Sturm auf Lettlands Bankautomaten: Sparer geraten in Panik
Falscher Konkurs-Alarm: Kunden der Swedbank versuchen ihre Konten leer zu räumen. Die Betreiber sehen in der größten Bank Lettands eine der stärksten Europas.
STOCKHOLM taz | Gerüchte, Lettlands größtes Kreditinstitut, die Swedbank, sei vom Konkurs bedroht, führten am Sonntag zu einer regelrechten Panik. Zehntausende LettInnen versuchten, über Geldautomaten so viel Geld wie möglich von ihren Konten abzuheben.
Als daraufhin auch viele Geschäfte sich weigerten, Swedbank-Kreditkarten zu akzeptieren und fast die Hälfte der Geldautomaten geleert wurden und deshalb nicht mehr funktionierten, feuerte dies die Gerüchte nur zusätzlich an. Vertreter der staatlichen Bankenaufsicht und von Swedbank versuchten in den abendlichen Fernsehnachrichten, die Bevölkerung zu beruhigen. Nach Swedbank-Angaben wurden binnen weniger Stunden umgerechnet 15 Millionen Euro von den Konten abgehoben.
Die Gerüchte sind offenbar grundlos. Die lettische Swedbank-Tochter gehört zur schwedischen Swedbank-Group. Erst in der vergangenen Woche bestand diese - wie alle schwedischen Großbanken - den Stresstest der europäischen Bankenaufsicht EBA. Und Martin W. Johansson von der Stabilitätsabteilung der schwedischen Nationalbank beeilte sich am Montag zu erklären, es gebe "keinen Grund zur Unruhe". Swedbank habe eine "gute Kapitaldecke" und gehöre "zu den stärksten Europas".
Woher die Gerüchte kommen, die im Internet und über Telefonketten verbreitet wurden, ist unklar. Da Lettland ein Gesetz kennt, das Handlungen, die die Stabilität des Finanzsystems gefährden können, unter Strafe stellt, nahm die Sicherheitspolizei die Ermittlungen auf.
80-prozentige Marktkontrolle
Dass bloße Gerüchte über die mögliche Schieflage einer Bank in Lettland zu panischen Reaktionen führen, ist allerdings durchaus verständlich: Man ist gebranntes Kind. Erst im November war Latvijas Krajbanka zusammengebrochen, und alle Einleger verloren ihre Guthaben, soweit diese nicht durch die staatliche Einlagengarantie gedeckt waren. 2008 und 1995 hatten mit dem Zusammenbruch der Parex-Bank und der Banka Baltija ebenfalls viele Letten ihre Ersparnisse verloren.
Zwar beherrschen mittlerweile schwedische Kreditinstitute 80 Prozent des lettischen Bankensektors. Was aber am mangelnden Vertrauen in das Bankensystem nicht viel ändert. Auch weil noch gut im Gedächtnis ist, wie massive Kreditverluste ihrer baltischen Töchter Swedbank vor drei Jahren so sehr ins Trudeln gebracht hatten, dass sie von Stockholm über ein staatliches Garantieprogramm vor dem drohenden Kollaps gerettet werden musste.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
FDP stellt Wahlkampf Kampagne vor
Lindner ist das Gesicht des fulminanten Scheiterns
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Wahlkampf-Kampagne der FDP
Liberale sind nicht zu bremsen
Greenpeace-Vorschlag
Milliardärssteuer für den Klimaschutz
Katja Wolf über die Brombeer-Koalition
„Ich musste mich nicht gegen Sahra Wagenknecht durchsetzen“
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen