Streit um Finanztransaktionssteuer: FDP blockiert nicht mehr

Die FDP hat offenbar einer Finanztransaktionssteuer zugestimmt. Die Details sind noch unklar. Die SPD feiert das als "Durchbruch", Grüne und Linke sind skeptischer.

Ein Bild aus alten Zeiten, noch ohne Finanztransaktionssteuer: Börsenhändlerin an ihren Monitoren. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Bundesregierung wird sich „zeitnah“ für eine Finanztransaktionsteuer „mit möglichst vielen Mitgliedstaaten“ der EU einsetzen. So steht es in einem Donnerstag verfassten Papier des Finanzministeriums nach Verhandlungen zwischen Finanzexperten aus Regierung und Opposition.

Hinter dieser verdrechselten Formulierung steckt offenbar ein fundamentaler Schwenk von Schwarz-Gelb: Die Freien Demokraten scheinen ihren hartnäckigen Kampf gegen die Besteuerung der Finanzmärkte verloren zu haben. So jedenfalls sieht es die SPD.

Der sozialdemokratische Wirtschaftsexperte Joachim Poß sprach von einem „Durchbruch“. Es sei klar, sagte er, „dass dies eine echte Finanztransaktionsteuer wird“, so wie sie die EU-Kommission im September 2011 skizziert hat.

Diese Steuer soll somit auch Derivate und außerbörslichen Handel umfassen. Außerdem soll das sogenannte Sitzlandprinzip gelten, um zu verhindern, dass Banken und Investoren die Steuer per Verlagerung in Drittstaaten umgehen.

Nicht nur eine Mini-Steuer auf Aktien

Die FDP beharrte bislang darauf, dass die Steuer auf Finanztransaktionen nur eingeführt werden kann, wenn die gesamte EU mitmacht. Das scheitert aber verlässlich am Widerstand aus London. Nun hat die FDP akzeptiert, dass die Steuer auch ohne Großbritanien kommen kann.

Und, zweiter wichtiger Punkt: Die FDP hat akzeptiert, dass die Steuer nicht bloß als Mini-Steuer für Aktien gelten soll, sondern für „möglichst alle Finanzinstrumente“. So steht es in dem Papier des Finanzministeriums .

„Das Papier ist eine gute Grundlage, damit der Fiskalpakt noch vor der Sommerpause verabschiedet werden kann“, sagte Norbert Barthle, Finanzpolitiker der CDU, zur taz. Details seien noch nicht geklärt. Es sei jedoch normal, dass diese im Eckpunktepapieren fehlen. Ebenso normal sei, dass Fraktionen im Gesetzgebungsverfahren verschiedene Ansichten haben.

Für die Union ist dies der entscheidende Punkt: Schwarz-Gelb gibt bei der Finanztranskationssteuer nach, um von SPD und Grünen das Ja zum Fiskalpakt zu bekommen. Denn Merkel braucht für den Fiskalpakt eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundessrat. Das ist der Deal.

Grüne und Linke sind nicht so euphorisch

SPD-Experten Poß wäre es lieber gewesen, wenn „in dem Papier mehr Konkretes“ stände. Gewisse Zweifel, ob Schwarz-Gelb sich nicht doch noch querlegt, hegt er weiterhin: „Es darf jetzt nicht wieder zu Querschüssen aus der Koalition kommen“.

Das Nachgeben von Schwarz-Gelb erklärt sich Poß so: „Die FDP hat eingesehen, dass sie ihre Blockadehaltung nicht durchhalten kann.“ Am 13. Juni werden sich Partei- und Fraktionschefs mit Merkel treffen. Erst dort, so Poß, könne die Einigung über die Finanztransaktionsteuer besiegelt werden

Die Bündnisgrünen sehen den Stand der Dinge skeptischer als die SPD. Die Grüne Lisa Paus, die wie Poß und Barthle an den Verhandlungen gestern teilnahm, sagte der taz, dass die FDP sich in der Tat bewegt habe. Aber: „Es gibt noch offene Fragen“. Bei der Frage wie Ausweichreaktionen der Finanzmarktakteure verhindert werden sollen und wie Kleinanleger vor der Steuer geschützt werden sollten, gebe es mit der FDP „nur Formelkompromisse“.

Auch die wolkige Formulierung, dass „negative Folgen der Steuer auf die Realwirtschaft zu vermeiden sind“, sorgt vor allem bei Grünen und Linkspartei für Stirnrunzeln. Denn damit kann viel gemeint sein.

Auch Richard Pitterle, Linkspartei, tritt eher auf die Bremse. „Die FDP ist nun verbal mit im Boot“, so Pitterle. Das sei ein Schritt nach vorne. Allerdings reiche das nicht aus. Pitterle, gestern für die Linkspartei am Verhandlungstisch, rechnet noch nicht damit, dass bald in Deutschland und zentralen EU-Staaten die Finanztransaktionsteuer eingeführt wird.

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