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Studie zu Akzeptanz von HomosexualitätSchwul und lesbisch in Osteuropa tabu

Die Mehrheit der Bevölkerung in Polen, Bulgarien, Litauen oder Russland akzeptiert keine Homosexualität. Das ist das Ergebnis einer niederländischen Studie.

Leicht bekleidete Homomänner sehen viele Menschen in Ost- und Mitteleuropa gar nicht gern. Bild: ap

DEN HAAG dpa | Homosexuelle werden in Europa noch immer diskriminiert. Das ergeben Studien, die am Donnerstag in Den Haag bei der ersten europäischen Konferenz für die Rechte und die gesellschaftliche Akzeptanz von Homosexuellen präsentiert wurden. Europa müsse mit einem Aktionsprogramm für rechtliche Gleichstellung und gegen Gewalt eintreten, forderten Minister und Homosexuellen-Verbände.

Seit 1980 werde Homosexualität zwar im allgemeinen mehr akzeptiert, stellt eine wissenschaftliche Studie im Auftrag der niederländischen Regierung fest. Doch vor allem in Mittel- und Osteuropa bleibe sie ein Tabu.

Die Mehrheit der Bevölkerung in Polen, Bulgarien, Litauen oder Russland verurteilt demnach Homosexualität. „Mehr als 70 Prozent der Russen sind der Ansicht, dass schwule oder lesbische Bürger nicht so leben dürfen, wie sie wollen.“

Einen europäischen Aktionsplan gegen Diskriminierung forderte die internationale Vereinigung von Lesben und Schwulen auf der Den Haager Konferenz. Trotz neuer Gesetze wie Diskriminierungsverbote oder das Recht zu heiraten nehme Gewalt und soziale Isolation zu, stellt der Verband in seinem „Europäischen Regenbogen Index“ fest. „Diskriminierung ist leider für viele noch immer ein lebenslanger Begleiter“, sagte die Direktorin des Verbandes, Evelyn Paradis.

Europäischer Aktionsplan

Die niederländische Ministerin für Gleichstellung, Jet Bussemaker, kündigte an, dass sich ihre Regierung für einen europäischen Aktionsplan einsetzen werde.

An der zweitägigen Konferenz nehmen zahlreiche Minister unter anderem aus Finnland, Polen, Großbritannien, Belgien und Schweden sowie Vertreter des Europarates und von Menschenrechtsorganisationen teil. Es ist das erste europäische Treffen zum internationalen Tag gegen Homophobie am 17. Mai.

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15 Kommentare

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  • H
    Hans

    @Benz:

    Ein Stück weit schon, da es die persönliche Entfaltung ungebührlich einschränkt.

    Zumindest bei Nacktheit kann ich es nicht verstehen. Bei ausgeübtem Geschlechtsverkehr in der Öffentlichkeit bin ich zwiegespalten. Vielleicht bin ich da noch zu konservativ erzogen worden ^_^

     

    Aber jetzt mal die Frage:

    Was hat das eine mit dem anderen zu tun.

    Die Queers wollen nicht in der Öffentlichkeit ficken dürfen, sie wollen die gleichen Rechte.

     

    Äpfel mit Birnen, dramatisch inszeniert und vom Thema ablenkend. Schwach.

  • D
    Deutsch-Pole

    ...und Polen liegt nicht in Osteuropa. Merkt euch das endlich mal oder lernt anständig Geographie!

  • D
    Deutsch-Pole

    Als ob es in Deutschland oder im Westen auch nur einen Deut besser wäre...

  • B
    Benz

    @Hans

    Und was ist mit den Vorschriften, die uns Bürgern verbieten in der Öffentlichkeit Geschlechtsverkehr zu haben oder uns nackt zu zeigen? Sind die auch diskriminierend?

     

    Dass der Mensch seine Triebe nicht überall auslebt, ist genau das was ihn vom Tier unterscheidet. Wenn Sie mehrere Jahrtausende Zivilisation rückgängig machen wollen...

  • H
    Hans

    @Benz:

    Diskriminierung sexueller Präferenz/Identität ist genau so inakzeptabel, wie Diskriminierung des Geschlechts (wenn man das Geschlecht überhaupt alsKonstrukt akzeptiert), der Ethnie, Religion, des Alters, der körperlichen/geistigen Fähigkeiten, etc.

     

    Den Menschen vorzuschreiben, Ihre sexuelle Identität in der Öffentlichkeit zu verstecken ist genau so, als würde man einer Frau vorschreiben, sich in der Öffentlichkeit gegen ihren Willen zu verhüllen oder einem Christen das öffentliche Tragen eines Kreuzes zu verbieten.

