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Studie zur SprachnutzungSpanisch ist besonders fröhlich

Chinesen sind ihrer Sprache gegenüber eher negativ eingestellt, haben Wissenschaftler herausgefunden. Bei den Spaniern sieht es anders aus.

Arabisch-Sprecher bewerteten viele religiöse Begriffe sehr positiv. Bild: dpa

BERLIN taz | „Früher war alles besser“, denn schöne Momente werden in Gedanken immer wieder durchlebt, schlechte Erinnerungen hingegen gerne vergessen. Auch werden positive Erlebnisse genauer erinnert als negative. Das besagt die „Positivity Bias“-Hypothese. Mit ihr lässt sich herleiten, wie viele Menschen die Vergangenheit verklären.

Psychologen haben die Hypothese bereits 1969 aufgestellt. Eine weitere Vorhersage, die sich ableiten lässt: Sprecher verwenden positiv konnotierte Wörter häufiger und vielfältiger. Die Hypothese konnte aber bisher nicht hinreichend belegt werden, was eine neue interdisziplinäre Studie ändert. Die Wissenschaftler vorwiegend US-amerikanischer Unis fanden auch heraus, dass Spanisch eine besonders fröhliche Sprache ist. Und dass Chinesen nicht nur vergleichsweise negativ gegenüber ihrer Sprache eingestellt sind, sondern auch die Wörter „Drogen“ und „Vergewaltigung“ noch negativer konnotieren als anderssprachige Studienteilnehmer.

Die Studie bewegt sich in einem linguistischen Diskurs, der das Zusammenspiel von Sprache und Welt zu verstehen versucht: Inwiefern prägt Sprache unser Weltbild? Nimmt die kulturelle Umgebung, in der sich ein Sprecher befindet, auf die Art und Weise zu denken und sich auszudrücken Einfluss? Sind Deutsche aggressiver wegen der ganzen Konsonanten in den Wörtern?

Untersucht wurden die 5.000 meistbenutzten Wörter aus zehn Sprachen. Dann wurde jedes Wort von 50 Teilnehmern bewertet. Auf einer „Happiness-Skala“ von Fröhlicher Smiley über Neutraler Smiley hin zu Sehr trauriger Smiley konnten sich die Probanden zwischen neun Optionen entscheiden. Das Ergebnis: Die meistbenutzten Wörter der Sprache sind meist Wörter, die mit Glück assoziiert werden.

„ER“ und das Paradies

Chinesisch schnitt dabei am schlechtesten ab – die Sprecher haben am wenigsten glückliche Smileys verteilt. Die am besten bewerteten Wörter haben in den meisten untersuchten Sprachen etwas mit Glück oder Liebe zu tun – nicht aber im Arabischen. Dass der Einfluss von Religion im arabischen Sprachraum weiter verbreitet ist als zum Beispiel im deutschen, verdeutlichen die als am besten bewerteten Wörter: „Paradies“, das Personalpronomen „ER“ und „Gott“ kommen vor Wörtern, die etwas mit weltlichen Dimensionen von Liebe, Glück oder Lachen zu tun haben.

Auf den hinteren Plätze der deutschen Sprecher stehen Wörter wie „Nazi“, „Hitler“, „Faschismus“ und „Nationalsozialismus“. Auch die Franzosen bewerten „Hitler“ am negativsten. Bei den restlichen Sprachen belegen „Tod“, „Mord“ und ähnliche Wörter das Ende. In China hingegen werden „Aids“, „Drogen“, „Selbstmord“ und „Vergewaltigung“ als noch negativere Wörter wahrgenommen.

Mit den Erkenntnissen der Wissenschaftler können in Zukunft Verfahren entwickelt werden, die positive und negative Empfindungen durch Auswertung von Sprache besser mess- und evaluierbar machen.

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4 Kommentare

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  • 9G
    913 (Profil gelöscht)

    Ja, früher war alles besser. Auch das Deutsch der Journalisten. Aber wenn im erste Absatz eines Artikels ein Satz wie "Auch werden positive Erlebnisse genauer erinnert als negative." steht, bekomme ich Beschwerden. Ich weiss, Sprache lebt. Schlechter Schreibstil leider auch.

     

    Inhaltlich sollte der Artikel besser auf der Wahrheitsseite als Gurke des Tages in der Rubrik "Amerikanische Wissenschaftler ..." veröffentlich werden.

  • Die Untersuchung dieser Forschung finde ich eher fragwürdig. Ob es nun die Worte oder die emotionalen Assoziationen sind, die die Begriffe negativ assoziieren lassen

    ist damit noch lange nicht gesagt.

     

    Ich denke schon, dass in Sprachen Begriffe unterschiedlich assoziiert werden. Deswegen ist die EU ohne gemeinsame Sprache auch eine Totgeburt.

    • @Age Krüger:

      Was man doch so alles für einen unfundierten Seitenhieb benutzen kann, wenn man einfach mal wieder Lust hat, der EU einen mitzugeben...

      *facepalm*

       

      Ist die Schweiz auch eine jahrhundertealte Totgeburt, weil sie keine gemeinsame Sprache hat?

       

      Manchmal fragt man sich wirklich, ob man vor dem Kommentieren noch nachdenken muss, oder ob es reicht, wieder das Gewohnte auszuspucken ohne kurz zu überlegen, ob daraus irgendwie ein Argument wird.

  • Man hätte vielleicht dazusagen sollen, dass diese Studie ausschließlich von Mathematikern und Informatikern erstellt wurde, die z.B. von Semantik oder auch von Linguistik im Allgemeinen eher wenig Ahnung haben werden.

    Schon die Korpusauswahl ist enorm fragwürdig, die von den Autoren genutzte Literatur äußerst dünn und einseitig. Ganz abgesehen von dem Versuch, durch Ausrechnen etwas über kulturelle Eigenheiten und deren Zusammenhang mit Spracher herausfinden zu wollen.

    Über so etwas müsste in der Zeitung eigentlich nicht berichtet werden. Aber "echte" Forschung, die weniger plakativ daherkommt, ist eben meist nicht so sexy, dass sie es in die Zeitung schafft.