Streit um die künftige Landesspitze: In der Berliner SPD gärt es
In Berlin streitet sich die SPD um ihre künftige Landesspitze. Die Parteilinke will den Amtsinhaber Michael Müller herausfordern – zwischendurch werden auch mal Eier geworfen.
BERLIN taz | Noch versucht sich Klaus Wowereit herauszuhalten und lobt einfach beide Kontrahenten: „Ich unterstütze Raed Saleh als Fraktionsvorsitzenden und Michael Müller als Landesvorsitzenden“, gibt sich Berlins Regierender Bürgermeister am Donnerstag diplomatisch. Im taz Café hatte Wowereit zuvor mit Egon Bahr über dessen neuestes Buch geplaudert – während in der SPD der Machtkampf tobt.
Es ist ein Kampf, bei dem sich die starke Parteilinke überraschend mit der Parteirechten verbündet hat. Um politische Differenzen geht es dabei nur am Rande, eher um Einfluss und Posten. Die Linke um Fraktionschef Saleh fordert Michael Müller auf, den Landesvorsitz abzugeben. Der Wowereit-Vertraute war nach der Wahl vom Fraktionsvorsitz in die Landesregierung gewechselt. Als Senator aber, heißt es, sei er in die Koalitionsdisziplin von Rot-Schwarz eingebunden. Die Rechte wiederum unterstützt die Linken, damit die im Gegenzug einem der ihren in den Bundestag helfen.
So weit, so normal im politischen Geschacher. Weniger normal sind die Farbeier, Eiwürfe und nächtlichen Klingelstreiche an seiner Privatwohnung, die Müller zu Wochenbeginn öffentlich machte. Im Umfeld des Landesvorsitzenden war zu hören, es sei nicht auszuschließen, dass die Angriffe aus den Reihen seiner Gegner kämen. Die wiederum unterstellten, dass bei Müller „die Nerven blank liegen“.
Aber das war noch nicht alles: Vergangene Woche wurden im Dienstsitz von Müllers Stadtentwicklungsverwaltung zwei Notebooks gestohlen. Das eine gehörte seinem Büroleiter, das andere seiner Sprecherin. Die Polizei fand weder Einbruchsspuren, noch einen Hinweis auf Vandalismus. Ein Zufall?
Mögliche Gegenkandidatur
Ausgebrochen war der innerparteiliche Konflikt bereits im Januar. Mitten hinein in eine Klausur der SPD-Fraktion platzte die Nachricht einer möglichen Gegenkandidatur für Müller. Der potenzielle Gegenkandidat Jan Stöß, ein linker Kreischef, hat aber bis heute seinen Hut nicht in den Ring geworden. Gewählt wird im Juni.
Seitdem sammeln die verschiedenen Lager ihre Legionen. Beobachter rechnen – falls Stöß tatsächlich kandidiert – mit einem Kopf-an-Kopf-Rennen. Würde Müller abgewählt, wäre er auch als möglicher Nachfolger Wowereits verbrannt, falls dieser 2013 in eine rot-grüne Bundesregierung wechseln sollte.
Inzwischen hat Müller, der noch im Osterurlaub weilt, angekündigt, sich mit seinen Kritikern zusammenzusetzen. Klaus Wowereit ist dagegen nicht mehr zu entlocken als ein diplomatisches Zitat. Sollte sein Vertrauter Müller tatsächlich abgewählt werden, wäre er selbst immerhin noch Regierender Bürgermeister. Ihren Regierungschef lässt das neue Links-rechts-Bündnis nämlich in Ruhe. Noch.
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