Südafrika führt die Maut ein: ANC goes CSU
Die ANC-Regierung bittet Benutzer der Stadtautobahnen rund um Johannesburg demnächst zur Kasse. Von rechts bis links formiert sich Protest.
JOHANNESBURG taz | E-Toll heißt es, aber niemand findet es toll. Massive Bürgerproteste und Demonstrationen haben nichts geholfen. Südafrikas Regierung setzt sich durch und kann jetzt ihrem Volk ein umstrittenes System für Straßennutzungsgebühren aufdrücken, die „elektronische Maut“. Und so gut wie kein Südafrikaner kann dem komplizierten elektronischen Prozess etwas abgewinnen.
Nun sind in Johannesburg Aufrufe zum E-Toll-Boykott Tagesgespräch. Denn in der Provinz Gauteng, in der Johannesburg liegt, sollen am 3. Dezember erstmals die Nutzungsgebühren für Stadtautobahnen abgebucht werden. So mancher Gautenger will sich weigern. Die Sorge, dass Bankdaten missbraucht werden, treibt die Menschen um. Jede zusätzliche Gebühr ist eine zu viel, und es trifft mal wieder am stärksten die Ärmsten, denn die Flut der Minibus-Fahrer, die für die Townships den öffentlichen Nahverkehr leisten, wird von ihren Fahrgästen das Geld wieder hereinholen wollen.
Fürs „E-Toll“ braucht man „E-Tags“, kleine elektronische Plaketten, die im Auto anzubringen sind. Sie sind ans Bankkonto gekoppelt oder vorab mit einen Geldbetrag aufgeladen. An insgesamt 49 Gerüst-Portalen wird die Plakette elektronisch gelesen und jedes Mal, wenn ein Auto darunter durchfährt, fällt eine Gebühr an: bei jedem Portal eine andere, meist zwischen 4 und 6 Rand.
Es ist zwar nicht Pflicht, die Plakette zu kaufen; wer nicht zahlt, bekommt ein „Knöllchen“ zugeschickt. Aber ein 25-Prozent-Rabatt soll die Plakette attraktiv machen. Nachteil: Das Missbrauchspotenzial ist groß, denn jedes fünfte Nummernschild in Südafrika gilt als gefälscht oder unter falschem Namen angemeldet.
30 bis 60 Euro pro Monat abdrücken
Die meisten Menschen werden laut Schätzungen monatlich zwischen 400 und 800 Rand zahlen müssen – 30 bis 60 Euro, das ist viel Geld. Südafrikas Regierung will damit Ausgaben von 20 Milliarden Rand wieder hereinholen, die für Straßenerneuerung in den vergangenen Jahren ausgegeben wurden, vor allem rund um die Fußball-WM 2010.
Die Gruppe „Opposition to Urban Tolling Alliance“ (Outa) ging auf die Barrikaden, um E-Toll vor Gericht zu verhindern. Erfolglos, denn das höchste Berufungsgericht Südafrikas hat jüngst die Klage abgewiesen, danach ging Outa das Geld aus. „Es gibt effizientere Wege, Straßen zu finanzieren“, findet trotzdem Outa-Vorsitzender Wayne Duvenage. Zum Beispiel durch eine Benzinsteuer.
Einige Kirchen haben aufgefordert, nicht zu zahlen. Gewerkschaften sind verärgert. Die größte Oppositionspartei DA (Demokratische Allianz) nennt den Beginn von E-Toll am 3. Dezember einen „traurigen Tag“ für Gauteng. Sogar der Führer der vom ANC abgespaltenen Linkspartei EFF (Economic Freedom Fighters), Julius Malema, nutzt E-Toll als Wahlkampfthema gegen Staatspräsident Jacob Zuma und marschierte neulich mit seinen Anhängern durch Johannesburg Innenstadt mit Parolen wie „E-Tolls werden Gauteng bis aufs Trockene aussaugen“.
Soziale Medien rufen zur Revolte auf. „Mit den Tonnen an Stahl, Kabel und Kupfer, das in den Portalen steckt, hätten viele Häuser gebaut werden können“, kann man auf Twitter lesen. Oder auch: „Zuma und Malema könnten sich doch eine Gehirnzelle teilen. Sie müssen sich nur im Gebrauch abwechseln.“
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