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Streitthema MindestlohnChance für 8,50 Euro ab 2015

Die SPD hat den gesetzlichen Mindeslohn zur Bedingung für eine Koalition mit der Union gemacht. Das könnte klappen. Nur im Wirtschaftsflügel der Union gibt's Widerstand.

Vorbild soll der neue Tarifvertrag für Friseure sein. Bild: dpa

BERLIN dpa | Beim Streitthema Mindestlohn kommt nach einem Bericht der Leipziger Volkszeitung ein Kompromiss in Sicht. Demnach hätten sich die Spitzen von Union und SPD grundsätzlich verständigt, bis August 2015 mit einer Stufenregelung einen bundesweit geltenden einheitlichen Mindestlohn von 8,50 Euro einzuführen.

Vorbild sei der neue Tarifvertrag für Friseure. Für sie gibt es seit April einen Mindestlohn von 8,50 Euro im Westen und 7,50 Euro im Osten. Bis 2015 soll der Ost-Tarif schrittweise auf Westniveau angeglichen werden. Die SPD hat die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes von 8,50 Euro pro Stunde in Ost und West zur Bedingung für eine Koalition mit der Union gemacht.

Der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, warnte die künftige Regierung indes davor, den flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn in Ostdeutschland erst ab 2015 einzuführen. Er sagte der Leipziger Volkszeitung: „Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro ist sozialpolitisch geboten und auch ökonomisch gerechtfertigt, in West wie Ost – und das nicht erst 2015, sondern sofort.“

Großbritannien habe bewiesen, dass ein einheitlicher Mindestlohn für den Arbeitsmarkt „gut verträglich“ sei. Bsirske: „Die Unterschiede bei den Lebenshaltungskosten sind zwischen London und Cardiff oder Dundee nicht geringer als die zwischen Stuttgart und Gotha.“

Wirtschaftsflügel warnt

Der Wirtschaftsflügel der Union macht derweil weiterhin Front gegen den von der SPD vorangetriebenen Mindestlohn. „Die wirtschaftsfeindlichen Vorhaben der SPD drohen die guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nachhaltig zu verschlechtern“, heißt es laut Spiegel Online in einem Papier, das der Parlamentskreis Mittelstand der Unionsbundestagsfraktion (PKM), die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung (MIT) sowie der Wirtschaftsrat der CDU an diesem Donnerstag in Berlin vorstellen wollen.

„Deshalb lehnen wir Steuererhöhungen, einen flächendeckenden, von der Politik festgelegten Mindestlohn, Euro-Bonds sowie eine nicht europaweit eingeführte Finanztransaktionssteuer ab“, so der Unions-Flügel. Gleiches gelte für Einschränkungen der Flexibilität im Arbeitsrecht wie die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung oder unverhältnismäßige Änderungen bei der Zeitarbeit. Man sehe keinen Grund, entsprechende Vorhaben der SPD zu Lasten der Unternehmen und des Wirtschaftsstandortes umzusetzen.

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18 Kommentare

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  • N
    Nileymixum

    Müssen wir dann mit der Entlassung von 1/3 der taz-Belegschaft rechnen, oder schafft Ihr es, 12.000 Abonnenten aus dem Hut zu zaubern?

     

    http://blogs.taz.de/hausblog/2013/11/06/die-niedrigen-gehaelter-der-taz/

  • F
    frust

    "Der Kapitalismus hat versagt-, ich wünsche mir den KALTEN KRIEG zurück".-Nur ein Beispiel,was für alle Handwerker steht: Als die Welt noch in westliche-und östliche Hemisphäre aufgeteilt war, konnte mein Großvater(Stukkateur) allein seine Familie ernähren. Das kann ein Stukkateur heute nicht mehr. Das war also nichts,mit der Phrase,wenn's dem Kapitalismus gut geht, geht es den Menschen insgesamt besser. Heute geht es der gesamten Welt schlechter.Je schlechter es der Weltbevölkerung geht, desto besser geht es den "Pfeffersäcken". Für das Kaptital macht das Sinn-aber nicht für die Menschen. Die Lügenbarone von Banken-Versicheungen und anderen Konzernen und Politikern-, nicht zu vergessen die scheinheiligen Medien, haben die Menschen so manipuliert, dass sie an jeden Scheißdreck glauben, der ihnen vorgegaukelt wird.Besonders die Von der Leyen-"die Zwillingsschwester im Geiste Münchhausens", versteht/verstnd ihre Sache ausgezeichnet.

  • W
    Wolfgang

    Bis Aug. 2015, bis dahin, sind 8,50 Euro brutto (heute), nur noch real 8,20 Euro (Kaufkraft). So reduziert man den 'Mindestlohn' im Kapital- und Profitinteresse!

     

    Die wenigsten Arbeitskräfte erreichen heute und morgen, das 65. Lebensjahr in Vollzeit-Arbeit. Ebenso, die wenigsten Lohnabhängigen erreichen 45 Arbeitsjahre in Vollzeit.

