Studie zu jungen Medien-Formaten: Der neue Journalismus
Eine Studie der Otto-Brenner-Stiftung verteidigt teilinvestigative junge Formate. Sie wirft aber auch Fragen über die thematische Ausrichtung auf.
D ie Otto-Brenner-Stiftung (OBS) versteht sich ja als so eine Art „STRG_F“ des Medienbetriebs. Ihre Studien zu Redaktionen, medialen Spielarten und der Welt der Öffentlichkeit sind eintauchend und aufdeckend. Nah und journalistisch. Ehrlich und empathisch. Von daher ist es eine lustige Quadratur des Kreises, dass sich die gewerkschaftsnahe Truppe jetzt mit „STRG_F“ beschäftigt hat.
Genauer gesagt geht es um die teilinvestigativen Reporter*innen- und Presenterformate bei funk, also auch um „reporter“, „follow me.reports“ und „Die Frage“. Sie haben Erfolg, heimsen Grimme- und andere Preise ein und sind – schlimm. Das suggeriert jedenfalls der schön zugespitzte Studientitel „Journalistische Grenzgänger. Wie die Reportage-Formate von funk Wirklichkeit konstruieren“. Wie immer im Leben muss aber nichts so heiß gegessen werden, wie es gekocht oder gepressemeldet wird. Denn in Wirklichkeit ist die Studie des Journalistikprofessors Janis Brinkmann von der für innovativ-praxisnahe Ansätze bekannten Hochschule Mittweida (Offenlegung: Wir kennen uns und ich find die gut) eine Verteidigung der funk-Formate.
Denn funk wird ja vorgeworfen, es verschmutze „die mentale Psyche und Gesundheit“ (Wolfgang M. Schmitt) bzw. dort würde „Vielfalt zur Einfalt“ verdichtet (Neue Zürcher Zeitung). Das ist allerdings das gleiche Missverständnis, das schon ein gewisser Sokratoteles mit der Jugend hatte. funk hat eine andere Zielgruppe, genauer gesagt junge Menschen. Und funk, bzw. die von Brinkmann akribisch untersuchten Formate, sind junger Journalismus bzw. „New Journalism“, wie es in der Studie heißt.
Enge Themenauswahl und kaum Osten
Der bricht nun „mit vielen klassischen journalistischen Normen und setzt statt auf nüchterne Information radikal auf Subjektivität, Personalisierung und Emotionen“, so Brinkmann. „Den neuen heißen Scheiß verteidigen, weil die Formate eigentlich durch das Prüfregister gefallen sind“, meint die Mitbewohnerin. „Aber auch nur, weil das Prüfregister veraltet klassisch journalistisch, das Neue aber leider geil ist; und einer muss die Brücke wohl schlagen.“ Erfunden haben „New Journalism“ in den 1970ern Gestalten wie Hunter S. Thompson und Norman Mailer. Aber bevor jetzt jemand „Gonzo“ schreit, gemach! Wir sind mit funk immer noch bei ARD und ZDF.
Subjektivität, Personalisierung und Emotion sind Teil des Konzepts und gehen voll in Ordnung. Zu diesem Schluss kommt letztlich auch die OBS-Studie. Sie wirft aber auch berechtigte Fragen auf. Denn sie belegt z. B. eine ziemlich enge Themenauswahl bei „STRG_F“ & Co und moniert, dass der ländliche Raum kaum und der Osten so gut wie gar nicht vorkommen. Vielleicht sollte Janis Brinkmann die Ergebnisse einfach mal als Presenter-Reportage inszenieren und „STRG_F“ anbieten.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links