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Studie zu unethischen GeschäftsmodellenDreckige Milliardengewinne

Gazprom, Rio Tinto, Adidas, Nestlé, Deutsche Bank. Das sind nur einige der Unternehmen, die Teile ihres Profits mit unsauberen Praktiken erwirtschaften.

Ein Trikot, zwei Akteure in der Kritik: Gazprom für Umweltsünden, Adidas für Arbeitsbedingungen. Nur Schalkes Adam Szalai kann in dem Fall nichts dafür. Bild: dpa

BERLIN taz | 26 Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen und 19 Finanzinstitute, die wegen diverser Verstöße gegen Menschenrechte und Umweltschutz oder deren Finanzierung aufgefallen sind: Sie stehen im Mittelpunkt einer neuen Studie mit dem Titel „Dirty Profits 2“, die mehrere Nichtregierungsorganisationen wie Urgewald, Solidaritätsdienst international und EarthLink am Montag in Berlin vorstellten.

Die schmutzigen Milliardengewinne basieren demnach auf Menschenrechtsverletzungen, Korruption, Ausbeutung und Umweltzerstörung. All dies gehöre immer noch zum Geschäftsmodell global agierender Unternehmen.

„Noch immer überprüfen die Finanzhäuser weder die Unternehmen selbst noch ihre geplanten Investitionen hinreichend auf ihre ökologische und soziale Verträglichkeit“, heißt es in dem Report, dessen erste Version 2012 erschienen war. „Mit ihren unkritischen Finanzspritzen für Umweltsünder und Menschenrechtsverletzer wie Gazprom oder Glencore unterstützen Finanzinstitute Rohstoffplünderungen, Menschenrechtsverletzungen und Klimaerwärmung“, erklärt Barbara Happe von der Menschrechts- und Umweltorganisation Urgewald.

Bei den 26 Unternehmen handelt es sich vor allem Rohstoffkonzerne wie Rio Tinto oder Shell, aber auch um Firmen wie den Agrargiganten Monsanto, die Rüstungsschmiede Rheinmetall und den Atomkonzern Areva. Zusammen erzielten sie allein im vergangenen Jahr einen Gewinn von mehr als 90 Milliarden Euro.

Banken finanzieren die Geschäfte

Knapp 33 Milliarden Euro stellten die 19 untersuchten europäischen Banken und Versicherungen zwischen 2011 und 2013 diesen Unternehmen zur Verfügung – direkt durch Kredite und indirekt durch die Ausgabe von Aktien und Anleihen. Das meiste Geld sei von der Deutschen Bank, der Credit Suisse und der französischen BNP Paribas gekommen. Gazprom etwa erhielt im Untersuchungszeitraum 3,4 Milliarden Euro. Gegen die Ölbohrungen des Konzerns in der Arktis hatten die Greenpeace-Aktivisten demonstriert, die wochenlang in russischen Gefängnissen saßen.

Ein bei den Banken besonders beliebter Kunde ist Glencore Xstrata, einer der führenden Bergbaukonzerne der Welt. Er ist beteiligt an der britischen Firma Lonmin, in deren Marikana-Platinmine in Südafrika 2012 bei einem Streik 34 Menschen erschossen und 78 verletzt wurden. Ähnliche Vorfälle gab es in Peru. Die Europäische Investitionsbank habe wegen Vorwürfen wegen Steuervermeidung und gravierender Umweltprobleme alle neuen Kredite an Glencore eingefroren. Die untersuchten Finanzinstitute machten für die Firma jedoch insgesamt 6,5 Milliarden Euro locker.

Mit ihrer Kohle- beziehungsweise Ölförderung tragen Glencore und Gazprom überdies stark zum Klimawandel bei. Diese Ergebnisse decken sich mit einer Erhebung der ökologischen Ratingagentur Oekom, die nur bei 23 von 294 untersuchten Banken ein glaubwürdiges Engagement für die Nachhaltigkeit ihrer Geschäfte fand.

Von Grundwasser-Raubbau bis Kinderarbeit

Zu den kritisierten Unternehmen gehören Adidas wegen schlechter Arbeitsbedingungen und Ausbeutung von Arbeitern bei seinen Zulieferern sowie Nestlé, dem Raubbau am Grundwasser, Missachtung von Gewerkschaftsrechten in Kolumbien und Kinderarbeit in westafrikanischen Kakaoplantagen zur Last gelegt wird.