  • B
    Benz

    @Hans

    Ach Hans... Haben Sie auch gute Argumente? Dass es in jeder Gesellschaft Benimmregeln gibt, an die sich die Gesellschaftsmitglieder halten und ohne die das Zusammenleben nicht möglich wäre, wissen Sie ja wohl auch. Vielleicht halten Sie auch die allgemeine Regel, dass Rechtsverkehr gilt, für diskriminierend? Oder sind gegen die Regel, dass man sich zur Begrüssung die Hand gibt?

  • H
    Hans

    @Benz:

    So wie es früher mit Menschen mit dunkler Hautfarbe auch war. Schrecklich, dass die der Mehrheit ihren Minderheitenwillen aufgezwängt haben, sie nicht mehr als minderwertige Untermenschen und Sklaven zu behandeln.

     

    Schrecklich, dass behinderten Menschen erlaubt wird, ihre Behinderung in die Öffentlichkeit zu tragen.

     

    Schrecklich, dass Juden nicht mehr in Ghettos leben müssen und frei ihre jüdische Religion verbeiten dürfen.

     

    Schrecklich, dass die Kreuzgläubigen ihre Religion offen leben dürfen und nicht mit dem Rest der Welt die alten Götter anbeten.

     

    Die Liste der historischen Diskriminierungen geht ewig weiter. Wollte nur mal ein paar schön plakative Beispiele einwerfen.

     

    Tja, die Welt ändert sich, und so sehr sie an ihrer mittelalterlichen Weltsicht auch festhalten wollen, irgendwann wird aus der Weltmehrheit (und ja, da geb ich ihnen Recht, die Mehrheit der Menschen auf der Welt ist queeren menschen negativ gegenüber eingestellt) eine Mionderheit und die Welt wird es überleben.

     

    „Wenn Schwule heiraten dürfen, wird der Bund der heiligen Ehe entweiht! Kulturkreise werden zusammenbrechen, Flüsse aus Blut werden durchs Land fließen, die Nazis werden wieder auf Dinosauriern durch die Gegend reiten.“

    -Prinzessin Clara, Drawn Together

  • B
    Benz

    Es ist mittlerweile auch schon wissenschaftlich belegt: In Osteuropa ist öffentlich zurschau gesteller Homosexualismus total unüblich. Wann endlich werden diese Erkenntnisse wahrgenommen und hört man auf, auf Teufel komm raus für jede osteuropäische Stadt eine Gay Pride zu fordern?

     

    @Tobilah

    ''allgemein niedriges Bildungsniveau'' aber dafür kreuzfalsch autHoritär schreiben. Naja...

    Auch historisch (''Druck eines autHoritären Regimes zugunsten der Orthodoxie'') liegt bei Ihrem Beitrag einiges im Argen. Die Kommunisten unterdrückten das orthodoxe Christentum jahrzehntelang. Seit der Kommunismus vorbei ist, können die Menschen ihren Glauben wieder frei ausüben.

     

    @Westschnecke

    In Ostasien, Indien, Afrika, Südamerika, Osteuropa, Nahost- überall ist öffentlich zurschau gestellte Homosexualität total unüblich. Es ist in diesem Fall Westeuropa, das sich einmauert und sich den internationalen Standards verweigert.

  • AS
    aron shartzman

    An Tobilah,

     

    Das Bildungsniveau in Osteuropa ist meistens höher als im Westen, insbesondere wenn man NRW oder Berlin als Vergleich herannimmt.

     

    Auf musikalische Bildung wird hier noch mehr wert gelegt, an Schulen wird zum einen richtig gepaukt, also Fakten wissen und auch Grammatikdrill. Schachspielen gehört zum guten Ton. Wir nutzen gerade viele bürgerliche Bücher, um sich von Idealen des proletarischen Arbeiters zu distanzieren. Auch im Jahr 2013 herrscht noch eher viel Not. Ein Alltag ohne viel Geld verlangt auch ein höheres Mass an Kreativität. Osteuropäer sind eher Kesselflicker wie dieser Mcgywer aus der TV. Serie als die Konsumenten im Westen. Hedonismus kommt später in der Bedürfnispyramide

    Sie sind leicht herablassend aber ohne Kenntnisse.

     

    Ihr Kommentar trieft nur so von Vorurteilen und Ressentiments. Homosexuellen erging es in der achjaso tollen atheistischen Sowjetunion auch nicht besser, es gab Lagerstraffen auf solches verhalten. Ähnlich übrigens wie in Cuba unter Castro.

