Superwahljahr und einige Superdebakel: Die Kompetenz von Rasensprengern
Die CDU blamiert sich, die Windsors schockieren und Jogi Löw macht gleich ganz Schluss. Was außer Wahlen noch so passiert ist.
![Karliczek auf einem Bildschirm, sie spricht Karliczek auf einem Bildschirm, sie spricht](https://taz.de/picture/4736402/14/26874229-1.jpeg)
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Früher waren die Deutschen obrigkeitsgläubig.
Und was wird in dieser besser?
Heute wählen sie gern die, die eh schon dran sind.
Seit mehreren Tagen melden die Gesundheitsämter steigende Coronazahlen in Deutschland. Die Infektionszahlen steigen laut RKI-Chef Wieler vor allem bei Kindern und Jugendlichen. Sollten Kitas und Schulen also besser wieder schließen?
Die Linie der Bundesbildungsministerin dazu: „Ich hab nix zu sagen und kann das auch gut begründen.“ So bleibt unklar, ob Föderalismus bis zur kleinsten Dorfschule prima ist und jeweils örtlich angemessene Lösungen findet. Oder Chaos als Konzept verkauft wird. Die Debatte ist national, die Kritik auch – vielleicht sollte auch die Kompetenz zum Bund.
Viele Monate wurde der russische Impfstoff Sputnik V heftig kritisiert. Nun lobt ihn der Chef der ständigen Impfkommission in Deutschland, die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) prüft das Vakzin. Aber: Ist es so clever, mit Russland Geschäfte zu machen?
Wenn die EMA das Zeug freigibt, wird es uns gehen wie den DDR-Bürgern, die die sowjetischen Impfstoffe überlebt haben. Blieben moralische Fragen: Werden wir abhängig? Nein, es sind viele Vakzine im Markt. Füttern wir ein Unrechtsregime: Ja. Zum Glück gibt’s noch keinen Impfstoff aus Saudi-Arabien.
Am Sonntag ist das Superwahljahr mit den Landtagswahlen in Rheinland Pfalz und BW fulminant gestartet. Auf welche Wahl freuen Sie sich 2021 am meisten?
Ein Wahljahr sind mehrere Wahlen, ein Superwahljahr ist, wenn eine Bundestagswahl hinzukommt. Diesmal und erstmals seit 1949 eines ohne „TitelverteidigerIn“. Da gehen uns die Superlative aus.
Ob Masken oder Aserbaidschan: In der Union werden immer mehr Korruptionsfälle bekannt. Alles Einzelfälle?
Die „Ehrenerklärung“ – seit Barschel hat so was in der Union sicher einen guten Klang – ringt einem schon Respekt ab. Als nächstes beteuern 240 Unionsabgeordnete schriftlich, dass sie regelmäßig atmen. Die Aserbaidschan-Connection über den CSU-Veteranen Lintner war seit Jahren aktenkundig, MdB Strenz hatte wegen Korruptionsverdachts seit 2018 Hausverbot beim Europarat. Die jetzt blamierten Käuflinge mögen untergehen, doch grundsätzlich beträgt die Spanne zwischen Affäre und Comeback einen Amthor = 12 Monate. Wie verhielten sich Strenz, Nüßlein, Hauptmann, Löbl in der Debatte über ein „Lobbyregister“? Dies würde ein „exekutiver Fußabdruck“ aufhellen, und mindestens den verhindert bisher die Union. Ehrenwort.
Nach dem Aufsehen erregenden Interview von Herzogin Meghan und Prinz Harry mit Oprah Winfrey, in dem sie dem britischen Königshaus Rassismus vorwerfen, äußert sich nun Prinz William. Auf Nachfrage eines Reporters sagte er: „Wir sind klar keine rassistische Familie.“ Also Ende gut, alles gut?
Der Satz ist ungefähr genauso schlau wie der bei woken Wächtern gern genommene „Alle Weißen sind Rassisten“. Weisheiten, die mit „alle sind …“ beginnen, sind alle keine. Und zielen, zweitens, auf die Personen, nicht die Themen. Der Kampf gegen Diskriminierung und Hassrede ist unbedingt zu unterstützen. Manche bedienen sich dabei gern der Diskriminierung und der Hassrede. Womit vor allem das Prinzip Diskriminierung und Hassrede ins Recht gesetzt wird. Das britische Königshaus hat seine koloniale Geschichte – vermutlich nur zu toppen, wenn Oprah mal ergebnisoffen mit den Hohenzollern über Völkermord parliert. Wir alten weißen Männer sind da eher bei Sartre – „Du bist, was du tust“. Und weniger bei Twitter – „Du bist Arschloch“. Also – was tun die Windsors?
Joachim Löw hat bei einer Pressekonferenz des DFB seinen Rücktritt als Bundestrainer nach der Fußball-EM angekündigt. Jetzt beginnt das große Rätselraten, um seinen Nachfolger. Auf wen setzen Sie?
Ralf Rangnick. Mit vier Vereinen fünfmal aufgestiegen, Pokalsieg, mitverantwortlich für den Aufstieg von Leipzig, schmerzfrei gegenüber der Redbullisierung dort. So empfahl es auch Bastian Schweinsteiger, um als zweite Prio Lothar Matthäus zu nennen. Das darf man lesen als „Wenn sie Rangnick nicht nehmen, wäre ein Rasensprenger auch eine Alternative“. Hansi Flick werden die Bayern nicht rausrücken, so haben sie dunnemals auch Ottmar Hitzfeld die Chance versaut. Fritz Eckenga empfiehlt, und ich hatte das schomma dem BVB geraten: Welt-, Europa- und überhaupt Meistertrainerin Silvia Neid. Vermutlich überqualifiziert.
Fragen: cas, eaz
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau