Studie der Hans-Böckler-Stiftung: 30 Milliarden für die Bildungsrepublik

Laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung müssten in Kitas, Schulen und Unis Milliarden von Euro investiert werden. Sonst kann Deutschland international bald nicht mehr mithalten.

Baustelle Uni, hier in Regensburg. Dabei ist die Gebäudesanierung vermutlich noch das geringste Problem. Bild: dpa

Je näher das Event rückt, desto höher steigen die Preise: der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordern im Vorfeld des Bildungsgipfels von Bund und Ländern 30 Milliarden Euro mehr in Bildung zu investieren. Eine Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung kalkuliert diese Summe, damit Deutschland im internationalen Vergleich konkurrenzfähig bleibt.

"Durch bloße Umverteilungen im Bildungssystem werden wir keine Erfolge haben", meinte GEW-Vorsitzender Ulrich Thöne am Mittwoch in Berlin. Wie diese Ausgaben finanziert werden sollen, will der DGB im Herbst verraten und ein eigenes Steuerkonzept vorlegen.

Der größte Investitionsbedarf besteht der Studie zufolge mit 9 Milliarden Euro im Bereich der frühkindlichen Bildung. Allein um die angestrebte Versorgung mit Betreuungsplätzen für unter Dreijährige zu sichern, würden 2,8 Milliarden Euro zusätzlich gebraucht. Für zusätzliche Erzieherinnen und bessere Ausbildung seien bis 2,7 Milliarden Euro notwendig. "Das wären Mittel, die auf die Länder zukämen, wobei ihnen der Bund natürlich unter die Arme greifen müsste", so Jaich. Studienautor Roman Jaich von der Universität Kassel stützt sich bei seinen Berechnungen auf internationale Maßstäbe und Forderungen des DGB.

Die Frage ist, ob sich die Länder überhaupt helfen lassen wollen. Seit der Föderalismusreform von 2006 sind sie für Kitas, Schulen und Hochschule allein zuständig. Dem Bund ist es per Gesetz sogar untersagt, die Länder im schulischen Bereich zu unterstützen. Gemeinsame Aktionen, wie das Vier-Milliarden-Programm zum Ausbau der Ganztagsschulen, sind formal nicht mehr möglich.

Die Böckler-Studie veranschlagt 3,8 Milliarden Euro, um die Ganztagsbetreuung so auszubauen, dass die Hälfte der Grundschüler daran teilnehmen kann. Auch der gleichfalls am Dienstag erschiene Bildungsmonitor des Institus der deutschen Wirtschaft in Köln bezeichnet die vorschulische und schulische Ganztagsbetreuung als "deutlich ausbaufähig". Der Monitor, der jährlich im Auftrag der arbeitgebernahen Inititive Neue Soziale Marktwirtschaft publiziert wird, vergleicht die Bildungssysteme der Bundesländer hinsichtlich ihres Beitrags zu wirtschaftlichem Wachstum. In Baden-Württemberg oder Mecklenburg-Vorpommern lernen demnach nur knapp zwei Prozent der Grundschüler ganztags.

Primus in der Gesamtwertung ist Sachsen, gefolgt von Baden-Württemberg und Thüringen. Sachsen und Thüringen zeichnen sich durch ein dichtes Netz von Kitas und Ganztagsschulen aus und bilden viele der in der freien Wirtschaft gesuchten Ingenieure aus. Die Baden-Württemberger durchlaufen das Bildungssystem besonders schnell und haben dabei das geringste Risiko in der Schule zu scheitern. Auf den letzten Plätzen im Länderranking landen Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern.

Die Wissenschaftler der arbeitgeber- und arbeitnehmernahen Institute sind sich einig, dass zusätzliches Geld in die Hochschulen gepumpt werden müsste. Der Studie der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft zufolge wird sich der Ingenieurmangel in den nächsten Jahren verschärfen. Die Zahl der Absolventen in technischen Fächern ist demnach in den vergangenen Jahren von 20 auf 16 Prozent gesunken.

Laut Böckler-Studie bräuchten die Hochschulen über 5 Milliarden Euro mehr, damit Personal für 500.000 neue Studienanfänger eingestellt und bezahlt werden kann. Der Wissenschaftsrat,das wichtigste Beratergremium der deutschen Politik, hatte im Juli 1,1 Milliarden Euro für bessere Lehre an den Unis gefordert - bei stagnierenden Studierendenzahlen.

Deutschland hat 2006 rund 140 Milliarden Euro für Bildung ausgegeben und damit 6,2 Prozent des im Inland erarbeiteten Vermögens. Im Schnitt geben die Länder der OECD 7 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Bildung aus. Der SPD-Bildungsexperte Jörg Tauss fordert, den Bildungsgipfel zu einem Finanzierunggipfel zu machen. "Es wäre ein Erfolg wenn sich Bund und Länder auf das verbindliche Ziel einigen könnten, 7 Prozent ihres Haushalts für Bildung einzusetzen", sagte Tauss.

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