Streit um den Holzmarkt: Es bleibt so wirr wie Holzwolle
Das Kreativdorf Holzmarkt hat einen Rat zur Mediation installiert, damit es weitergeht an der Spree. Doch die Ergebnisse sind mager.
Am Anfang ist die Stimmung noch ausgezeichnet. Auf dem Podium des gut gefüllten Säälchens im Kreativdorf Holzmarkt sitzen am Mittwochvormittag der Clubbetreiber John Schierhorn, die Architektin Barbara Hoidn und Ex-Senator Wolfgang Wieland, der 2005 bis 2013 für die Grünen im Deutschen Bundestag saß. Sie gehören einem 90-Tage-Rat an, den das Projekt Holzmarkt im Dezember gebeten hat, Licht ins Dunkel zu bringen.
Jubel bricht aus, als Wieland erklärt: „Der Holzmarkt wird abgesichert, das Eckwerk wird gebaut.“ Doch schon nach kurzer Zeit sinkt die Stimmung wieder: Es stellt sich heraus, dass Wieland zu dick aufgetragen hat. Die Lage am Holzmarkt, einem Alternativdorf mit Club, Café und Kita, bleibt verworren.
Der Konflikt zwischen den Betreibern und dem Bezirk, der diese nicht gewähren lassen wollte wie erhofft, bleibt verfahren. Das geplante Eckwerk, ein hölzernes Haus, in dem gemeinschaftlich gewohnt wie gearbeitet wird und das zum zweiten Standbein des Holzmarkts werden sollte: es wird einen anderen Bauherrn finden müssen, seine Zukunft steht also immer noch in den Sternen.
Bereits Anfang 2018 wurde klar, dass die Holzmarkt-Leute ihr Eckwerk nicht werden bauen können – trotz eines städtebaulichen Vertrags aus dem Jahr 2013. Florian Schmidt, grüner Baustadtrat in Kreuzberg-Friedrichshain, war das Eckwerk zu kommerziell, er hat eine andere Agenda als sein Vorgänger.
Und dann noch der Streit mit der Gewobag
Hinzu kam ein Streit mit der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Gewobag, die sich am Eckwerk hatte beteiligen wollen. Die Schweizer Stiftung Abendrot, die das ganze Grundstück 2012 gekauft hatte, zog den Erbbauvertrag mit den Holzmarkt-Leuten für das Eckwerk-Grundstück zurück, der Holzmarkt verklagte Stadt und Bezirk auf 19 Millionen Euro Schadenersatz für die geleisteten Bauplanungen.
Bereits nach der Pressemitteilung des Holzmarkts Ende November, dass man den 90-Tage-Rat installiert habe, hatte sich Florian Schmidt skeptisch gezeigt: Was, so der Duktus, kann eine Mediation, die nur von einer der beiden Seiten beauftragt wurde? Tatsächlich, so berichten Wieland, Hoidn und Schierhorn am Dienstag, habe sich vor allem der Dialog mit dem Bezirk als quasi unmöglich erwiesen. Erst Ende Februar kam es zum Gespräch mit Schmidt, nach wie vor sei er die Beantwortung eines Fragenkatalogs schuldig.
So gibt es nur ein mageres Ergebnis, mit dem der Rat sich schmücken kann: Die Stiftung Abendrot habe sich bereit erklärt, den neuen Pächter des Eckwerk-Grundstücks zu verpflichten, ins nachbarschaftliche Gespräch mit dem Holzmarkt zu kommen. Hintergrund ist die Angst vor Lärmbeschwerden, auf dem Holzmarkt findet viel Party statt. Außerdem strebe die Stiftung nach wie vor die bisherige Planung des Eckwerkes an, sodass die neuen Erbpachtnehmer dem Holzmarkt die erbrachten Planungskosten erstatten könnten.
Kein Wunder also, dass der Rat am Ende verkündet, weitere 60 Tage in die Nachspielzeit zu gehen – und die Gesichter vieler im Publikum entsprechend lang wirken.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen