Studierende fordern Giffeys Rücktritt: Diesmal flog kein Giffei
Franziska Giffey hält zum 150. Geburtstag Alice Salomons eine Rede an der ASH. Die Studierenden protestieren dagegen und fordern ihren Rücktritt.
Giffey sollte an der Hochschule zu den Feierlichkeiten anlässlich des 150. Geburtstags der Namensgeberin eine Rede halten. Doch die SPD-Politikerin ist auch hier „not welcome“, wie auf dem großen Banner am Eingang der Hochschule zu lesen ist. Mit Eierkartons und Transparenten spielten die Studierenden schadenfroh auf den Eierwurf am Vortag an.
Gegen die Einladung hatte sich studentischer Protest formiert, denn die „rassistische und menschenfeindliche“ Politik der ehemaligen Bezirksbürgermeisterin von Neukölln passe nicht zu den Werten der Hochschule. Vielmehr sei sie mit „ihrem Anbiedern an die Immobilienlobby und ihren rassistischen Aussagen Teil des Problems“, schrieben die Studierenden.
Das Statement wurde von breiten Teilen der Studierendenschaft mitgetragen, unter anderem vom AStA, dem Referat für Antirassismus und Antifaschismus und dem Arbeitskreis gegen rechte Gewalt.
Giffey ließ sich davon nicht abhalten, auf der Veranstaltung zu sprechen, und auch das Rektorat war auf die Forderung der Studierenden, Giffey wieder auszuladen, nicht eingegangen. Hochschulsprecherin Susann Richert kann „nachvollziehen, dass die Studierenden ihre Kritik äußern“ – inhaltlich teilt sie sie jedoch nicht.
Aus Sicht der Hochschulleitung sei es „wichtig, dass Franziska Giffey als Regierende Bürgermeisterin ein Grußwort hält, um Alice Salomon zu ehren“, da die Leistungen Salomons lange Zeit nicht genügend gewürdigt worden seien.
Störungen aus Respekt abgesagt
In einem Gespräch hätten sich Studierende und Hochschulleitung darauf verständigt, von Störungen der Veranstaltung abzusehen, „aus Respekt“ vor den aus Großbritannien, den USA und Israel angereisten Nachfahren Salomons. Dies bestätigte Antonia Scheffler, Studentin der Sozialen Arbeit, die den Protest mitinitiiert hatte.
Giffey erschien trotzdem vorsorglich in Begleitung zweier Sicherheitsmänner, die sich gegen eventuelle weitere Eierwürfe mit einem Regenschirm bewaffnet hatten. Als Reaktion auf die Kritik an ihrem Erscheinen und da schließlich „die Demokratie vom Dialog“ lebe, habe sie den Studierenden im Anschluss an ihre Rede ein Gespräch angeboten.
Nach diesen Worten kam es recht überraschend, dass Giffey Pressevertreter_innen bei diesem Gespräch nicht dabei haben wollte. Es wirkte, als habe sie nicht nur Eierwürfe zu befürchten.
Studierende fordern Rücktritt
Nach dem über eine Stunde andauernden Gespräch im selbstorganisierten Studierendencafé Frei_Raum waren die beteiligten Studierenden zufrieden: „Mindestens sechsmal“ hätten sie ihr ins Gesicht gesagt, dass sie „Franziska Giffeys Rücktritt“ forderten. Denn „die Version Berlins“, die Giffey fördere, sei „ein Horror“ und wenn Alice Salomon noch leben würde, würde sie „gegen (Giffeys) rassistische und klassistische Aussagen auf die Straße gehen“.
Aber auch Giffey verbuchte ihren Besuch an der Hochschule als Erfolg. In Anspielung auf ein Transparent mit der Frage „What would Alice say?“ mutmaßte die Bürgermeisterin in ihrer Rede, Alice Salomon würde sich einfach „freuen, dass heute eine Frau Bürgermeisterin Berlins“ sei, schließlich sei zu Salomons Zeit in Reden wie dieser nicht einmal gegendert worden.
Und natürlich wäre das vor etwa 100 Jahren ein Fortschritt gewesen. Fraglich bleibt trotzdem, ob jemand wie Alice Salomon die regierende Bürgermeisterin der deutschen Hauptstadt tatsächlich nur an ihrem Geschlecht gemessen hätte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“