Selbstverpflichtungen der Finanzinstitute seien offenkundig unzureichend, lautet das Resümee der NGOs, die sich zu einer Kampagne unter dem Titel „Facing Finance“ zusammengeschlossen haben. Sie fordern stattdessen klare Vorgaben des Gesetzgebers. Außerdem dürften künftig staatlich geförderte Finanzanlagen wie etwa Riester-Renten nur dann Zuschüsse erhalten, wenn dabei bestimmte ethische und ökologische Mindeststandards beachtet werden.

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10 Kommentare

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  • HS
    Hari Seldon

    @vergessene liebe:

     

    Bitte, genau die Kommunisten (gesteuert aus Moskau) haben Ihre "globale Werte" damals vertreten. Die Ideen waren---mindestens auf Papier und in der "Prawda"---sehr schön, aber die Wirklichkeit sah ganz anders aus (bitte, denken Sie hier nur an die DDR, Stasi, IMs, usw.). Bitte, keine globale "Weltregierung" mehr. Die Manipulation von einer Weltregierung ist natürlich viel enfacher als die Manipulation von vielen Regierungen.

     

    Dann stellt sich die Frage der Legitimität der NGOs auch. Bitte, sind Sie sicher, dass die Menschen genau solche NGOs in der Regierungen haben wollen? Die Wahlen auf aller Welt zeigen ein ganz anderes Stimmungsbild.

  • T
    tremba

    So, und nun: "Empört euch!".(?)

    Um diese ganzen Zusammenhänge nun noch ökologisch und sozial, von oben herab, zu optimieren bräuchte es eine Weltregierung. Und dann? Wenn diese soviel Macht hätte, auch den Großen vorzuschreiben, was diese tun dürfen, was würden die dann erst den Kleinen, mir z.B., alles vorschreiben. Gebe es dann wieder Denkverbote a la DDR ("Du trägst ja 'ne Westtüte. Schämst du dich nicht? Unterstützt du den Klassenfeind? Wer sind eigentlich deine Eltern, sind die nicht in _der_ Partei? Wie läufst du überhaupt rum?) oder China ("Du trägst ein Kopftuch (muslimische Uigurin) - du kriegst die Beamtenstelle nicht" oder, "wir reißen dir das jetzt runter!"). Und was ist eine Weltregierung ohne einen Weltgeheimdienst?

    • C
      cosmopol
      @tremba:

      Alles denkbar. Aber wieso sollte ein (zumindest demokratischer) Weltstaat auf Feindbilder setzen, wenn er diese Menschen vertreten müsste.

      Und wieso denken wir im Bezug auf globale Strukturen immer in Superstaaten? Weil wir es nicht anders gewohnt sind? Wäre nicht auch ein selbstregulierendes, auf bestimmte Grundsätze abgestimmtes Konglomerat unzähig vieler, zivilgesellschaftlicher EInheiten denkbar? Globale Reise- und Organisationsfreiheit die Wohlstandsgefälle beseitigen hilft? Grenzen des sag- und denkbaren kennt übrigens jede (nationalstaatliche oder anderweitige) Gesellschaft. Eine globale würde diese Grenzen vielleicht in die Richtung von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit bewegen können (und da sollten sie auch sein). Eine "Weltregierung ohne Weltgeheimdienst" ist sicher eines – transparent und auf dem richtigen Weg. ;)

  • NE
    Noch ein dreckiges 9-Milliarden-Euro Geschäftsmodell

    Besonders unethisch ist das Geschäftsmodell des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Einzelne Interessensverbände organisieren die Manipulation der Bürgerinnen und Bürger, die obendrein auch noch gezwungen werden, dafür zu zahlen, egal ob sie das Programm wollen oder nicht. In allen anderen Bereichen des Lebens würde man dieses Geschäftsmodell mit den Worten Nötigung, Erpressung und Raub beschreiben.

  • Wie schrecklich realistisch dieser Artikel von Nicola Liebert !

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    WAS TUN ???

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    Mir kommt PLATONS Beschreibung von ATLANTIS in den Sinn:

    Implizit wird darin gesagt, das Atlantis aufgrund von menschlichen Lügen, Habgier und Neid ( Abwesenheit von Liebe, Wahrheit, Solidarität...) durch vulkanische Erdbeben und Flutkatastrophen sich selbst zerstörte...