     

    Der Komiker in die USA emigrierte Yakov Smirnoff brachte es ironisch so auf den Punkt:

    "We have no gay people in Soviet-Union — there are homosexuals but they are not allowed to be gay about it. The punishment is seven years locked in prison with other men and there is a three-year waiting list for that."

  • H
    Hans
  • F
    Fatima

    Es gibt noch mehr Länder die keine Homosexuellen dulden, ja, in diesen Ländern werden Homosexuelle sogar öffentlich an Baukräne aufgehängt. Um welche Länder es sich handelt sage ich lieber nicht, das wäre politisch unkorrekt.

  • H
    Henry

    Zwei Dinge möchte ich beitragen:

     

    1.) Diskriminierung hat viele Gesichter - gewalttätige und banale, alltägliche. Beide begegnen Schwulen und Lesben immer wieder; auch mir. Vor wenigen Wochen etwa musste vor einem Gericht für mich und meinen Mann, sorry "Lebensverpartnerten", entschieden werden, dass ich im Rahmen einer simplen jährlichen Wohnungseigentümerversammlung seine/unsere Interessen vertreten darf OHNE eine notarielle Beglaubigung anzuschleppen. Die von uns ja selbst bezahlte Hausverwalterin verweigerte mir, als ich einmal allein die Versammlung besuchte, mein Stimmrecht, weil (so ihr Anwalt in einem Schreiben) die eingetragene Lebenspartnerschaft der Ehe nicht gleich gestellt sei und weil ja nicht sicher ist, ob diese Lebenspartnerschaft überhaupt noch bestehe. Stell sich einer vor, letzteres hätte zu man einer Hetero-Ehe schriftlich dargelegt ...

     

    2.) Der einzige gemeinsame Nenner, homosexueller Menschen ist die sexuelle Orientierung. Ansonsten gibt es bekanntlich solche, solche und gestreifte. Dass auf CSDs oder ähnlichen öffentlichen Auftritten das - vielleicht auch aus Trotz und gerade einer "jetzt-erst-recht-Haltung" stark betont wird, sollte keinen großen Geist stören. Mit dem gelebten Alltag hat das natürlich wenig zu tun. Das Problem ist, dass bei CSD-Berichten in den Medien immer nur die bunten Transen, Fetisch-Kerle und Kampflesben abgebildet werden und so in steter Regelmäßigkeit Homosexuelle repräsentieren.

     

    Genau das ist für viele verstörend und eine Reduktion von uns auf Sexualität findet statt. Und wenn etwas in rigiden Religionen und Gesellschaften Sprengstoff ist, dann ist es die höchstpersönliche sexuelle Autarkie. Persönlichkeitsbildung wird dadurch gestärkt - und oft hilft sie, auch anderes Fragwürdige zu entlarven und Verkrustetes aufzubrechen. Politiker und Religionsführer wissen das genau und arbeiten mit Repression. Die meisten Leute auf der Straße schließen sich aus Tradition, vielleicht Desinteresse und allgemeiner Fügsamkeit an - einfach weil sie keinen Ärger haben wollen und sie entlastenderweise nicht zur entsprechenden Minderheit gehören. Die Entwicklung toleranter, weiser Gesellschaften ist wie wir alle wissen ein steiniger Weg und macht sich immer, aber auch immer an der Gleichberechtigung aller ihrer Gruppen fest.

  • F
    Fritz

    Vielleicht verstehe ich davon zu wenig, vor allem von der Bedeutung des Coming Outs, das an Pfingsten erinnert, sehr christlich, aber vielleicht sollte man auch mal zwischen homosexueller Praxis und den oeffentlichen homosexuellen Feiern unterscheiden. Die Sexualitaet ist wichtig, aber nicht das Wichtigste. Sie ist letztlich so banal wie der Konsum.

  • W
    Westschnecke

    Osteuropa hat sich jahrzehntelang eingemauert, und das wirkt wohl noch jahrzehntelang nach.

  • T
    Tobilah

    Ein allgemein niedriges Bildungsniveau, vereint mit weit verbreitetem religiösem Fundamentalismus bildet den optimalen Nährboden für xeno- und homophobe Gesellschaften.

     

    Blick man ergänzend nach Rußland, wo sich eine seit über 70 Jahre atheistisch sozialisierte Bevölkerungsmehrheit unter dem Druck eines authoritären Regimes erneut der religiösen Orthodoxie zuwendet, kann einem ganz anders werden.

     

    Religiöse Wahnvorstellungen und antidemokratische Strömungen gehen wieder einmal Hand in Hand.