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Studie zu Hate-Speech im NetzFeindbild Medien

Hass und Aggressionen behindern die journalistische Arbeit zunehmend. Die Wut richtet sich nicht allein gegen Einzelne, sondern gegen den Berufsstand.

Brauchen Journalisten bald Polizeischutz? Der Hass im Netz jedenfalls nimmt zu Foto: dpa

Geht es um Flüchtlinge, Islam oder Putin, dann marschiert die Troll-Armee: Im Netz hagelt es Drohungen und Beleidigungen, die oft die Grenze zur Straftat überschreiten. Für viele Journalist_innen war das bisher eine vor allem gefühlte Wahrheit. Die Studie „Hass im Alltag Medienschaffender“ hat nun untersucht, wie oft Journalist_innen hasserfüllte Reaktionen auf ihre Texte bekommen und wie sie darauf reagieren.

Im November und Dezember 2016 befragte das Institut für Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) der Universität Bielefeld online 783 Journalist_innen. Der Mediendienst Integration hatte die Studie angeregt, die Fachverbände DJU und DJV den Kontakt zu den Journalist_innen vermittelt. Das Ergebnis der Studie unter Leitung von Madlen Preuß und Professor Andreas Zick: Viele Journalist_innen nehmen einen Anstieg von hasserfüllten Reaktionen wahr. Und noch mehr fühlen sich dadurch in ihrer Arbeit behindert – selbst wenn sie gar nicht direkt betroffen sind.

Die große Frage der Studie: Wie erleben Journalist_innen Gewalt und Diskriminierung? Welche Konsequenzen haben diese Angriffe auf ihre Arbeit? Die Bezeichnung „Angriffe“ ist dabei recht weit gefasst: Es geht um „verbale Beleidigungen, Anfeindungen, aber auch Aufrufe zur Gewalt und/oder Straftaten“. Das Spektrum reicht also von hasserfüllten Kommentaren im Internet bis zu physischer Gewalt auf Demonstrationen.

Angriffe auf Journalist_innen hätten in den letzten zwölf Monaten zugenommen – das sehen zwei Drittel der Befragten so. 27 Prozent von ihnen haben das in Bezug auf eigene Beiträge erlebt.

„Journalismus wird zum Feindbild“

Ein Viertel der Befragten wurde 2016 auf Demonstrationen, als Teilnehmende an Diskussionsrunden oder in Interviewsituationen verbal oder körperlich attackiert. 38 Prozent der Journalist_innen, die Zielscheibe von „Hate Speech“ wurden, wurden in sozialen Netzwerken oder Kommentarfeldern bedroht oder beleidigt. Die meisten Befragten (85 Prozent) gaben an, dass sie wegen ihrer Rolle als Journa­lis­t_innen angegriffen wurden. „Journalismus wird zum Feindbild“, erläutert Studienleiter Professor Andreas Zick. „Der Hass richtet sich gegen den Berufsstand.“

Besonders bei Außenterminen sind Journalist_innen Ziel von Angriffen, etwa bei Demonstrationen, Interviews oder Veranstaltungen. Vor allem Zeitungs- und Fernsehjournalist_innen sind betroffen, fast die Hälfte (48 bzw. 45 Prozent) erlebten 2016 Angriffe. Eine Journalistin schrieb in der Umfrage über körperliche Angriffe bei öffentlichen Veranstaltungen und Demonstrationen: „Diese Ereignisse verfolgen mich gelegentlich auch im Schlaf. Die Folgen sind Angstzustände und ein Gefühl der Ohnmacht.“ Ein anderer Journalist gab an, schon mehrfach aus Recherchen ausgestiegen zu sein, weil er seine persönliche Sicherheit gefährdet sah „und die Angst zu groß war“. Ein Teilnehmer der Studie sagte: „Publizieren wird zur Mutprobe.“

Etwa die Hälfte der Befragten nimmt die Angriffe als belastend wahr. „Fast jeder zweite Befragte, der bereits angegriffen wurde, äußerte Angst und Unsicherheit, dem Beruf nicht mehr so nachgehen zu können wie vorher“, sagt Madlen Preuß, Koleiterin der Studie. Und die Belastung geht über die Arbeit hin­aus: 30 Prozent der Befragten mit Angriffserlebnissen fühlen sich auch im Privatleben eingeschränkt, 15 Prozent der Nichtbetroffenen ebenfalls. „Offensichtlich bleibt der Hass nicht in den Redaktionen, sondern wird mit nach Hause genommen“, sagt Preuß.

Wie kann man reagieren? Besonders häufig forderten die Befragten mehr Solidarität von den Redaktionsleitungen. Hate Speech werde in der Redaktion überhaupt nicht thematisiert, sagt etwa die Hälfte der Befragten. Rund ein Drittel vermisst aktive Hilfestellung. Auch die Polizei schaue bei Demos zu oft weg oder verhalte sich nicht kooperativ, behindere mehr bei der Arbeit, „als uns zu unterstützen und zu schützen“, kritisiert ein Befragter.

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4 Kommentare

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  • Wenn ich nicht irre, empfinden es nicht nur Journalisten als "Mutprobe" eine Meinung nicht nur zu haben, sondern auch offen kund zu tun. Für die meisten anderen Menschen hierzulande ist die Erfahrung eher alt. Es gäbe sonst nicht ganz so viele Leute, die ihre Unsicherheit in Sätze kleiden wie: "Das wird man wohl noch sagen dürfen!"

