Streit um Krippen: „Wir kommen wieder“
Kita-Leiterinnen fordern mehr Personal und drohen Senat mit heißem Herbst. Sozialsenator Scheele (SPD) rät den Einrichtungen, sparsamer zu wirtschaften
Einen Bollerwagen voller Protestbriefe übergaben rund 100 Kita-LeiterInnen am Donnerstag vor den Feiertagen an den Pressesprecher von Olaf Scholz. Es fehle an Personal, erklärte Kita-Leiterin Heidrun Mildner. „Sie haben mit dem Krippen-Ausbau einen Kreuzfahrtdampfer geschaffen, ohne Matrosen an Bord“, schildert sie die Lage. „Wir sind viele, wir werden mehr und wir kommen wieder“, ergänzte ihre Kollegin.
Statistisch betreuen in Hamburg zwei Fachkräfte 12,5 Babys und Kleinkinder, obwohl Wissenschaftler einen Schlüssel von eins zu drei empfehlen. Das Problem wird drängender, weil sich die Altersmischung in den Kitas verändert hat. Der Anteil der Krippenkinder ist doppelt so hoch wie 2008, dafür gibt es keine Hortkinder mehr, die jetzt an den Schulen sind.
Mitte Oktober will Ver.di Protest-Karten von Eltern übergeben, Ende des Monats soll es eine Demo geben. Die Krippenbetreuung könnte zum Wahlkampfthema werden. Die Grünen zumindest haben die „schrittweise“ Verbesserung der Krippenschlüssel in ihr Wahlprogramm geschrieben.
Die SPD wird von der Welle kalt erwischt. Schließlich hat sie viel Geld in die Kitas investiert. 75 Millionen Euro werden in die Beitragsfreiheit einer fünfstündigen „Grundbetreuung“ investiert, 20 Millionen Euro gibt es für Kostensteigerungen dazu.
Insgesamt wird das Budget 2015 auf 660 Millionen Euro steigern und damit fast so groß sein wie der Kulturetat. Das erklärte Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) am Vortag und erteilte den Forderungen eine Absage. Von der CDU-Kritik, man hätte auf die Beitragsfreiheit verzichten können, hält er nichts. Das sei „Gehässigkeit gegenüber Menschen mit falschem Einkommen“.
Die Träger haben laut Scheele finanziell noch Luft. Sie sollten „Verbesserungen aus eigenen Mitteln erstreiten“. Dass das geht, habe der städtische Träger „Elbkinder“ gezeigt, indem er aus Rücklagen den Krippenbetreuungsschlüssel um acht Prozent verbesserte. Scheele: „Wir nehmen das auch nicht zurück.“
Unter den Kita-LeiterInnen auf dem Rathausmarkt kam das nicht gut an. „Wenn Herr Scheele sagt, wir sollen besser mit dem Geld umgehen, impliziert das, wir würden das nicht tun“, sagt Juliane Haine, Leiterin der Kita des CVJM. Dabei versuche man schon seit 2005, das Beste aus dem Budget zu machen.
Auch bei den „Elbkindern“ ist noch nicht entschieden, ob es dauerhaft bei der Acht-Prozent-Aufstockung bleibt. Es sei eine Maßnahme gewesen, um Personal zu halten, für das es im Zuge der Hort-Abschaffung kurzfristig keine Finanzierung über Gutscheine gab, sagt Geschäftsführerin Franziska Larrá. „Ob wir das 2015 weiterführen können, wissen wir noch nicht.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!