: Studentendemos in Birma
■ An Ranguns Universitäten organisiert sich die Opposition gegen die Militärs
Bangkok (taz) – Birmas StudentInnen werden immer mutiger: Am Wochenende demonstrierten zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage Hunderte in der Hauptstadt Rangun. Sie forderten die Freilassung inhaftierter Studenten und die Zulassung eines unabhängigen Studentenverbandes.
Obwohl die Polizei versucht hatte, die Kundgebungen durch Straßensperren zu verhindern, waren StudentInnen am Freitag aus der Technischen Hochschule und der Universität marschiert. Am Samstag morgen vertrieben Polizisten sie mit Schlagstöcken und Wasser aus Feuerwehrschläuchen. Nach offiziellen Angaben wurden 264 Studenten vorübergehend festgenommen.
Bereits in der Nacht zu Dienstag hatten fast tausend StudentInnen der beiden Hochschulen demonstriert. Auslöser für die seit Wochen immer wieder aufflammenden Proteste: Drei Studenten waren im Oktober nach einem Streit mit einem Imbißstandbesitzer in Polizeigewahrsam schwer zusammengeschlagen worden. Anschließende wurden sie von der Hochschule verwiesen.
Obwohl die StudentInnen sich als „unpolitisch“ bezeichnen, tauchen immer wieder Forderungen nach „fairer Regierung“, mehr Freiheiten und Gerechtigkeit auf. Nach Informationen der gewöhnlich sehr gut unterrichteten Bangkoker Zeitung Nation ist dies kein Zufall: An Ranguns Hochschulen habe sich eine Untergrundorganisation gebildet, die sich „Kommission zum Schutz der Studentenrechte“ nenne, berichtete die Zeitung am Wochenende. Am 27. Oktober habe die Gruppe erklärt, sie setze sich „in Übereinstimmung mit den fundamentalen Menschenrechten ebenso wie grundlegenden politischen und Bürgerrechten für Freiheit, Gleichheit, Frieden und die Entwicklung einer zivilen Gesellschaft ein“.
Die Militärjunta hat bislang mit einer Mischung aus Vorsicht und Härte reagiert: Um den Zorn der Studenten zu entschärfen, stellte sie die zwei Polizisten, deren Übergriffe im Oktober die ersten Proteste ausgelöst hatten, vor Gericht. Die Beamten wurden zu zwei Jahren Arbeitslager verurteilt. Offenbar versuchen die Behörden jetzt, die „Drahtzieher“ der Proteste zu finden – und die Mehrheit der beteiligten StudentInnen als irregeleitete Jugendliche darzustellen.
Die Regierung will vor allem verhindern, daß sich die Studenten mit der oppositionellen „Nationalen Liga für Demokratie“ (NLD) von Aung San Suu Kyi verbünden. Seit Beginn der Kundgebungen steht die Friedensnobelpreisträgerin unter verschärfter Bewachung. Auch gestern blockierten Stacheldrahtbarrieren die Universitätsstraße, an der das Haus der Oppositionsführerin liegt. Die Politikerin hat Erklärungen der Studenten bestätigt, daß ihre Partei nicht hinter den Hochschulprotesten stecke – wohl aber mit den Studenten in ihrer Opposition gegenüber dem Regime übereinstimme.
Die Generäle erinnern sich genau, daß bisher noch alle Demokratiebewegungen in Birma als „unpolitische“ Studentenproteste angefangen haben – auch 1988. Damals hatten sich nach kurzer Zeit Hunderttausende den Jugendlichen angeschlossen und ein Ende der Militärherrschaft gefordert – bis die Armee den Widerstand der Bevölkerung mit Maschinengewehren brach. Jutta Lietsch
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