Suizide von K-Pop-Stars in Südkorea: Hinter der glitzernden Fassade

Der mutmaßliche Suizid des Sängers Cha In Ha ist der dritte Tod eines jungen K-Pop-Stars in zwei Monaten. In Koreas Pop-Geschäft tun sich Abgründe auf.

Ein junger Mann mit kurzen Haaren lächelt vor einer leeren Wand in die Kamera.

Beging mit 27 Jahren mutmaßlich Suizid: der koreanische K-Pop-Start Cha In Ha Foto: Yonhap via ap

Am Dienstag fand sein Manager die Leiche des 27-jährigen Cha In Ha, ehemals Sänger der Boyband „Surprise U“, in seiner Wohnung. Das Management bat aus Respekt vor der Familie des Verstorbenen, nicht über die Ursache seines Todes zu spekulieren. Viele K-Pop-Fans taten dies im Netz dennoch.

„Ich bin erschüttert. Korea muss endlich etwas für die psychische Gesundheit seiner Bevölkerung unternehmen und gegen den massiven Druck“, kommentiert etwa ein Nutzer auf der K-Pop-Fanseite Soompi. „Diese Stars behalten alles für sich und sagen nach außen, dass es ihnen gut geht“, schreibt ein anderer. Auch die Korea Times titelt bereits am nächsten Tag vom „Suizid“ des Sängers.

Es wäre der dritte tragische Fall innerhalb zweier Monate. Die Suizidserie wirft kein gutes Licht auf Südkoreas Unterhaltungsindustrie, bei der die Berühmtheiten extrem unter Druck stehen: Die Management-Agenturen kontrollieren deren Privatleben oft bis zu Dating-Verboten; zugleich können die Fans selbst kleinste moralische Ausrutscher nicht verzeihen.

Bei den Fans entschuldigt

Bereits vor anderthalb Wochen entdeckte die Haushälterin den leblosen Körper der K-Pop-Sängerin Goo Ha Ra in deren Wohnung im Seouler Nobelbezirk Gangnam. Die Polizei fand einen „pessimistischen Brief“ der Musikerin auf ihrem Wohnzimmertisch. Im Mai schon war die 28-jährige Sängerin nach einem Suizidversuch ins Spital eingeliefert worden. Voller Demut entschuldigte sie sich danach bei ihren Fans: Sie mache derzeit eine schwere Zeit durch.

Ihre private Tragödie war zuvor in den südkoreanischen Boulevardmedien ausgebreitet worden: Goos Ex-Liebhaber plante, ihre Karriere zu zerstören – und drohte gemeinsame Sexvideos zu veröffentlichen. Das Perfide: Als Goo bei der Polizei Anzeige erstattete, wurde sie von einem wütenden Internet-Mob angefeindet. Als „Schlampe“ bezeichneten sie einige Nutzer; andere machten sie für ihre falsche Männerwahl verantwortlich. Und ihr Label erneuerte ihren Vertrag während des Skandals nicht.

Erst Mitte Oktober war die 25-jährige Sängerin Sulli tot in ihrer Wohnung aufgefunden worden. Als eine der wenigen offenen Feministinnen in der konservativen Gesellschaft hatte auch sie unter massivem Cyber-Mobbing gelitten. Ihre „Skandale“ muten aus deutscher Sicht absurd an: So postete sie Fotos von sich auf sozialen Netzwerken, auf denen zu sehen war, wie sich unter ihrem T-Shirt eine Brustwarze abzeichnete. Viele Männer reagierten erbost darüber, dass eine Frau es wagen könnte, ohne BH in der Öffentlichkeit aufzutreten.

Nach außen zeigt die K-Pop-Branche eine glitzernde Heile-Welt-Fassade. Mit Bands wie BTS und Blackpink feiert die Industrie auch außerhalb Asiens mittlerweile große Erfolge. Doch hinter den Kulissen des patriarchalen K-Pop-Geschäfts tun sich Abgründe auf. Monate vor ihrem Suizid hatte die Sängerin Goo Ha Ra im Fernsehen offen über den Druck gesprochen, dem sie als Frau des öffentlichen Lebens ausgesetzt sei: „Wir müssen vorsichtig sein vor jedem Schritt, den wir im Leben machen, und wir leiden unter einem Kummer, den wir nicht einmal mit unseren Freunden oder Familien teilen können.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.