Streit um Zitat: Nazis verklagen Kirche
Die Schweriner NPD-Fraktion verklagt den Hamburger Erzbischof Werner Thissen. Der Katholik soll in einer Predigt Fraktionschef Udo Pastörs falsch zitiert haben.
Der NPD-Fraktionsvorsitzende im Schweriner Landtag, Udo Pastörs, hat den katholischen Erzbischof Werner Thissen wegen Verwendung eines falschen Zitats verklagt. Das Amtsgericht Ludwigslust bestätigte der taz, dass Pastörs eine Klage gegen den auch für Mecklenburg zuständigen Hamburger Erzbischof erhoben habe.
Zwar hatte Thissen bereits ein falsches Zitat in einer Presseerklärung eingeräumt. Den von Pastörs geforderten Entschädigungsanspruch hält das Erzbistum Hamburg aber für unberechtigt. Die NPD-Fraktion hat stattdessen die juristische Auseinandersetzung öffentlich gemacht.
Demnach bestreitet Pastörs, gesagt zu haben: "Die Katholiken haben Schuld an der schlechten wirtschaftlichen Produktivität, da sie so viele Feiertage haben. Das Kreuz als Glaubenssymbol zeigt die Gewaltbereitschaft der Katholiken. Die Katholiken vermehren sich zu stark, weil sie Sexualität und Ehe aufeinander beziehen." Jene Aussage soll Erzbischof Thissen bei seiner Fronleichnamspredigt am 11. Juni 2009 in Rostock geäußert haben. Veröffentlicht hat das von der NPD bestrittene Zitat das Erzbischöfliche Amt in Schwerin.
Der Erzbischof habe sich aus Versehen auf eine nicht glaubwürdige Quelle berufen", erklärt das Erzbistum Hamburg. Bereits Ende des vergangenen Jahres habe der Erzbischof eine Unterlassungserklärung unterzeichnet. Die NPD indes hegt an den Aussagen Thissens keine Zweifel. Die Partei fühlt sich geschädigt und will eine finanzielle Wiedergutmachung. "Die verbreiteten Unwahrheiten reihen sich nahtlos ein in die breit angelegten Diffamierungskampagne", erklärte Pastörs.
Die vorgetragene Empörung des NPD-Politikers dürfte nicht zuletzt durch das christliche Engagement gegen die NPD verursacht worden sein. Seit dem vergangenen Jahr sprechen sich die christlichen Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern verstärkt gegen die rechtsextreme Partei aus. In vereinzelten ländlichen Regionen stelle die Kirche oft die einzige zivilgesellschaftliche Institution dar, erklärt Kathrin Oxen, Pastorin der Reformierten Kirche im mecklenburgischen Bützow. Die Kirchen seien deshalb besonders im vorpolitischen Raum verstärkt gefordert, gegen den rechten Alltag anzutreten, sagte Dino Steinbrink, Pastor in Boizenburg. Es dürften nicht bloß Lippenbekenntnisse ausgesprochen werden.
Die Ständige Beauftragte der Erzbischöfe von Berlin und Hamburg, Schwester Cornelia Bührle, warnte vor den Kommunalwahlen im Jahr 2009 vor dem Ungeist der Nazis "mitten unter uns im Lande". Und knapp eine Woche vor der Wahl rief die Evangelische Landeskirche Mecklenburg die Bürger dazu auf, nicht die NPD zu wählen.
Klaus-Dieter Kaiser, Direktor der Evangelischen Akademie Rostock, sagte, dass die von der NPD vertreten "Ideologie der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit" unvereinbar mit dem Christentum sei. Eine Postkartenkampagne der Evangelischen Jugend Mecklenburgs sollte Erst- und Jungwähler ermuntern "sich eindeutig gegen Rechts zu entscheiden".
Die NPD wetterte gegen diese vermeintlich unberechtigte Einmischung der Kirchen. So griff Pastörs die Kirche an und warf ihr eine pauschale Diffamierung vor. Dass der Fraktionschef selbst gerne deutliche Worte fallen lässt, stört ihn bei den anhaltenden Klagen nicht.
Am 6. Mai etwa muss sich Udo Pastörs selbst vor dem Schöffengericht in Saarbrücken verantworten. Bei einer NPD-Veranstaltung 2009 hatte er gegen die "Judenrepublik" und türkische Männer mit ihren "Samenkanonen" gewettert. Vor laufenden Fernsehkameras sagte er denn auch, dass gegen Ausländer vorgegangen werden müsse - "mit dem Wort und wenn nötig auch mit der Hand".
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