Studie über meistverkauftes Pestizid: Risiken für Bienen durch Glyphosat
Der Unkrautvernichter schädige die Darmflora der Insekten – und macht sie so anfälliger für Infektionen, sagen US-Forscher.
Glyphosat ist das meistverkaufte Pestizid – und vor allem umstritten, weil es die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft hat. Da die zuständigen Fachbehörden der Europäischen Union das Mittel jedoch für unbedenklich halten, haben die EU-Staaten Glyphosat Ende 2017 für weitere 5 Jahre zugelassen.
Umweltschützer sehen den Wirkstoff auch als Gefahr für die Natur an. Denn er vernichtet alle nicht gentechnisch veränderten Pflanzen und damit auch Nahrung beispielsweise für Vögel und Insekten. „Sollten sich die neuen Studienergebnisse bestätigen, hieße das: Glyphosat schadet Bienen direkt, nicht nur indirekt durch das Zerstören ihrer blütenreichen pflanzlichen Nahrungsgrundlage“, so der Grünen-Bundestagsabgeordnete Harald Ebner.
Für die Untersuchung wurden Hunderte von erwachsenen Arbeitsbienen aus einem einzigen Bienenstock gesammelt, ein Teil wurde mit Glyphosat in Kontakt gebracht, der andere Teil mit sterilem Zuckersirup. Untersucht wurden dabei die Auswirkungen auf insgesamt 30 Bienen. Die Glyphosat-Konzentration habe dem Niveau entsprochen, dem Bienen üblicherweise beim Sammeln auf blühenden Unkräutern ausgesetzt seien, hieß es in der Studie. Die Wissenschaftler kamen zu dem Ergebnis, dass Glyphosat negative Auswirkungen auf die Darmbakterien der Bienen und den schützenden Effekt der Darmflora hat.
Umweltschützer: Ein Grund mehr für Glyphosat-Ausstieg
„Die neue Studie zeigt einmal mehr, dass Glyphosat vom Markt gehört“, sagte Silvia Bender, Expertin für Biodiversität beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Die Behörden lassen Ackergifte wie Glyphosat und Neonikotinoide zu, obwohl die Wirkungsweisen noch nicht umfassend erforscht sind. Wenn neue Studien Gefahren für Menschen, Insekten oder ganze Ökosysteme aufdecken, folgen jahrelange Diskussionen, bevor ein Pestizid vom Markt genommen werden kann.“ Die Bundesregierung müsse daher dringend die Reform von Zulassungsverfahren für Pestizide angehen.
Der Leverkusener Bayer-Konzern, dessen neue Tochter Monsanto Glyphosat herstellt, erklärte, die Ergebnisse der Studie stützten sich nur auf eine relativ geringe Anzahl untersuchter Bienen. Sie ließen daher keine allgemeinen Rückschlüsse zu. Es gebe bis heute keine großangelegte Untersuchung, die einen Zusammenhang zwischen Glyphosat und einer Schädigung der Gesundheit von Honigbienenvölkern nachweise.
Bayer hatte den US-Konzern Monsanto kürzlich für rund 63 Milliarden Dollar übernommen und sieht sich nun mit rund 8.700 Klagen wegen Glyphosat in den USA konfrontiert. Ein kalifornisches Geschworenengericht hatte den US-Saatgutriesen Mitte August zu einer Schadensersatzzahlung von 289 Millionen Dollar an einen Mann verurteilt, der seine Krebserkrankung auf Glyphosat zurückführte. Der Konzern betont, dass Glyphosat sicher sei und keine Krebserkrankung verursache. (mit rtr)
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