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    Irgendwie hat der Text von Nicola Liebert so etwas wie eine `Atlantis- Dimension´:

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    Jedoch ? Die individuellen Menschen- ALLE ! - Lieben die Ideen von sozialer Gerechtigkeit,Sorge, Frieden und Solidarität und Wahrheit.. ( So mein privater Eindruck..)

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    Was da jedoch `stinkt´ und evtl. atlantische Katastrophen provozieren könnte...

    ist eigentlich nur die religiöse -historische Wertestruktur der grossen Staats-und Ökonomisch- industriellen Systeme des NEOLIBERALISMUS !

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    Die, im Text genannten ökonomisch-politisch-ideologischen Machtsysteme sind eigentlich nur negative `Fossilien´ die als Stimulanz für `neue, globale Werte: Für Frieden, Solidarität und sowas wie `soziale Genügsamkeit´ gelten dürften!

  • B
    bittermann

    Und was sagt die Europäische Kommission zum Geschäftsmodell von Gazprom? "Die Europäische Kommission hat die geplante Übernahme i) der gemeinsamen Kontrolle über WINZ und Wintershall Services (Niederlande) und ii) der alleinigen Kontrolle über Wingas und WIEH (Deutschland) durch den russischen Energiekonzern Gazprom nach der EU-Fusionskontrollverordnung freigegeben. Die Kommission ist nach Prüfung des Vorhabens zu dem Schluss gelangt, dass die geplante Übernahme keinen Anlass zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken gibt." Brüssel, 4. Dezember 2013

  • C
    cosmopol

    Es gibt keine "ethischen Geschäftsmodelle". Fair trade is a contradiction, der Kunde ist zwar ziemlich nackt, aber deswegen noch lange nicht König (und kann demnach auch nicht im Geringsten an der Supermarktkasse über die Produktionsverhältnisse abstimmen). Kapitalismus an sich basiert auf "Menschenrechtsverletzungen, Korruption, Ausbeutung und Umweltzerstörung." Ohne das alles ist eine konkurrenz- und profitorientierte Wirtschaftsweise nicht zu haben, und der Aufruf zu ethischem Verhalten steht immer im Widerspruch zu dem was Marktlogik entsprechend "rational" wäre. zB jede Art von staatlicher Vorgabe, Selbstverpflichtung, Ethikkomission, Sozialbeitrag, feeld good Agenda etc aufzuweichen/auszuhöhlen soweit es geht.

    Der Witz bei der Sache: Staaten befinden sich qua politischem System ebenfalls in einer sich verschärfenden, internationaler Konkurrenz um Ressourcen und Einflussphären. Und auch damit werden zwangsläufig elementarere Interessen generiert als Sozialstandards (die sind halt "nice to have"). Um das zu realisieren muss mensch auch nicht irgendwie linksradikal sein, es reicht die ideologische "sozial(partnerschaftlich)e Marktwirtschafts-" bzw "green new deal-Brille" abzunehmen.

    • @cosmopol:

      Danke ! Klar `gesagt/ geschrieben´ @COSMOPOL ! Frage: Könnte mann/frau evtl. die Praxis gegenwärtigen kapitalistischen Machtgehabes... identifizieren als

      historisch gegebenes, religiöses Machtgehabe... von `ANTIAUFKLÄRUNG´ ?

      `Anciennes versus modernés´ ?

      • C
        cosmopol
        @vergessene Liebe:

        Puh. :D Ist natürlich die Frage was jeweils unter Aufklärung oder Moderne verstanden wird. Die klassische, bürgerliche Aufklärung hat die "Freiheit" sich und die Welt verkaufen zu müssen ja erst mit möglich gemacht. Leben wir in einer Post- oder eher prämodernen Zeit und was heißt das? Und ob mensch jetzt Warenfetischisierung als Ersatzreligion betrachten mag...

         

        Antiemanzipatorisch würde ich in jedem Fall unterschreiben.

  • J
    Jobst

    Schalke muß man in einem Atemzug mit Ausbeutern wie Tönnies, Gazprom und Adidas erwähnen. Na, wenn das kein Imagewandel von Malocher- zum Ausbeuterclub ist!