     

    Es bedarf heute schon, eines Brutto-Stundenlohns von 15 Euro, um nach 35 Jahren in Vollzeit, eine Armutsrente, bei Renteneintritt, in Höhe von mtl. 688,- Euro zu erhalten: dies wäre eine eigenständige Armutsrente auf dem geringen Niveau der "Sozialhilfe" (gesetzliche "Grundsicherung")!

     

    Bei einem Stundenlohn von 8,50 Euro brutto, müssen die Werktätigen im Niedriglohn, rund 60 Jahre in Vollzeit arbeiten. Um ab dem 76. Lebensjahr eine Armutsrente auf dem Niveau der Sozialhilfe zu erhalten!

     

    Notwendig wäre heute: ein gemeinsamer Kampf der Gewerkschaften und Stammbelegschaften, für einen Mindestlohn von 13-Euro-brutto, zugleich, eine gesetzliche Grundrente nicht unter mtl. Netto: 1000,- Euro! Gleichzeitig müssten die Werktätigen im Niedriglohnbereich, zusätzlich, zur Grundrente, eine Anrechnung ihrer eigenständigen gesetzlichen Erwerbsrente erhalten, zusammen: nicht unter mtl. Netto: 1500 Euro!

     

    [Anmerkung. Stets berücksichtigen: von der Altersrente werden auch Leistungen für die KV+PV abgezogen (zus. ca. 10,8 %), weiterhin, für jeden Monat, bei vorzeitiger Altersrente: 0,3 % an Abschlag (pro Jahr 3,5 %, bis ca. 18 % Abschlag); gegebenenfalls auch noch jährliche Steuern ...] Absenkung der Renten-Leistung von 51% auf 41%, so ist der Plan im Kapitalinteresse.

  • F
    Frust

    Ich rate den Volksvertretern,weniger die Hände aufzuhalten, dann sind sie auch weniger "belastet" und können endlich mal das Volk vertreten.

  • W
    Wolfgang

    Zu @ "M.A.": "die roten Verräter"

     

    Verräter ja, aber nicht ROT. Rot zu sein, damit hatte die SPD schon 1914 aufgehört, bei der Zustimmung zum 'Vaterlandskrieg' und noch deutlicher, bei der Verweigerung zur antifaschistischen Aktionseinheit, vor 1933, ebenso bei der Spaltung der Arbeitereinheit von SPD/KPD 1946 ...

     

    Die "Sozialpartner" der SPD sind eine Erfolgsgeschichte, des europäisch-deutschen Finanz- und Monopolkapitals und ihrer westlichen Alliierten, vor und nach 1945, bis heute ...

  • W
    Wolfgang

    Im Jahr 1988, vor 25 Jahren, bekam ein vormaliger Auszubildender im zweiten Gesellenjahr einen Brutto-Stundenlohn von 21,- DM. Heute, trotz der Teuerung, zahlt der Unternehmer, für vergleichbare Arbeit, mitunter weniger als 10 Euro-Std. brutto.

     

    Im Jahr 1993 lag mein Bruttolohn, als Meister und Lehrgangsleiter, bei ca. 32,- DM-Std. brutto.

     

    Im Jahr 2006 versuchte die Arbeitsagentur Berlin Tempelhof-Schöneberg, mich für 7,35 Euro-Std. brutto, als Meister und Projektleiter, "bis zur Rente", zu verkaufen. Dabei lag mein ALG I. deutlich über den (voraussichtlichen) Nettolohn.

     

    Bei einem Anruf der Agentur, verlangte die Mitarbeiterin (Beamtin/Angestellte?), sinngemäß: "Sie müssen auch für weniger als die Hälfte vom Tariflohn arbeiten..."

     

    Erinnerung: 1953, nach der Normerhöhung um 10 %, gab es einen antikommunistischen, sog. 'Volksaufstand'.

     

    Heute arbeiten rund 13 Millionen (von 37 Mio.[41,3]) im Niedriglohn. Millionen sind "Aufstocker". Millionen haben Lohnverluste, zum großen Teil mehr als 50 Prozent.

     

    Bemerkenswert: Würden sich diese Millionen Lohnabhängigen in Deutschland, - in der realen bundesdeutschen Siemensschen und Hundtschen Reichtumsgesellschaft -, in Bewegung setzen, kein staatlicher und privater (stets menschenfeindlicher) Gewaltapparat könnte sie aufhalten!

     

    Dafür müssen MenschenrechtlerInnen und DemokratInnen arbeiten!

  • R
    RedHead

    @Früh-Rentner: Eine Revolte? Der Deutsche Wähler hat gerade mit überwältigender Mehrheit die Parteien gewählt, die die aktuelle Misere vieler Arbeiter mit Agenda 2010 zu verantworten hat (SPD und Grün) bzw. sich ganz offen einen Dreck um Arbeiterinteressen schert (CDU und CSU). Bevor die Deutschen was am System ändern werden sie irgendwelchen Armen Schweinen die Schuld geben (etwa Migranten aus Rumänien bzw. Flüchtlinge aus Afrika) und ihren Frust an denen auslassen. Verbessern wird sich dadurch nichts. Ganz im Gegenteil, die Situation wird für alle Beteiligten noch schlechter.

