Studis beschweren sich über Dozenten: „Da läuft was schief“

An der Uni Hamburg haben sich Psychologie-Studierende über einen Dozenten beschwert. Dieser habe Studentinnen nicht auf Augenhöhe behandelt.

Eine Frau fährt mit einem Fahrrad an dem Hauptgebäude der Universität Hamburg vorbei.

Der Lehre gewidmet, aber im Umgang nicht über Zweifel erhaben: die Universität Hamburg Foto: dpa / Bodo Marks

HAMBURG taz | „Ich hatte das Gefühl, etwas läuft schief“, sagt die Psychologiestudierende P. – so schief, dass eine Gruppe Studierender sich bei der Universität Hamburg über ihren Dozenten beschwerte.

P. und andere hatten sich in den Sitzungen eines Master-Seminars und Forschungskolloquiums zunehmend unwohl gefühlt. Dort ging es um politisch sensible und für viele der Studierenden persönlich bedeutsame Themen: S. soll den Teilnehmerinnen des Seminars Voreingenommenheit bei ihrer Wahrnehmung von Ungleichbehandlung unterstellt haben. Unter anderem soll er ohne Nennung von Quellen behauptet haben, dass Benachteiligung aufgrund des Geschlechts bei den Karrieremöglichkeiten in psychologischen Berufen keine Rolle spiele.

Ein weiterer Vorwurf von Studierenden: S. soll das Risiko, dass Mädchen und Frauen mit sexuellen Übergriffen konfrontiert seien, abgetan haben, ohne Rücksicht darauf, dass möglicherweise Betroffene von sexueller Gewalt am Seminar teilnehmen könnten. Dabei soll er die Seminare zum Teil mit unwissenschaftlichen Quellen ohne Einordnung gestaltet haben, etwa einer antifeministischen Youtuberin, und insbesondere weiblichen Studierenden in Diskussionen das Wort abgeschnitten haben.

Dies ging so weit, dass die Master-Studierenden die Lehrsituation des Seminars nicht mehr hinnehmen wollten. Durch den Dozenten S. sahen sie den Grundsatz der Universität, der besagt, dass von Lehrenden erwartet werde, dass sie „mit den Studierenden als eigenverantwortlichen Gestaltern ihres Studiums zusammenarbeiten“ und „Lehrveranstaltungen am Prinzip des Dialogs ausrichten sowie intrinsisch motivierte und biographisch bedeutsame Lernprozesse auf Seiten der Studierenden unterstützen“, durch zahlreiche Vorfälle verletzt.

Psychologie-Studierende der Uni Hamburg Hamburg

„Es hat ewig gedauert. Wir waren gefühlt die ersten, die sich jemals beschwert haben“

Nach mehreren Vorfällen in verschiedenen Seminaren schloss sich eine kleine Gruppe von Studierenden aus dem Master Psychologie zusammen, um sich über S. zu beschweren. Der direkte Dialog im Seminar hatte wenig bewirkt. Doch der Beschwerdeprozess verlief schleppend. „Es hat ewig gedauert. Wir waren gefühlt die ersten, die sich jemals beschwert haben. Es gab keinen klaren Weg“, sagt P. Die Universität schreibt in einer Stellungnahme zu den Beschwerdemöglichkeiten eher allgemein, dass „Studierende wichtige Akteure im Qualitätssicherungssystem der UHH sind“.

Schließlich wandte sich die Gruppe an die universitäre „Kontakt- und Beratungsstelle bei sexualisierter Belästigung, Diskriminierung und Gewalt für Studierende“, außerdem wurde sie vom Referat für Gleichstellung und der Fachschaft unterstützt. Das daraufhin mit dem Dozenten angebahnte Gespräch empfanden die Studierenden jedoch als unbefriedigend, da S. keine Verantwortung für das Problem habe übernehmen wollen. Er bot einen inhaltlichen Austausch an, was die Studierenden jedoch ablehnten, um ihre Anonymität zu wahren. Stattdessen schrieben sie S. einen Brief, in der sie die kritisierten Situationen beschrieben, Fragen stellten und um Stellungnahme baten.

In seiner Antwort beantwortete S. jedoch, so die Darstellung der Studierenden, weder die Fragen noch entschuldigte er sich. Eine erneute Gesprächseinladung lehnte die Gruppe ab. Sie hat ihre Beschwerde nun an die Universität weitergeleitet. S. lehrt inzwischen an einer privaten Hochschule, sein Lehrauftrag an der Uni ist im Sommer ausgelaufen. Zur Anfrage der taz hat er sich nicht geäußert.

R., eine der Studierenden, die sich über S. beschwert hat, sieht das Problem nicht nur in den hierarchischen universitären Strukturen: „Es ist auch ein Problem der fehlenden Sensibilisierung vieler Studierender.“ Viele würden sich grundsätzlich nicht trauen, das Verhalten von Dozierenden zu kritisieren. Aus fehlendem Bewusstsein oder Angst vor schlechten Noten, vermuten R. und P., hätten es auch viele der eigenen Kom­mi­li­to­n:in­nen vermieden, S. zu hinterfragen. Von der Universität wünschen sie sich mehr Aufmerksamkeit für die studentischen Möglichkeiten, genau das zu tun.

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