Streit um polnisches Verfassungsgericht: Opposition vereint gegen PiS
In Polen demonstriert die Opposition gemeinsam mit Bürgern erneut für die Unabhängigkeit des obersten Gerichts. Die Warschauer Regierung ist unbeeindruckt.
„Ganz Polen soll sehen, dass die Opposition zusammenstehen kann“, sagte der ehemalige Justizminister Borys Budka von der liberalkonservativen Bürgerplattform (PO). Er fügte mit Blick auf die nationalkonservative Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) hinzu: „Im Gegensatz zu denen, die sich das Recht in ihren Namen geschrieben haben, stehen wir auf der Seite des Rechts.“
„Ich hätte nicht gedacht, dass (PiS-Chef) Jaroslaw Kaczynski so etwas Großes schafft“, rief die Linkspolitikerin Barbara Nowacka den Demonstranten zu. „Er hat erreicht, dass Tausende Polen für die Verfassung auf die Straße gehen.“
Die polnische Regierung weigert sich, das Urteil des Verfassungsgerichts zu veröffentlichen und damit in Kraft zu setzen. Das Urteil vom vergangenen Mittwoch erklärt das Gesetz über die Arbeit des Verfassungsgerichts für verfassungswidrig, weil es die ordnungsgemäße und unabhängige Arbeit des Gericht unmöglich mache. Das Urteil werde nicht im Amtsblatt veröffentlicht, erklärte Regierungssprecher Rafal Bochenek am Samstag. Das Urteil beruhe nur auf der Meinung „einiger“ Verfassungsrichter und sei daher nicht rechtmäßig.
Europarat kritisiert Gesetz
Auch die Venedig-Kommission, ein Gremium von Rechtsexperten des Europarates, hatte das Gesetz am Freitag kritisiert. Die Meinung der Kommission ist rechtlich nicht bindend. Regierungssprecher Rafal Bochenek kündigte am Samstag an, Ministerpräsidentin Beata Szydlo werde die Stellungnahme der Kommission im Parlament vorstellen.
Polen steckt in einer politischen Krise, seitdem das von der rechtskonservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) dominierte Parlament im Dezember im Eilverfahren und gegen den Widerstand der Opposition eine Justizreform verabschiedet hatte, mit der das Verfassungsgericht erheblich geschwächt wird.
Für Entscheidungen des Verfassungsgerichts ist nun eine Zweidrittelmehrheit notwendig statt wie bisher eine einfache Mehrheit. Zudem müssen bei wichtigen Entscheidungen mindestens 13 der 15 Verfassungsrichter anwesend sein – bisher reichten neun.
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