Studie zu „Brückentechnologie“: Fracking ist kein Klimaretter

Der Gas-Boom senkt die Emissionen nicht, sondern erhöht sie, haben Wissenschaftler berechnet. Verdrängt wird neben Kohle auch Ökostrom.

Protest gegen Fracking Ende September in Berlin Bild: dpa

BERLIN taz | Unkonventionelles Gas, das durch die Fracking-Methode gewonnen wird, ist offenbar keineswegs ein Klimaretter. Die Hoffnung, dass die Ausweitung des relativ sauberen Gasverbrauchs die Treibhausgas-Emissionen weltweit sinken lassen kann, ist einer aktuellen Studie zufolge trügerisch. Statt sinkender Klimabelastung durch eine Verdrängung der Kohle aus dem Energiemix befürchten die Autoren bis 2050 sogar deutlich höhere Emissionen.

Beim Fracking wird Gas aus unterirdischen Gesteinsschichten mithilfe von Wasser und Chemikalien freigesetzt. Von Befürwortern wird dies gern als Lösung des Klimaproblems dargestellt: Das Gas, das bei der Verbrennung nur halb so viel CO2 produziert wie Kohle, werde diese dreckige Energieform verdrängen und eine „Brücke“ ins Zeitalter der erneuerbaren Energien schlagen.

So argumentieren bislang nicht nur Experten der fossilen Industrie, sondern auch unabhängige Wissenschaftler. In den USA hat der Fracking-Boom die Preise für Gas und Öl sinken lassen und auch die Treibhausgas-Emissionen gesenkt, weil Kohlekraftwerke vom Netz gingen. Auch der UN-Klimarat IPCC schreibt in seinem aktuellen Bericht, das umstrittene Gas könne für eine Übergangszeit „die Emissionen begrenzen“.

Dem widerspricht nun eine neue Studie von fünf Forschungsgruppen aus den USA, Deutschland, Italien, Österreich und Australien, die mit Computermodellen simuliert haben, welche Auswirkungen eine Steigerung des Gasverbrauchs um 170 Prozent bis zum Jahr 2050 hätte.

Forscher dachten zunächst an einen Fehler

„Als wir kaum Veränderungen bei den Treibhausgasemissionen bemerkten, dachten wir zuerst an einen Fehler, weil wir mit erheblichen Minderungen gerechnet hatten“, sagt der leitende Wissenschaftler James Edmonds vom US-Institut PNNL des nationalen Energieministeriums laut dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), das ebenfalls an der Untersuchung beteiligt war.

Allerdings kamen alle fünf Modelle zu ähnlichen Ergebnissen, die nun in der wissenschaftlichen Zeitschrift Nature veröffentlicht wurden. Demnach würde auch ein weltweiter Gas-Boom in der Summe den CO2-Ausstoß um höchstens 2 Prozent senken, wahrscheinlich aber erhöhen – um bis zu 11 Prozent. Der Grund: Durch die billige Energieform sänken die Preise, der Verbrauch werde angeheizt, weil sich Energiesparen nicht mehr lohne. Außerdem verdränge das billige Gas nicht nur Kohle, sondern auch CO2-arme Techniken wie Solarkraft, Windenergie und Atomkraft vom Markt.

Die Studie bestätigt Befürchtungen eines Expertenteams der US-Universität Stanford aus dem letzten Jahr. Für den PIK-Ökonomen Ottmar Edenhofer zeigt sie, dass Fracking kein Ausweg aus der Klimakrise ist: „Eine wirksame Stabilisierung der Klimas ist nur durch eine Bepreisung von Emissionen möglich.“

Ein Klimaproblem hat Fracking noch aus einem anderen Grund: Bei dem Verfahren entweicht mehr Methan als bei normalen Gasquellen. Methan ist ein sehr wirksames Treibhausgas. Deshalb befand 2011 eine Studie in der Zeitschrift Climatic Change, dass die Treibhausbilanz von Fracking-Gas kurzfristig sogar zwischen 20 und 100 Prozent höher sei als bei der Kohle und „über einen Zeitraum von 100 Jahren vergleichbar“.

Außerdem wird Fracking wegen seines hohen Wasserverbrauchs, der Erdbebengefahr und möglichen Risiken für das Grundwasser von vielen Umweltverbänden abgelehnt.

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