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Streit um Kolonialverbrechen in KamerunDie Kunst des Entschuldigens

In Kameruns größter Stadt sabotiert ein radikaler Aktivist eine französische Kunstinstallation, die an Frankreichs koloniale Verbrechen erinnern soll.

Straßenmarkt in Douala Foto: imago/photothek

Douala taz | Eine ungefähr drei Meter hohe Fotoinstallation der französischen Künstlerin Sylvie Blocher war vor Kurzem an einer Straßenkreuzung der kamerunischen Metropole Douala zu sehen. Das Foto zeigt Blocher selbst mit einem Pappschild, darauf in Großbuchstaben: „Auch wenn ich weiß, dass ich kein Recht dazu habe, möchte ich mich entschuldigen.“

Die überlebensgroße Installation für das internationale Kunstfestival „Salon Urbain de Douala“ (SUD) stand nicht einmal 24 Stunden, da wurde sie von dem kamerunischen Aktivisten Blaise André Essama zerstört. Mit der Unterstützung zweier Helfer stieß er die Fotoinstallation unter dem Beifall beistehender Mototaxifahrer um. Zuvor verbrachte der Aktivist zwei Tage im Gefängnis, da er sich bereits bei der offiziellen Einweihung des Ortes mit den Behörden angelegt hatte.

Essama wirft Blocher vor, ihre privilegierte Stellung als Französin in der ehemaligen französischen Kolonie Kamerun ausgenutzt zu haben: „Man kann sich nicht entschuldigen, indem man eine neue Wunde aufreißt. Ich kämpfe seit Jahren dafür, die Stadt zu dekolonialisieren, kamerunischen Helden und Heldinnen Denkmäler zu setzen. Aber die Autoritäten versperren sich und unsere Stadt bleibt ein koloniales Produkt. Blocher hat sich diesen Platz angeeignet“, erklärt er im Gespräch.

Essama war bereits mehrmals im Gefängnis, da er einer Statue des französischen General Le Clerc, der in Kamerun schwere Kolonialverbrechen begangen hat, den Kopf abschlug. An derselben Stelle, wo Blocher ihre Installation gesetzt hat, versuchte er vergangenes Jahr, eine Pappstatue des Unabhängigkeitskämpfers John Ngo Foncha aufzustellen – und wurde daran von der Polizei gehindert.

Die Veranstalterin des Festivals SUD, Marylin Douala Manga Bell, bestätigt die Schwierigkeiten. Sie kämpft seit geraumer Zeit für die Ehrung ihres Urgroßvaters Douala Manga Bell, bekannter Widerstandskämpfer gegen die deutsche koloniale Eroberung ab 1905.

Der empörte kamerunische Aktivist Blaise André Essama Foto: Katharina Lipowsky

Das Vorgehen Essamas kritisiert sie jedoch scharf: „Er ist nicht offen für Dialog. Die Installation von Sylvie Blocher sollte lediglich drei Tage an der Kreuzung stehen. Es geht hier nicht um ein Monument, sondern um die Thematisierung der kolonialen Verbrechen Frankreichs und dem Schweigen der französischen Regierung.“

Sylvie Blocher, die 2015 das erste Mal in Kamerun war und dort von den französischen Verbrechen und Massakern erfuhr, ist sich der Kontroverse bewusst: „Essama und ich haben denselben Kampf: die Geschichte aufzuarbeiten und die Leute dazu zu bewegen zu sprechen. Dass das Kunstwerk zerstört wurde, ist nicht schlimm. Ich wollte eine Debatte in Gang bringen und ich denke, das habe ich geschafft.“

Essama sieht das anders. „Das Kunstwerk ist narzisstisch: Eine überlebensgroße Abbildung ihrer selbst, mitten in Douala. Wir müssen unsere eigene Geschichte bearbeiten, unseren eigenen Ikonen Raum in der Stadt geben, bevor wir internationale Künstlerinnen ausstellen.“

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