Streit um Mahnmal in Berlin: BVV für Trostfrauenstatue
Bezirksverordnete von Mitte sprechen sich für den Verbleib des Mahnmals aus, das auf das Problem sexualisierter Kriegsgewalt hinweist.
Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Mitte hat am Donnerstagabend für den Erhalt der umstrittenen Statue einer koreanischen „Trostfrau“ in Moabit gestimmt. In dem Entschließungsantrag der Piratenpartei ging es um den ursprünglich genehmigten Zeitraum von einem Jahr. Es ist ein unverbindliches Votum der BVV gegenüber dem Bezirksamt für die vom Korea Verband e. V. aufgestellte Friedensstatue“. Es gab 27 Jastimmen von Grünen, SPD, Linken und Piraten bei 9 Neinstimmen von CDU, AfD und FDP.
„Die Friedensstatue liefert einen produktiven Beitrag in der Diskussion und Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt gegen Frauen in bewaffneten Auseinandersetzungen“, heißt es in der Entschließung. Alexander Freitag (Piraten) sagte zur Begründung: „Mich hat die Statue aufgeklärt, was bisher nicht viele Denkmäler geschafft haben – eine Supersache.“
Für die SPD erklärte Vera Morgenstern, Vorsitzende des Ausschusses für Bildung und Kultur: „Es ist gut, dass die Statue erbaut wurde.“ Die Zustimmung ihrer Fraktion sei möglich, weil im Antrag nicht ausdrücklich stehe, dass der Text der Begleittafel nicht weiterentwickelt werden könne. Den hatte das Bezirksamt als einseitig empfunden und damit den Entzug der Genehmigung der Statue begründet, obwohl es sich vorher nicht für den Text interessiert hatte. Jetzt stellte sich die SPD-Fraktion der BVV gegen die SPD-geführte Senatskanzlei. Diese hatte sich bei Mittes Bürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) für den Entzug der Genehmigung ausdrücklich bedankt. Die von Japans konservativer Regierung bekämpfte Statue gefährde die Städtepartnerschaft mit Tokio.
Thilo Urchs (Die Linke) forderte, die Statue sollte dauerhaft bleiben. Doch auch er sah Ergänzungsbedarf bei der Begleittafel zu den japanischen Verbrechen. Die Tafel solle im Gespräch mit dem Korea Verband erweitert werden mit dem Ziel, so Urchs, dass „es keine bilaterale Sache“ zwischen Korea und Japan ist.
CDU gegen die Entschließung
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Sebastian Pieper war wegen dieses Eindrucks gegen die Entschließung. „Die Statue aufstellen – ja, aber ohne die Tafel, um die Statue zu einer größeren Akzeptanz zu bringen.“ Er stimmte wegen der möglichen „großen außenpolitischen Verwicklungen“ mit Nein. Einen ähnlichen Spagat vollzog Bastian Roet von der FDP: „Die Statue ist von der Anmutung her wunderbar“, lobte er die Bronzefigur einer sitzenden jungen Frau, um sie gleich darauf zum „außenpolitischen Werkzeug in einem Konflikt mit einem anderen Land“ zu stilisieren.
Mehrere Abgeordnete berichteten von Gesprächen mit Japans Botschaft, die gegen die Statue mobilisiert hatte. Alle hatten auch eine Videobotschaft des Unterhausabgeordneten Minoru Kiuchi erhalten. Der Ex-Staatsminister für Auswärtiges ist Generalsekretär der Deutsch-Japanischen Parlamentarischen Freundschaftsgruppe, auf Deutsch erklärte er: „Das wahre Ziel der Statue ist, eine politisch negative Kampagne gegen Japan zu führen.“ Die Statue sei „kein Kunstwerk“, sondern „eine emotionale Manipulation“, die auf falschen Fakten beruhe. Beispiele nannte er dafür allerdings nicht.
Das vom Korea Verband Ende September aufgestellte Mahnmal erinnert an die sexualisierte Kriegsgewalt gegen 200.000 Sexsklavinnen aus 14 Ländern durch die japanische Armee im Zweiten Weltkrieg. Auf Druck von Japans Botschaft und der Senatskanzlei hatte das Bezirksamt die Genehmigung am 7. Oktober widerrufen. Darauf zog der Korea Verband vor Gericht, und Mittes Bürgermeister von Dassel erklärte, die Statue könne bis zu einer Entscheidung des Gerichts bleiben.
Der Korea Verband will mit dem Denkmal den Mut der „Trostfrauen“ würdigen. Die ersten brachen 1991 das jahrzehntelange Schweigen und erzählten erstmals von ihrem Schicksal. Sie stießen eine weltweite Diskussion über sexualisierte Kriegsgewalt an. Der BVV-Beschluss sei „historisch sehr wichtig und zeige die Offenheit Berlins“, sagte Nataly Jung-Hwa Han, geschäftsführende Vorsitzende des deutsch-koreanischen Vereins, der taz. „Wir sehen den Bedarf für die nähere Erklärung der historischen Hintergründe und sind jederzeit bereit für den Austausch und den Dialog.“ Japans Botschaft wollte sich wieder nicht äußern.
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