Studie über Aufforstung: Bäume sind kein Allheilmittel

Den Flug nach Mallorca kompensieren viele mit einer Spende an Aufforstungsprojekte. Wir sollten Wälder nicht nur als Kohlenstoffspeicher betrachten.

Eukalyptusbäume wachsen in mehreren Reiehen nebeneinander

Eukalyptusplantage in Brasilien Foto: Joa Souza/imago

Wer nach dem letzten Langstreckenflug das schlechte Gewissen reinwaschen will, kauft CO2-Ausgleichszertifikate für Aufforstung. Weltweit sprießt ein Wiederaufforstungsprojekt nach dem anderen aus dem Boden. Die natürlichen CO2-Speicher der Wälder gehören zu den wichtigsten Verbündeten, um die Klimakrise abzuschwächen. Auch im globalen CO2-Zertifikatehandel spielen sie eine große Rolle.

Allerdings: Bäume nur im Lichte des Klimanutzens zu sehen, greift zu kurz. Simon Lewis, Professor für Global Change Science am University College London, sagte, es sei gefährlich, Bäume als „nichts weiter als Kohlenstoffstämme“ zu behandeln. Schließlich haben sie noch viele andere Funktionen.

Die Studie

Ein Team des Environmental Change Institute der Universität Oxford unternimmt den Versuch, ganzheitlich auf Wälder zu blicken. Dafür analysieren die For­sche­r*in­nen einerseits die Kohlenstoffvorräte in Bäumen und Pflanzen von Tropenwäldern, Savannen und Plantagen. Dabei vergleichen sie ursprüngliche Landschaften und solche, die von Menschen verändert wurden. Zusätzlich zum Klimanutzen schätzen die Wis­sen­schaft­le­r*in­nen auch andere Funktionen für das Ökosystem ein, etwa wie viel biologische Vielfalt die Gebiete hervorbringen.

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Tropische Gebiete werden gerne als Standort für Aufforstung gewählt, da sie durch ihre klimatischen Bedingungen ein schnelles Pflanzenwachstum begünstigen. Das verspricht mehr Kohlenstoffspeicherung in kürzerer Zeit. Die Forschenden bestätigen dieses Potenzial. Gleichzeitig sei aber auch in diesen Gebieten die Aufforstung eine Gefahr für das Ökosystem.

In der Untersuchung erklären sie, dass es besonders problematisch ist, wenn in Monokulturen aufgeforstet wird. Die zunehmend beliebten und wirtschaftlich ertragreichen Kiefern-, Eukalyptus- und Teakholzplantagen brächten unbeabsichtigte Folgen mit sich. Einheimische Ökosysteme würden austrocknen, die Böden versauern, Pflanzen verdrängt und Waldbrände beschleunigt.

In der brasilianischen Savanne Cerrado beispielsweise führte ein Anstieg der Waldfläche um 40 Prozent zu einem Rückgang der Pflanzen- und Ameisenvielfalt um etwa 30 Prozent. Ein weiteres Beispiel sind die Megabrände in Chile, wo Monokulturplantagen die Ausbreitung intensiver Kronenbrände fördern, die dann auch die einheimischen Wälder bedrohen.

Was bringt’s

Laut den Forschenden wird bei Aufforstungsprojekten meist davon ausgegangen, dass so viele neu gepflanzte Bäume wie möglich auch der biologischen Vielfalt zugutekommen. Aber das stimmt nicht. Das müssen Po­li­ti­ke­r*in­nen für die Rahmenbedingungen beachten, die sie für Aufforstung setzen, ebenso beim Schutz bestehender Ökosysteme. Wald- oder Grasflächen, die intakt gehalten werden, bringen mehr als dieselbe Fläche neuer Plantagen.

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