Streit um Tonbänder von Ex-Kanzler: Erfolg für Kohls Witwe
Journalist Heribert Schwan muss Auskunft über die Kohl-Tonbänder geben, urteilt der Bundesgerichtshof. Für Maike Kohl-Richter ist das ein Etappensieg.
Heribert Schwan schrieb als Ghostwriter die ersten drei Bände von Kohls Memoiren. Zur Vorbereitung sprach Schwan mit Kohl in den Jahren 2001 und 2002 rund 600 Stunden lang über dessen Leben. Die Gespräche wurden auf Tonband aufgezeichnet. Beim vierten Band der Autobiografie kam es jedoch zum Streit und die Zusammenarbeit wurde beendet.
Im Herbst 2014 erschien dann ein Buch von Schwan, bei dem er die alten Tonbänder auswertete: „Vermächtnis – Die Kohl-Protokolle“. Das Buch sorgte für Furore, weil Kohl in den Gesprächen mit Schwan unverblümt über andere Politiker hergezogen war. In einem ersten Prozess entschied der BGH 2015, dass Schwan die Original-Tonbänder herausgeben muss, zwischen Kohl und Schwan habe ein ungeschriebenes Auftrags-Verhältnis bestanden.
Zwischenzeitlich erwähnte Schwan jedoch im Fernsehen, dass er von den Tonbändern Kopien angefertigt habe. Laut BGH muss er nun Auskunft geben, welche Kopien und welche Abschriften es gibt, und diese später dann auch herausgeben. Für Maike Kohl-Richter sind die Kopien aus zwei Gründen wichtig, sagte ihr Anwalt Matthias Siegmann nach der Urteilsverkündung am Mittwoch.
Weitere Verfahren gegen Schwan laufen noch
Zum einen will sie Schwan hindern, weitere Bücher und Ähnliches zu verfassen. Zum anderen seien aber auch 80 Prozent der Originaltonbänder nicht mehr nutzbar, so dass Kohl-Richter für die Aufarbeitung des Nachlasses ihres Mannes auf die Kopien angewiesen sei.
Siegmann betonte, dass Schwan auch dann zur Rückgabe der Kopien verpflichtet sei, wenn er diese weitergegeben hatte. Falls er sie nicht mehr beschaffen könne, sei Schwan schadensersatzpflichtig. Neben dem Streit um die Tonband-Kopien hat Kohl-Richter – jeweils als Erbin von Helmut Kohl – weitere Klagen gegen Schwan und seinen Verlag fortgeführt oder neu erhoben.
So verlangte Kohl-Richter Unterlassung bestimmter Zitate und der Verbreitung des ganzen Buches. Außerdem forderte sie eine Geldentschädigung für Verletzungen des Persönlichkeitsrechts und Schadensersatz für materielle Schäden. All diese Verfahren sind noch nicht rechtskräftig abgeschlossen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind