Sturmtief „Ylenia“ in Berlin: Vor dem zweiten Schub
Warum macht ein Sturmtief Pausen zwischendurch und was haben Stürme im Februar mit dem Klimawandel zu tun? Ein Anruf beim Meteorologen.
![](https://taz.de/picture/5401029/14/275230306-1.jpeg)
Also, ganz ehrlich“, sage ich zu den Kindern am Frühstückstisch. „So richtig nach Orkan sieht das jetzt nicht draußen aus – ihr geht zur Schule, und ich gehe joggen.“ Die beiden hatten sich etwas Hoffnung gemacht, schließlich hatte Berlin, wie andere Bundesländer auch, es am Donnerstag den Eltern freigestellt, ob sie ihre Kinder wegen des Sturmtiefs über der Nordhälfte Deutschlands zur Schule schicken wollen. Die Berliner Feuerwehr warnt derweil vor dem Betreten von Parks und Wäldern. Und auf meinem Handy leuchtet die Warn-App Nina des Bundesamts für Bevölkerungsschutz dunkelrot: „Warnstufe Unwetter“.
Hm. Der Blick geht vom Smartphone zum Fenster, die Bäume in unserer Straße bewegen sich Donnerstagfrüh eher sachte im Wind. Und als ich im Park dann (tatsächlich ziemlich alleine allerdings) meine Runde drehe und statt über umgestürzte Bäume bloß über umgefallene Leihfahrräder hopse, frage ich mich schon: Wozu die ganze Aufregung?
Anruf beim regionalen Wetterbüro des Deutschen Wetterdiensts in Potsdam: „Guten Tag, ich war gerade joggen im Park – wo genau war der Orkan, den mir meine Warn-App anzeigt?“ Der diensthabende Meteorologe Robert Noth erklärt am Donnerstag offensichtlich einigen Laien die Wetterlage, er ist geduldig. Ich sei in einer „Pause“ unterwegs gewesen, sagt Noth.
„Ylenia“, so heißt das Sturmtief, habe zwei Höhepunkte: „Der erste war in der Nacht zu Donnerstag zwischen Mitternacht und 2 Uhr, da gab es eine Kaltfront mit Graupelgewitter und Starkregen.“ Den hätte ich vermutlich verschlafen (Recht hat er). Eine Kaltfront habe für heftige Bewegungen in der Atmosphäre gesorgt, sagt der Meteorologe. Ist die Kaltfront abgezogen, erhole sich die Atmosphäre einige Stunden lang – „da waren Sie vermutlich joggen“ – aber dann komme oft ein zweiter Schub.
Schwankend auf dem Rad
„Ylenia“ hat ihren zweiten Schub am Donnerstagmittag: Auf dem Weg in die Redaktion bringen mich die Böen auf dem Rad ziemlich zum Schwanken. Und Meteorologe Roth sagt, auch am Freitag sei noch nichts ausgestanden – denn in der Nacht zu Samstag warte bereits die nächste Kaltfront.
Eigentlich, sagt der Wetterexperte, sehe man solche Stürme übrigens später im Frühjahr, im März oder April. Dass die jetzt schon im Februar kämen, sei aus seiner Sicht auch eine Folge des Klimwandels. Die warmen Luftmassen aus dem Süden kämen inzwischen früher im Jahr auf der Nordhalbkugel an und träfen dort auf polare Luftmassen. In diesen Begegnungszonen geht es dann ordentlich rund – mal ganz unwissenschaftlich gesprochen (Entschuldigung, Herr Roth).
Aus „Ylenia“ wird in der Nacht zu Samstag übrigens die nicht ganz so furiose „Zeynep“. Auch sie wird verwehen. Der Klimawandel bleibt.
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