    • @RedHead:

      @ redhead ....denn nur die dümmsten Schafe suchen sich ihren Schlachter , was sagt uns das wir hahen ein beklopptes Volk vor uns --- überriegens ein alter Spruch eines Arbeitskollegen vor 30 Jahren der damals um die 50 war .

      damals hahe ichdas nicht recht verstanden , aber in den letzten 20 Jahren am eigenen Leibe selbst erfahren ... wie zum Beispiel gerade Behördenmitarbeiter ( nicht alle )seien können !!! ND

  • F
    FRUST

    Wartet man mit Miet-und Nebenkostenerhöhungen auch bis 2015? Der Wirtschaftfügel warnt immer-, dem geht's ja gut. Da sieht man wieder einmal wo die Lumpen hängen. Nicht nur in der FDP. Dieses gekauft Pack!

  • Was soll der Streit ??? ...im Jahre 1979 als ehem. Siemens Azubi war 7,50 DM (Lohngr. 5) der Ecklohn für Facharbeiter , damals normal , man hatte ca. 1200 DM netto im Monat . Als dann Neue Mitarb. eingestellt wurden , die 2 DM mehr Std.Lohn bekamen war für mich am 15. der 1. und ich kündigte . Neue Firma 12,50 DM Std. + 7,50 Auslöse pro Tag damit war schon das Leben besser , was soll das heute ??? .... ist doch reine Abzocke und Ausbeutung solche Löhne heutzutage !!! ...bin gespannt wann das vereinte deutsche Volk mal protestiert und revolutiert gegen diese Arbeitsbedingungen und auf die Strasse geht !!!

  • D
    derSchreiber

    @Pedro

    Menschen sollen von dem Geld das sie verdienen Leben können? Das ist doch Kommunismus! Jedenfalls in den Augen der Wirtschaftskriecher der CDU.

    Ich sehe es doch bei einem Freund der als Lohnsklave, oder freundlicher, Zeitarbeiter eingestellt ist. Er arbeitet seit 3 Jahren bei einer großen deutschen Bank, bekam noch nie Weihnachtsgeld und kann jederzeit rausgeworfen werden. Und ich? Ich bin befristet auf 2 Jahre, bekam nach einem halben Jahr Anspruch auf Weihnachts- und Urlaubsgeld. Das soll gerecht sein?!

  • S
    Sören

    In einer Koalition muss man Kompromisse machen. Die neue Regierung tritt frühestens im Dezember an, und dann muss erstmal ein Gesetzentwurf erarbeitet werden und der Gang durch die parlamentarischen Abläufe erfolgen. Auch unter einer rot-rot-grünen Regierung käme ein Mindestlohn kaum viel früher.

  • P
    Pedro

    Selbst bei 38,5 würde man nur ca 1040 € pro Monat erhalten, was soll sich denn der Mensch davon ausser Wohnung, Transportkosten, Internet/Telefon und Essen noch leisten, gar nichts.

    8,50 € sind eindeutig viel zu wenig

  • H
    habkeinengastnamen

    Selbstverständlich muss man in Koalitionsverhandlungen Komprmisse eingehen, aber offensichtlich ist die Union nicht bereit auch nur eine einzige Forderung der SPD zu erfüllen! Mindestlohn ab Sommer 2015? Da haben die Wirtschaftsliberalen ja jede Menge Zeit die ganze Sache noch abzuwehren oder aufzuweichen.

  • N
    nok

    Wenn es Rot-Rot-Grün gäbe, wäre, glaube ich, das Thema Mindeslohn beschlossene Sache. Für mich ist der Versuch der SPD der CDU etwas abzuringen, so etwas wie "durch die Wand" zu gehen. Ich würde mir wünschen, dass die SPD die Tür nimmt, Rot-Grün wartet da schon.

  • W
    Wolfgang

    Die gesellschaftspolitische Sozialbewegung in (West-)Deutschland forderte bereits schon im Jahr 2003 einen Mindestlohn von 10 Euro-Std.!

     

    Bei 8,50 Euro-Std. brutto, gibt es erst nach 60 Jahren in Vollzeitarbeit, ab dem 76. Lebensjahr, einen Anspruch auf eine eigenständige Armutsrente in Höhe der Sozialhilfe (gesetzliche Grundsicherung) von mtl. ca. 700 Euro! Das reicht allenfalls für die Kaltmiete (ohne Heizkosten)!

     

    Aufwachen, brave sezialdemokratische "Sozialpartner" der Bourgeoisie und Aktionäre! (?)

    • M
      M.A.
      @Wolfgang:

      Wenigstens einer hier, der rechnen und denken kann!

       

      Alles unter 10€ (in 2013) ist ein ganz schlechter Witz - und dieser Mindestlohn muss für die danach kommenden Jahre noch an die Inflation der unteren Haushalte angepasst werden.

      Aber die roten Verräter der SPD sitzen ja schon wieder an den Fleischtöpfen...

      • R
        ruhender
        @M.A.:

        Die SPD ist mit Abstand die erbärmlichste Anhäufung rückgratloser und opportunistischer Heuchler in der politischen Landschaft Deutschlands - und das seit 150 Jahren.