Streit um Verkehrspolitik in Berlin: SPD zieht den Untergrund vor
Gleich fünf U-Bahn-Linien will die SPD verlängern. Mit diesem Vorstoß setzt die Partei ihre politischen Attacken auf die Grünen fort.
Neben ihrer Leidenschaft für Autos präsentiert Berlins SPD nun auch ihr Herz für U-Bahnen und deren NutzerInnen. Gleich fünf Linien sollen nach dem Willen der designierten Vorsitzenden Raed Saleh und Franziska Giffey möglichst in den nächsten zehn Jahren verlängert werden, darunter die U3 bis zum S-Bahnhof Mexikoplatz, das Märkische Viertel soll an die U8 angebunden werden, und schließlich schwebt Saleh und Giffey eine U-Bahnstation der Linie 7 am BER vor. Diese Pläne präsentierten beide am Freitag bei einer U-Bahn-Fahrt in Rudow, wo Giffey – derzeit noch Bundesfamilienministerin – 2021 für das Berliner Abgeordnetenhaus kandidiert.
Ganz neu sind die Ideen nicht. Immer wieder wurden solche Lückenschlüsse von PolitikerInnen unter anderem der SPD wie auch der CDU gefordert; die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) reagierten meist verhalten. Im Koalitionsvertrag von Rot-Rot-Grün ist eine Verlängerung der U-Bahn nicht vorgesehen, stattdessen wurde dort dem prinzipiell deutlich schneller umsetzbaren Ausbau des Tramnetzes Vorrang gegeben.
Der Bau von U-Bahnen gilt als teuer und langwierig. Dennoch hat Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) vier Machbarkeitsstudien in Auftrag gegeben, um zu ermitteln, welchen Aufwand und Nutzen eine Verlängerung der Linien 6, 7 und 8 bringen würde. „Planung und Bau von U-Bahnen gehören zu einer Metropole dazu – seit dieser Wahlperiode auch wieder zu Berlin“, teilte ihr Sprecher der taz mit. Die Ergebnisse sollen bis Ende des Jahres vorliegen.
Giffey gilt als designierte Spitzenkandidatin der SPD für die Wahl im kommenden Jahr, gemeinsam mit Saleh will sie sich Ende Oktober als SPD-Landesvorsitzende wählen lassen. Beide nutzten die Vorstellung ihrer U-Bahn-Pläne für erneute scharfe Kritik an den verkehrspolitischen Plänen der Grünen. Sie betonten, die Außenbezirke müssten besser angebunden werden; das sei genauso wichtig wie zusätzliche Fahrradwege in der Innenstadt. Giffey warf den Grünen vor, „mit ideologischen Scheuklappen den U-Bahn-Bau“ auszublenden.
Grünen-Landeschef Werner Graf kommentierte auf Twitter den SPD-Auftritt: „Wer die Wirklichkeit nicht gestalten will, ist zukunftsfremd. Herzliche Grüße nach Rudow.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Nachtcafé für Obdachlose
Störende Armut
++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
Hamas und Israel werfen sich gegenseitig vor, Gespräche zu blockieren