Streit um die Mehrwertsteuersenkung: Diesmal ist die BVG nicht schuld
Trotz Senkung der Mehrwertsteuer kosten Einzeltickets für den Berliner Nahverkehr weiterhin 2,90 Euro. Einfach billiger machen ist eben schwer.
Die Coronakrise hat neben all ihrer dramatischen Folgen die ein oder andere zukunftsweisende Erkenntnis gebracht. Etwa, dass in krassen Notsituationen sogar die Deutschen enger zusammenstehen und etwa den Krankenhaus-PflegerInnen ein paar Wochen Applaus spenden. Noch drei Pandemien, dann wird daraus vielleicht sogar 'ne dauerhafte staatliche Geldspende. Und was den regelmäßigen Einkauf von Kleidung, Fernsehern, Handys, Küchenwaagen etc. angeht, haben viele feststellen dürfen: Es geht auch ohne.
Einkaufen macht ja gerade nicht so viel Spaß. Man hält sich im Laden mit Maske und Abstand nur so lange auf, wie es sein muss. Das ist gut – für die Umwelt und den Geldbeutel. Nur der Kapitalismus, der alte Kumpel, leidet. Deswegen hat die Bundesregierung als direkten Kaufanreiz die Mehrwertsteuersätze gesenkt, ab 1. Juli für ein halbes Jahr.
Nur: So einfach, wie das klingt, ist es nicht. Denn nicht alle geben die dezente Preissenkung weiter. Einige, weil sie nicht wollen. Andere, weil die Bundesregierung – man höre und staune – für sie schlicht zu schnell war. Etwa für die Schnell-ist-eh-nicht-ihre-Sache-BVG. So fragen sich gerade viele, warum die einfache Fahrt weiterhin 2,90 Euro am Automaten kostet. Schließlich ist der auf die Tickets angewandte Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent auf 5 Prozent ermäßigt worden. Macht abgerundet glatte 2,84 Euro.
In diesem Fall gilt jedoch: Ausnahmsweise sind nicht die Verkehrsbetriebe schuld. Es gibt ja noch die S-Bahn Berlin, die ebenfalls nicht an ihren Preisen rüttelt, und weitere 35 Unternehmen, die zusammen den Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) bilden, der für die – wie es so schön heißt – Tarifstruktur zuständig ist.
Ein halbes Jahr ist zu kurz
„Aus vertriebstechnischen Gründen“ könne man, erklärt der VBB, die Mehrwertsteuersenkung „für diesen kurzen Zeitraum“ nicht realisieren. Es lohnt sich schlicht nicht, alle Automaten kurz mal umzustellen; zudem können gar nicht alle mit den entstehenden krummen Beträgen umgehen, weil sie nicht alle Münzen akzeptieren. Die Folge: „Die Fahrpreise werden nicht um wenige Cent-Beträge gesenkt.“ Mit dem spontanen Run auf Bus und Bahn wird es also nichts.
Vorerst zumindest. Denn der VBB denkt immerhin über andere Lösungen nach und will noch 2020 einen „Fahrgastbonus“ anzubieten. Wie der ausschauen könnte, hatte die S-Bahn vor einigen Jahren vorgemacht: Aufgrund des teilweisen Totalausfalls über mehrere Jahre aufgrund mangelnder Wartung hatte die Tochter der Deutschen Bahn den VBB-Stammkunden die Fahrkarte einen Monat geschenkt; Gelegenheitsfahrer bekamen an einigen Tagen für den Preis einer Einzelfahrt ein Tagesticket.
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