Streit zwischen Imam und Lehrerin: Handfester Schulstreit
Ein Imam soll einer Lehrerin an einer Pankower Privatschule den Händedruck verweigert haben. Nun hat Berlin die nächste Islamdebatte.
Ein Vater wird von der Lehrerin seines Sohnes zum Elterngespräch bestellt. Als er das Besprechungszimmer betritt, verweigert der strenggläubige schiitische Muslim der Frau den Händedruck. Die Lehrerin besteht jedoch darauf und wirft dem Mann Frauenfeindlichkeit vor. Der verlangt eine Entschuldigung der Schule binnen Wochenfrist, die kommt nicht. Der Mann stellt angeblich Strafanzeige und nimmt die Kinder von der Schule. So berichtet es der RBB.
Ob die Situation tatsächlich so ablief – der Polizei lag am Donnerstag noch keine Strafanzeige vor –, dazu wollen sich die Beteiligten nicht äußern. Kerim Ucar, der als Imam in der Weddinger Cafer-Sadik-Moschee wirkt, reagiert nicht auf Anfragen. Die private Platanus Schule in Pankow gibt lediglich eine dürre Pressemitteilung heraus: „aus Rücksicht auf das Wohl der Familien und deren Kinder“ wolle man sich „zu einer innerschulischen Angelegenheit nicht öffentlich äußern“.
Doch diese „innerschulische Angelegenheit“ ist eben auch sehr politisch – denn die Islamdebatte folgte. Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) äußerte zwar Verständnis für die Lehrerin – sagte aber zugleich, sie hätte schon im Interesse des Kindes das Gespräch mit dem Vater nicht abgebrochen.
Rasch eskaliert
Die ehemalige Integrationsbeauftragte des Berliner Senats, Barbara John, warf im RBB der Lehrerin hingegen mangelnde interkulturelle Kompetenz vor: Man müsse doch wissen, dass es vielen „Menschen aus dem islamischen Kulturkreis“ das religiöse Gewissen verbiete, dem jeweils anderen Geschlecht die Hand zu reichen. Das habe deshalb auch nichts mit Frauenfeindlichkeit zu tun.
„Einen Streit so rasch eskalieren zu lassen, halten wir für unglücklich“, sagte eine Sprecherin der Bildungsverwaltung der taz und verwies auf die „Handreichung Islam und Schule“, die stets das „Aushandeln von Interessen“ empfehle.
Doch scheint der theoretische Leitfaden die Praxiswirkung nicht überall zu entfalten: „Die Platanus Schule hat eine Schulgemeinschaft, die von […] einem positiven respektvollen Miteinander geprägt ist“, teilt die Privatschule am Donnerstag noch mit. Theoretisch, muss man wohl dazu sagen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?