Streit um Kulturausschuss in Brandenburg: „Eine Provokation der AfD“
Bei der Wahl zum Vorsitzenden des Kulturausschusses fielen drei AfD-Abgeordnete durch. Sie waren nicht wählbar, sagt der SPD-Mann Ludwig Scheetz.
taz: Herr Scheetz, am Mittwoch fielen die drei Kandidaten der AfD für den Vorsitz im Kulturausschuss des Brandenburger Landtags durch. Warum?
Ludwig Scheetz: Wir haben uns sehr intensiv mit den Vorschlägen beschäftigt. Die AfD hat das Vorschlagsrecht, das stellen wir auch nicht infrage. Uns steht aber frei, ob die Personen, die vorgeschlagen werden, den Anforderungen für so ein wichtiges Amt wie den Kulturausschussvorsitz genügen.
Was sind das für Anforderungen?
Es ist schon eine besondere Funktion, weil es im Kulturausschuss nicht nur um die Theater geht, sondern auch um die Gedenkstätten. Da muss man überlegen, wer das Parlament bei den verschiedenen Anlässen und Gedenkfeiern vertritt. Wenn das Personen sind, die in der Vergangenheit diesbezüglich nicht besonders positiv aufgefallen sind, dann sollte sich das Parlament sehr genau überlegen, wen es da hinschickt.
Gegen Christoph Berndt, den Vorsitzenden von „Zukunft Heimat“ und Organisator fremdenfeindlicher Demonstrationen in Cottbus, hat es bereits im Vorfeld Widerstand gegeben, unter anderem von der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten. Der zweite Kandidat, der durchfiel, ist der AfD-Landes- und Fraktionsvorsitzende und Flügel-Mann Andreas Kalbitz. Was sprach gegen den dritten AfD-Vertreter Felix Teichner?
Felix Teichner hat an Nazidemos teilgenommen. Aufgrund dessen ist sogar in der AfD ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn eröffnet worden. Eine Person mit einer solchen Affinität nach rechtsaußen konnten wir nicht mittragen.
Geboren 1986 in Görlitz, hat bei der Wahl zum brandenburgischen Landtag am 1. September das Direktmandat gegen AfD-Chef Andreas Kalbitz im Wahlkreis Dahme-Spreewald II/Oder Spree I geholt. Er ist Initiator des Festivals auf dem Funkerberg in Königs Wusterhausen und kulturpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion.
Sind die drei Abgeordneten, die die AfD in den Kulturausschuss geschickt hat, als politisches Zeichen oder gar als Provokation zu werten?
Ich würde sagen, ja. Auch, dass der Fraktionsvorsitzende und einer der umstrittensten AfD-Abgeordneten in den Ausschuss geschickt wurde, ist sicher kein Zufall.
In Polen und Ungarn lässt sich beobachten, wie gerade auf dem Feld der Kultur versucht wird, rechtspopulistische Kulturpolitik zu betreiben, gegen die freie Szene oder missliebige Theater vorzugehen. Befürchten Sie, dass der Kulturausschuss in Brandenburg zu einem ähnlichen Kampffeld für die AfD werden könnte?
Die AfD hat sich in der Vergangenheit nicht unbedingt sehr intensiv in die Ausschussarbeit eingebracht. Da ist die Bühne nicht so groß wie im Plenum. Ich würde deshalb eher mal abwarten, wie sich das entwickelt. Und zum Glück sind die Mehrheiten im Landtag andere als in Polen. Ich denke auch, dass wir als Koalition, aber auch mit den Linken, gemeinsame Vorstellungen haben, wie man damit umgeht. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass mit Anträgen oder Tagesordnungspunkten provoziert wird.
Welche Stellenwert spielt die Kultur generell für die Kenia-Koalition in Brandenburg?
Als etwas jüngerer Abgeordneter, der eher aus der Sozio- und Popkulturszene kommt, wünsche ich mir natürlich, dass wir uns etwas breiter aufstellen und uns nicht nur auf die Hochkultur konzentrieren. Ich will das aber auch nicht gegeneinander ausspielen. Brandenburg hat eine ungeheure Vielfalt zu bieten: von der Hochkultur mit den vielen Theatern und Schlössern bis zu den Konzerthäusern und Museen. Aber auch in der Sozio- und Popkultur hat sich in den vergangenen Jahren eine Menge entwickelt: Wir haben mehr als hundert Festivals in Brandenburg.
Eines davon, das Festival auf dem Funkerberg in Königs Wusterhausen, haben Sie auch selbst initiiert.
Genau. Im Koalitionsvertrag steht, wir wollen Brandenburg zum Land der Festivals machen. Das müssen wir jetzt aber auch konkret untersetzen. Da müssen wir einen Akzent setzen, ohne die anderen Bereiche der Kultur zu vernachlässigen.
Ist es eine richtige Entscheidung, dass das Ministerium für Wissenschaft Forschung und Kultur nun doch nicht nach Cottbus zieht?
Ob der Umzug eines Ministeriums sinnvoll ist, weiß ich nicht, dazu bin ich zu wenig Verwaltungsfachmann. Ich finde es aber richtig zu schauen, dass Behörden des Landes sich auf mehrere Standorte im Land verteilen. Da gibt es jetzt auch einen neuen Ansatz mit den Regionalbeauftragten, die die Ansprechpartner der Regierung im ganzen Land sind.
Nicht nur Sie sind neu im Amt, sondern auch Kulturministerin Manja Schüle. Mit Kultur hatte sie bislang nicht so viel zu tun gehabt. Glauben sie, dass sie die entsprechende Empathie mitbringt, um den Kulturstandort Brandenburg in all seiner Vielfalt zu stärken?
Davon gehe ich aus. Ich kenne sie schon ein paar Jahren, sie ist ein sehr empathische Mensch. Auch wenn sie in dem Themenfeld in der Vergangenheit nicht unbedingt in Erscheinung getreten ist, haben mir die ersten Gespräche mit ihr gezeigt, dass sie da sehr wohl thematisch im Stoff steht.
Wie geht es denn jetzt weiter im Kulturausschuss? Was ist, wenn die AfD ihre Kandidaten noch einmal vorschlägt? Oder glauben Sie, dass sie andere Ausschussmitglieder nominiert?
Das ist zuerst natürlich Sache der AfD. Ich gehe davon aus, dass wir bei der nächsten Sitzung wieder einen Vorschlag haben werden. Ob es ein personell neuer Vorschlag ist, bleibt abzuwarten. Aber den Tagesordnungspunkt Wahl eines Vorsitzenden werden wir wieder auf der Tagesordnung haben. Dann werden wir es genauso handhaben wie jetzt. Wir werden uns in der Fraktion beraten und uns ein Bild darüber machen, ob derjenige die Kriterien erfüllt, die wir an das Amt knüpfen.
Sie selbst sind am Mittwoch zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt und werden bis zur Wahl eines Vorsitzenden kommissarisch die Sitzungen leiten. Ihre Wahl erfolgte einstimmig, also auch mit den Stimmen der AfD. Hat sie das überrascht?
Ja, das hat mich schon überrascht.
Wie erklären sie es sich?
Da kann ich nur spekulieren. Vielelicht wollte man Arbeitsfähigkeit des Ausschusses nicht gefährden und die Arbeitsfähigkeit herstellen. Oder man misst der Stellvertreterfunktion nicht so eine starke Rolle zu.
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