Studie zur Gesundheit der Deutschen: Depressiv, fett und überzuckert
Krankhafte Fettleibigkeit, Schlafstörungen und Diabetes haben signifikant zugenommen. Das belegt eine repräsentative Studie des Robert-Koch-Instituts.
![](https://taz.de/picture/208918/14/14062012studie_Meikel.inSpirit_photocase_com.jpg)
BERLIN taz | Die Deutschen treiben deutlich mehr Sport als noch am Ende des letzten Jahrhunderts – aber messbar gesünder ist die Nation deswegen bislang nicht geworden. Im Gegenteil: krankhafte Fettleibigkeit, Diabetes und psychische Erkrankungen haben in den vergangenen 14 Jahren signifikant zugenommen.
Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Studie zur „Gesundheit Erwachsener in Deutschland“ im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums, die am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde.
„Wir wollten Informationslücken zu den wichtigsten Volkskrankheiten schließen“, sagte die Studienleiterin Bärbel-Maria Kurth vom Robert-Koch-Institut, das die Untersuchung durchgeführt hat. 7.200 repräsentativ ausgewählte Menschen ab 18 Jahren wurden hierzu an 180 Orten zwischen 2008 und 2011 mit standardisierten Interviews zu ihrem Gesundheitszustand befragt und ärztlich untersucht. Ein vergleichbar aufwendiger Survey datiert von 1998.
Das Gros der Bevölkerung ist weiterhin definitiv zu dick, dies allerdings seit 14 Jahren auf stagnierendem Niveau (übergewichtige Männer: 67,1 Prozent, übergewichtige Frauen: 53 Prozent). Als „besorgniserregend“ bezeichnet Kurth den steigenden Anteil von krankhaft Fettleibigen, deren Body-Mass-Index über 30 beträgt: 23,3 Prozent der Männer und 23,9 Prozent der Frauen gelten mittlerweile als adipös; 1998 waren es noch 18,9 Prozent (Männer) beziehungsweise 22,5 Prozent (Frauen). Gefährdet seien vor allem junge Männer unter 35 Jahren mit niedrigem sozioökonomischen Status.
Die Ergebnisse sind wenig überraschend
Signifikant zugenommen haben ebenfalls die Diabetes-Erkrankungen. 7,2 Prozent der Erwachsenen zwischen 18 und 79 Jahren leiden mittlerweile an Typ 1 oder Typ 2; dies entspricht einer Zunahme um rund zwei Prozentpunkte gegenüber 1998. Risikofaktoren, Gründe oder Schlussfolgerungen hieraus benennt der jetzt vorgelegte Teil der Studie nicht; hierzu bedürfe es einer weiteren Daten-Auswertung, teilte das RKI mit.
Der Diabetologe Peter Sawicki, ehemaliger Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, kritisierte gegenüber der taz, die Daten seien „wenig überraschend“ und aus anderen Ländern längst bekannt. Wichtiger zu erfassen wäre, so Sawicki, „wie viele Menschen mit Diabetes nicht ausreichend behandelt sind“.
Aufgrund internationaler Daten prognostiziert Sawicki, dass „die Gesamtkosten für das Gesundheitswesen und für die Gesellschaft, also indirekte und direkte Kosten, für Diabetes mellitus in den nächsten 25 Jahren sich etwa verdoppeln werden“.
Steigen dürften auch die Kosten zur Behandlung psychischer Krankheiten: Jeder vierte Befragte erklärte, mindestens dreimal wöchentlich unter Schlafstörungen zu leiden. Bei 4,2 Prozent der Teilnehmer wurde ein Burn-out-Syndrom festgestellt, bei 8,1 Prozent eine Depression.
Als Konsequenz kündigte Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) eine „nationale Präventionsstrategie“ an. Diese solle, auch über finanzielle Anreize, dafür sorgen, dass sich mehr Menschen für gesundheitsbewusstes Verhalten einsetzten. Zwei Drittel der Deutschen seien bereits einmal pro Woche körperlich aktiv, lobte Bahr.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Nichtwähler*innen
Ohne Stimme