     

    Bisher haben sich Journalisten offenbar vergleichsweise geschützt gefühlt. Die Nachricht, dass sie sich derzeit zu fürchten haben, wär sonst gar keine Nachricht, oder doch? Und Anlass für 'ne Studie vermutlich auch bloß nicht.

     

    Als vierte Gewalt waren die Meinungsmacher bisher Teil des Macht-Systems (Checks and Balances). So lange sie nicht Kriegsberichterstatter waren, waren sie dank des Artikels 5 des deutschen Grundgesetzes relativ sicher, auch wenn sie nicht als Hofberichterstatter tätig gewesen sind. Das fein tarierte Gleichgewicht scheint irgendwie verschütt gegangen zu sein.

     

    Musste der Journalismus bislang nur gegen (andere) Machthaber verteidigt werden, scheint die Gefahr neuerdings vor allem von unten zu drohen, vom sogenannten "kleinen Mann". Gegen den hilft die Pressefreiheit nicht. Die Pressefreiheit bindet nur staatliche Stellen. Dem "kleinen Manne" gegenüber sind Journalisten zwar privilegiert, tatsächlich abgesichert aber sind sie nicht.

     

    Ich warte täglich darauf, dass nun ein sogenanntes striktes Recht gefordert wird, dass daran (aber wirklich!) etwas ändert. Was jetzt noch die Mut-Probe ist, wird wohl tatsächlich Mut erfordern, wenn das Gesetz, was mich nicht wundern würde, kommt.

     

    Bisher sind Journalisten gleich vor dem Gesetz, das etwas gegen Tätlichkeiten hat. Wenn's nach Herrn Malte Göbel ginge, wären sie jetzt schon sehr viel gleicher. 'Angst essen Seele auf', hieß mal ein Film. Und wenn die erst mal aus ist, frisst sie auch den (politischen) Verstand, wie's scheint.

  • Als erstes möchte ich betonen, dass es völlig inakzeptabel ist, in irgend einer Art und Weise, Menschen überhaupt, insbesondere Medienschaffende verbal oder physisch Anzugreifen!!!

     

    Mit der häufig an den Tag gelegten Arroganz diese Berufszweiges gegen über der Bevölkerung diese Landes und Weltweit, können viele Menschen nicht mehr umgehen.

    Durch die Medien werden immer wieder ganze Bevölkerungsgruppen als „Ungebildet bis Dumm“ betitelt, nur weil sie die von den Medien geschürten Ansichten nicht teilen wollen.

    Viele Medienschaffende sind in ihren Artikeln gegenüber des sogenannten Otto – Normal – Verbrauchers überheblich, allein in dem sie permanent darauf pochen, dass nur ihre Sicht der Dinge die richtige ist.

     

    Wer sich in den letzten 30 bis 40 Jahren mit der Verbreitung der Medien auseinander gesetzt hat musste auch Feststellen, dass die Qualität der Recherchen zu diversen Begebenheiten sehr stark nachgelassen hat.

    Es werden heutzutage sehr schnell irgendwelche Nachrichten, ohne sich die Zeit genommen zu haben, ohne weitere Recherche veröffentlicht. Dies sollt eigentlich gegen den journalistischen Kodex verstoßen, und deshalb nicht vorkommen.

     

    Wenn der Leser einer Zeitung sich durchringt einen Kommentar zu verfassen, um am öffentlichem Leben teilzuhaben, werden diese Artikel oft wegen der sogenannten Nettikette nicht veröffentlicht, obwohl dieser oder jener Beitrag ordentlich und sachlich verfasst wurde, aber er passt den Redakteuren nicht.

    Selbst wenn diese Artikel ohne Hass – Speech und ohne andere Beleidigungen verfasst wurden, werden Meinungen oder Anregungen unterdrückt, denn es würde der Ausrichtung nicht entsprechen, Wo bleibt bei der Journalistischen Arbeit denn das Ertragen anderer Meinungen und Ansichten.

     

    Dies setzt sich in den Medien auch in der Weltsicht durch, keine anderen Meinungen zu publizieren als die Eigene.

    Das dadurch Menschen aufgebracht sind, sollte klar sein, aber die geschilderten Auswüchse sind auf das Härteste zu Verurteilen!!!

    • @urbuerger:

      Auf den Punkt gebracht. Danke!!

  • Bemitleidenswert - soweit so gut

    Aber warum ist das so? Warum werden Journalisten/innen beschimpft? Gibt es da keine Untersuchung der Gründe? Sind denn wirklich so viele Leser/Hörer/Zuseher nahe am Verbrecher? Ist das "Empört Euch!" zufiel?

    Und es gibt noch so viele Fragen mehr, die sich die andere Seite, die Leser/Hörer/Zuseher tagtäglich stellen müssen, um halbwegs aus dem doch immer wieder festzustellenden wohlwollenden, obrigkeitshörigen Einheitsbrei eine halbwegs eigene Meinung herauszufinden. Denn Vertrauen haben die Medien längst aufgebraucht und es wird wohl in unserer Zeit, dieser schlimmen Zeit, nicht wieder kommen.

    Viele Grüße