicht billig ist und zudem den Willen der Regierenden konterkarierte. Aber genau dafür ist die direkte Demokratie im Zweifel ja da: Entscheidungen gegen den Willen der parlamentarischen Mehrheit herbeizuführen ist ihr Sinngehalt.
Zudem sichert die Verfügungsgewalt über künftig alle drei Versorgungsnetze der Stadt die Möglichkeit, eine Energie- und Wärmewende umzusetzen. Mit klaren Worten, die von seinem Amtsvorgänger Olaf Scholz niemals zu hören waren, hat sich Bürgermeister Peter Tschentscher zu einer ökologischen und klimaschonenden Energieerzeugung ohne Kohle und ohne den Schwarzen Raucher Moorburg bekannt. Den Worten müssen natürlich noch Taten folgen, aber Optimismus ist angebracht.
Und drittens ist der Kauf des Fernwärmenetzes auf mittlere Sicht ein gutes Geschäft für die Stadt. Nicht zufällig wollte Vattenfall das einträgliche Monopol auf die Fernwärme nicht kampflos hergeben. Der Kauf wird sich, wie schon bei Strom und Gas, rentieren. Und den Kunden garantiert der Senat Preisstabilität und keine Erhöhungen über die übliche Teuerung hinaus. Ein internationaler Energiemulti hätte solche Zusicherungen niemals gegeben.
Es gibt, so schwer es fällt, an diesem Ergebnis einfach nichts zu meckern. Richtig gut gemacht, ihr da oben.
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