Stuttgart - Duisburg: Der Ehrgeiz des Halbfitten
Meister Stuttgart müht sich zum ersten Saisonsieg und sehnt die Heilung der zahlreichen Verletzten herbei
VfL Bochum - Hamburger SV 2:1 VfB Stuttgart - MSV Duisburg 1:0 Bayern München - Hannover 96 3:0 Bayer Leverkusen - Karlsruher SC 3:0 1. FC Nürnberg - Werder Bremen 0:1 Borussia Dortmund - Cottbus 3:0 Arminia Bielefeld - Hertha BSC 2:0 Eintracht Frankfurt - Hansa Rostock VfL Wolfsburg - FC Schalke 04
STUTTGART taz Kaum ein Klub in der Bundesliga taugt derzeit besser als Ort für eine Krankenhausserie als dieser VfB Stuttgart. Jede Menge Verletzte, sieben an der Zahl und Heilungen in letzter Sekunde. Am Neckar wird gehumpelt, geknetet, gespritzt, gerettet, und mancher steigt gar zum Helden auf, mit dem man so gar nicht rechnen konnte. Da stand also dieser Mario Gomez und sah aus wie ein Foto-Modell für den Sanitätshandel. Dicker Verband am Oberschenkel, leicht schiefes Gangbild und den Blick Halt suchend in die Ferne gerichtet. Keine Spur von "Held des Tages", der das 1:0 gegen den MSV Duisburg erzielte. Das einzige Tor der Partie.
Aber er war es. Und er war müde. Der neue Verband nur eine Vorsichtsmaßnahme. "Nach fünf Wochen ist vieles noch eingerostet", sagte er. Das stellte Gomez schon am vergangenen Donnerstag fest, als er das erste Mal wieder mit seiner Mannschaft trainierte und von Trainer Armin Veh erste Einsatzsignale bekam. Der machte ihm Mut, indem er ihn mit dem Münchner Luca Toni verglich. "Wenn Luca Toni einmal trainiert und dann spielt, kann Gomez das auch, zumal er sogar vorher zweimal trainieren konnte", meinte Coach Veh. Dabei wäre es nicht nötig gewesen, Gomez Ehrgeiz zu wecken. Erstens kennt der Nationalspieler solche Situationen und zweitens schien er kaum zu bremsen vor lauter Sehnsucht, endlich den Wettkampfrasen zu betreten.
Wie am vorletzten Spieltag der Meistersaison in Bochum (3:2), als der Rekonvaleszent Gomez spielte oder spielen musste, um in einer Notsituation ein Signal zu setzen. In Bochum traf er (zum 2:2), diesmal zum 1:0. Es passt zu den kränkelnden Schwaben, sie brauchen derzeit einen Halbfitten wie ihn, der sie rettet. Der Sturm praktisch völlig lahmgelegt. Cacau verletzt, Marica spät eingekauft und deshalb noch ohne Bindung, und Starverpflichtung Ewerthon kam in einer Form aus Brasilien, in der er selbst beim Deutschen Sportabzeichen in Schwierigkeiten geraten wäre.
Da passt es ganz gut ins Drehbuch der Neckarklinik, dass Gomez selbst bis vor kurzem im Lager der Pflegebedürftigen einen dauerhaften Platz zu haben schien. Leib und Leben des Physiotherapeuten außer Acht lassend sprang Gomez Gerhard Wörn nach seinem Tor mit viel Schwung in die Arme. Zum Dank. Die Knetkünste des Therapeuten machten den 22 Jahre alten "Fußballer des Jahres" fit für 69 Minuten. Immerhin. Das reichte zum ersten Sieg und dazu, Hoffnung zu verbreiten. "Die Mannschaft war vorher relativ verunsichert", stellte Gomez nach den 90 teilweise quälenden Minuten gegen wackere Duisburger besorgt fest. Jetzt soll es also aufwärtsgehen.
Mit Gomez als Galionsfigur.
Am 30. August werden sie alle mit dem neuen und alten "Helden" zusammen vor dem Fernseher sitzen und die Auslosung zur Champions League anschauen, die Mitte September beginnt. "Bis zur Champions League sind wir alle fit", versprach Armin Veh am Schluss. Um ihn herum nickten alle. Der erste Sieg ließ nun die Zuversicht wachsen, es werde bald wieder den "alten" VfB Stuttgart zu sehen geben. Und zu dem gehörte schließlich auch ein rundum gesunder Mario Gomez. Am Tag danach schwitzte der schon wieder im Kraftraum. Die Behandlungsbank blieb leer.
OLIVER TRUST
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