Streit ums Atommüll-Endlager: Konsens auf der Kippe

Der Versuch sich mit den Ländern über die Endlagersuche zu einigen, droht zu scheitern: Grüne und SPD fordern einen Baustopp in Gorleben, doch Röttgen mauert.

Die Suche nach einem Atommüll-Endlager dauert an, während im Salzstock in Gorleben weitergearbeitet wird. Bild: dpa

BERLIN taz | Ist der "Endlager-Konsens" schon Geschichte, bevor die Verhandlungen darüber offiziell beginnen? An diesem Donnerstag treffen sich zum zweiten Mal der Bund und die Länder, um ein Verfahren für eine neue Suche nach einem Atommüll-Endlager zu finden; ein solches parteiübergreifendes Vorgehen hatte Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) nach einem ersten Treffen im November angekündigt, um den jahrzehntelangen Streit über die Endlagerfrage zu beenden.

Doch schon im Vorfeld deutet sich an, dass die Gespräche schnell scheitern könnten, und zwar an der Frage, ob die Arbeiten im Salzstock Gorleben währenddessen weitergehen. Während Röttgen darauf besteht, verlangen die von SPD und Grünen regierten Länder als Mindestvoraussetzung für einen Konsens die Einstellung der Arbeiten in Gorleben.

"Ein vertrauensvolles Verfahren ist mit dem weiteren Ausbau von Gorleben nicht zu vereinbaren", sagte die Grüne Eveline Lemke, rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin und Koordinatorin der rot-grün regierten Länder, der taz. Und die Entscheidung müsse schnell fallen: "Man kann sich um diese Frage nicht länger herumdrücken."

Als zwingende "Vorbedingung" für die weiteren Gespräche will sie die Forderung nicht verstanden wissen, so Lemke. "Aber ohne Baustopp kann ich mir kein gemeinsames Endlagersuchgesetz vorstellen." Eine Einigung auf das Gesetz strebt Röttgen bis zum Sommer an.

Arbeitsgruppe unter Zeitdruck

Der Grünen-Atomexpertin und EU-Abgeordneten Rebecca Harms geht diese Forderung nicht weit genug. Sie fordert als "Mindestbedingung" für die Verhandlungen eine sofortige Einstellung der Arbeiten in Gorleben. Zudem kritisiert Harms den Zeitdruck, unter dem jetzt verhandelt werde, und die Zusammensetzung der Arbeitsgruppe. "Viele der Ländervertreter haben sich bisher kaum mit dem Thema Endlager beschäftigt."

Mit dieser Kritik könnte sie auch auf Winfried Kretschmann zielen, den grünen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg. Dieser hatte beim ersten Bund-Länder-Treffen zur Endlagerfrage im November die Weitererkundung von Gorleben akzeptiert. Inzwischen ist man auch in Baden-Württemberg auf die grüne Linie eingeschwenkt, dass in Gorleben keine weiteren Fakten geschaffen werden dürfen.

Nach taz-Informationen hat Kretschmann versucht, mit Röttgen einen Kompromiss zu finden, mit dem beide Seiten leben können. Dass er nun voraussichtlich nicht selbst am Treffen in Berlin teilnimmt, sondern seinen Umweltminister Franz Untersteller (ebenfalls Grüne) schickt, deutet darauf hin, dass es zunächst keine Einigung gab.

Noch komplizierter ist die Lage für die SPD. Denn die Sozialdemokraten haben letzte Woche auf ihrem Parteitag für Gorleben nicht nur einen Baustopp gefordert, sondern verlangt, den dortigen Salzstock komplett von der Liste möglicher Standorte zu streichen. Welche Rolle diese Forderung in den Verhandlungen spielen wird, ist allerdings offen.

Arbeiten im Salzstock gehen weiter

Das SPD-geführte Wirtschaftsministerium in Nordrhein-Westfalen wollte sich dazu auf Anfrage nicht im Detail äußern. Diese zögerliche Haltung sorgt bei der Bundestagabgeordneten Ute Vogt für Verärgerung. "Ein Parteitagsbeschluss ist für unsere Vertreter bindend", sagte sie - und hofft, dass er nur aus Unwissen ignoriert wird: "Ich habe den Beschluss zur Sicherheit noch mal an alle Ländervertreter geschickt."

Das Bundesumweltministerium ging am Mittwoch nicht auf die Forderungen nach einem Baustopp in Gorleben ein. "Wir wollen den Gesprächen nicht vorgreifen", sagte eine Sprecherin. Inhaltlich gebe es keinen neuen Sachstand. Minister Röttgen hatte zuvor wiederholt erklärt, dass die Arbeiten im Salzstock weitergehen sollen.

Atomkraftgegner kritisierten unterdessen, dass die Gespräche zwischen Bund und Ländern nicht öffentlich sind. Das passe mit der angekündigten "Bürgerbeteiligung" nicht zusammen, sagte Jochen Stay von der Anti-Atom-Initiative .ausgestrahlt.

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