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Studie zur FamilienpolitikEltern wollen mehr Ganztagsschulen

Mütter und Väter wollen mehr Kinderbetreuung, zeigt der „Familienmonitor“. Tagesmütter sind sie aber keine Alternative zur Kita

Eltern sind sich einig: Die Plätze in den Kitas reichen noch nicht. Bild: dpa

BERLIN taz | Familien in Deutschland wünschen sich vor allem eine bessere Kinderbetreuung. Dazu zählen aus Sicht der Eltern nicht nur Kitas, sondern verstärkt auch Ganztagsschulen. Das zeigt der „Familienmonitor“, eine jährliche Umfrage, die das Allensbacher Institut für Demoskopie im Auftrag des Familienministeriums durchführt.

76 Prozent der Eltern gaben an, Ganztagsschulen würden Familien stark entlasten. Zwei Drittel meinen, ihre Kinder würden dort besser gefördert als anderswo. Kritischer äußerte sich nur ein Fünftel der Eltern. Sie glauben, dass ihre Kinder schon jetzt in der Schule einer zu großen Belastung ausgesetzt sind.

Auf Tagesmütter für Kleinkinder, wie sie durch den holprigen Kita-Ausbau vor allem von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) propagiert werden, würden gerade mal 9 Prozent der Eltern zurückgreifen.

Die Umfrage unter 1.500 Familien ist Wasser auf die Mühlen von Union und SPD. Beide haben Ganztagsschulen als Wahlkampfthema entdeckt. Während CDU und CSU zumindest Gespräche mit den Ländern über den Ausbau von Ganztagsschulen in Aussicht stellen, hat die SPD im Wahlprogramm verankert, sich für mehr Ganztagsbetreuung von Schulkindern starkmachen zu wollen.

80 Prozent helfen bei den Hausaufgaben

So recht trauen scheinen die Eltern der Ganztagsbetreuung aber nicht. Damit ihre Kinder bestmöglich gefördert werden, wollen fast 80 Prozent der Eltern ihren Kindern weiterhin bei den Hausaufgaben helfen. Das ist in den skandinavischen Ländern wie Schweden völlig anders. Dort betrachten Eltern die Schule als den wichtigsten Bildungsort. Krippen, Kitas und Ganztagsschulen sind dort seit Jahrzehnten normal.

Familienpolitische Leistungen wie Kinder- und Elterngeld, Zuschüsse für Alleinerziehende und Steuererleichterungen dagegen stehen hierzulande hoch im Kurs. Das Elterngeld wird von 87 Prozent der NutznießerInnen als positiv angesehen. Das Kindergeld betrachten 90 Prozent als „große Hilfe“.

Allerdings klafft eine Lücke zwischen den Schichten: Während 58 Prozent der Geringverdienenden sich mehr finanzielle Leistungen wünschen, ist Befragten mit einem Einkommen ab 3.000 Euro an vor allem mehr Zeit mit den Kindern wichtig.

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2 Kommentare

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  • U
    unbenannt

    Wenn Eltern ihre Kinder in Ganztagsschulen unterbringen wollen, dann müssen sie auch entsprechend dafür zahlen. Es kann ja nicht angehen, das Eltern die Gelder vom Staat annehmen, jedoch die Erziehung den Lehrern überlassen.

    Welche Mutter ist in der Lage 25 und mehr Kinder zu betreuen, aber von den Lehrern verlangt man das.

    Wenn hier zu lesen ist lt. Umfrage wollen dennoch die Eltern die Hausaufgaben betreuen, warum sind dann so viele Kinder so schlecht in der Schule, das sie den Abschluss nicht schaffen.

    Dann sind da ja noch die moslemischen Eltern, über die zu lesen war, sie befürchten, das ihre Kinder zu sehr verdeutscht würden.

  • LL
    lehrer Läpel

    Das ist sehr schön. Natürlich ist an den Schulen längst bekannt, dass sich Eltern die Ganztagsschule wünschen. Damit können sie dann den letzten Rest an Erziehungspflicht an die Lehrer vollends delegieren. Aber wehe, der Lehrer nimmt das Erziehen ernst, dann stehen die Eltern auf der Matte des Schulleiters und beschweren sich, wie ruppig doch mit dem zart besaiteten und hochbegabten Nathanael-August umgegangen wird, oder niemand vom Kollegium die künstlerischen Neigungen ihrer Amanda-Chantal wirklich fördert.

     

    Die deutsche Ganztagsschule ist aber zu einer Schule mit ganztägigem Pauken verkommen. Schulsport findet nachmittags nicht mehr statt, weil die Turnhallen an die Vereine vermietet sind, was der Stadt bares Geld einbringt, Aktivitäten der Freizeitpädagogik, wo Kinder selbstbestimmt einmal die theoretischen Kenntnisse praktisch erproben können, was zuvor durch Jugendgruppen geleistet werden konnte, fällt aus, weil in der Schule für die 6. Klasse in der 7. Stunde Physik oder Mathematik auf dem Stundenplan steht.

     

    Diese Misere begleitet das deutsche Schulwesen seit Jahrzehnten. Liegt es vielleicht daran, dass deutsche Erwachsene das Wesen eines Kindes nie verstehen wollten und daher reine Zweckpädagogik betreiben? Zu Preußens Zeiten sollten gute Soldaten und vorbildliche Mütter geformt werden und heute Kinder, die ständig im ranking mit ihren Mitschülern stehen, damit sie nicht die elterliche Vision vom Vorstandsvorsitzenden eines DAX-Unternehmens aus den Augen verlieren?