Studie zu Paketlieferanten: Linke für Verbot von Subunternehmen

Lange Arbeitstage, miese Arbeitsbedingungen – eine Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung blickt auf die Situation von Pa­ket­zu­stel­le­r*in­nen.

Ein Paketzusteller mit vielen Paketen an einer haustür

Paketzusteller in Düsseldorf: Die Arbeitsbedingungen können nur dann verbessert werden, wenn Subunternehmen abgeschafft werden Foto: Michael Gstettenbauer/imago

BERLIN taz | „Ein Verbot des Subunternehmerunwesens wäre zentral“, sagte Jörg Cezanne am Dienstagabend in Berlin. Der Linken-Bundestagsabgeordnete sprach auf einem Podium der Rosa-Luxemburg-Stiftung anlässlich der Vorstellung der neuen Studie „Ausgeliefert“, für die die Jour­na­lis­t*in­nen Jan Ole Arps und Nelli Tügel einen umfassenden Blick auf die sogenannte KEP-Branche – Kurier-, Express- und Paketdienste – geworfen haben.

Cezanne fasste damit das Fazit der Studie und des Abends zusammen: Die Arbeitsbedingungen der rund 130.000 Lie­fe­ran­t*in­nen von Amazon, DHL Express und Co. können nur verbessert werden, wenn sie direkt und sozialversicherungspflichtig bei den Auftraggebern angestellt werden und Subunternehmen abgeschafft werden.

Rund 40 Pakete bekommt jeder Mensch in Deutschland pro Jahr nach Hause geliefert. Die Coronapandemie bescherte der Branche einen Boom. Und der wiederum bedeutet: mehr Druck auf diejenigen, die die Pakete zu den Kun­d*in­nen bringen. „Treppe rauf, Treppe runter, bis zu 200-mal am Tag. Das ist der Takt der Arbeit, die Pa­ket­zu­stel­le­r*in­nen den ganzen Tag, oft mehr als zehn Stunden lang, oft sechs Tage die Woche verrichten“, schreiben Arps und Tügel im Vorwort.

Schaffen die Lie­fe­ran­t*in­nen das Pensum nicht, verlieren sie ihren Job beim Subunternehmen, berichtete Arps am Dienstagabend auf dem Podium. In normalen Arbeitszeiten sei das nicht zu schaffen, oft tragen die Lie­fe­ran­t*in­nen – meist Männer – die Pakete noch spät am Abend aus.

Wie lang die Arbeitszeiten tatsächlich sind, erfahre man nur in persönlichen Gesprächen mit den Beschäftigen, wie Tina Morgenroth von der Beratungsstelle Faire Mobilität des DGB berichtete. Die Arbeitszeit könne zwar mittlerweile automatisch erfasst, aber weiterhin manipuliert werden: Die Scanner würden erst eingeschaltet, wenn die Autos vom Hof der Paketlager fahren, und ausgeschaltet, sobald das letzte Paket ausgeliefert ist.

Mittagspausen würden automatisch abgezogen, ob sie eingehalten werden oder nicht. Überstunden würden oft nicht bezahlt, Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall verweigert. Dennoch: „Die meisten schlucken die Bedingungen, bis der Lohn ausbleibt“, so Morgenroth. Erst dann suchten sie nach Unterstützung.

Warum das funktioniert? Weil die meisten der Zu­stel­le­r*in­nen aus dem (osteuropäischen) Ausland kommen, kein oder kaum Deutsch sprechen und ihre Rechte nicht kennen. Und weil sie ohne Sprachkenntnisse und wegen weiterer bürokratischer Hürden keine Chance auf einen anderen Job haben.

Kleine Verbesserungen für die Fah­re­r*in­nen sieht das Mitte Juni vom Bundestag reformierte Postgesetz vor. 2025 soll es in Kraft treten. Ein Verbot von Subunternehmen in der Branche hat die FDP jedoch verhindert. Deshalb, so Cezanne, müsse nun wenigstens dafür gesorgt werden, dass alle Fah­re­r*in­nen auch bei Subunternehmen sozialversicherungspflichtig angestellt werden.

Dann wäre auch eine gewerkschaftliche Organisierung der Zu­stel­le­r*in­nen einfacher, ergänzt Studienautor Jan Ole Arps. Denn: Eine gewerkschaftliche Strategie für den Sektor, der in zig Unternehmen und Subunternehmen zersplittert ist, gebe es nicht. Das müsse sich ändern: „Ich wünsche mir, dass sich bei Verdi eine Taskforce Subunternehmen gründet.“

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